Auf der Reise zu einem weiteren WM-Meilenstein steht dem deutschen Darts-Sport nur noch ein Feuerwehrmann und Blindenhund-Ausbilder im Weg. Der schottische Routinier Alan Soutar ist sicher der ungewöhnlichste verbliebene Profi im bekannten «Ally Pally», den seit der Weihnachtspause immer mehr deutsche Fans besuchen.
Am Freitag (15.00 Uhr/Sport1 und DAZN) hat Soutar, der seit 18 Jahren bei der Feuerwehr arbeitet und nur in Teilzeit Pfeile wirft, die Chance, den Deutschen ein Stück WM-Geschichte zu verderben. Wenn er Gabriel Clemens im Achtelfinale besiegt, schaltet er den letzten Deutschen im Turnier aus.
«Gabriel spielt nicht gerne gegen mich. Natürlich ist er Favorit, er steht in der Rangliste höher als ich. Aber der Favorit gewinnt nicht immer», sagte Soutar dem Nachrichtenportal ntv.de in London. Für den «German Giant» bietet sich bei der WM eine nahezu einmalige Chance. Auf ihm lastet nach dem dramatischen 3:4-Aus seines Kumpels Martin Schindler gegen den englischen WM-Finalisten Michael Smith aber auch der gesamte Druck.
Clemens will ins Viertelfinale
Der erstmalige Viertelfinal-Einzug ist für Clemens möglich, ohne einen gesetzten Spieler schlagen zu müssen. «Ich versuche, mein Spiel zu machen, denn dann weiß ich, dass ich jedem Gegner gefährlich werden kann. Dann wird sich zeigen, ob es reicht und wie weit es noch geht», sagte Clemens bei Sky. Kann er das Scoring aus dem ersten Spiel (3:0 gegen William O’Connor) und die Nervenstärke aus dem zweiten Spiel (4:3 gegen Jim Williams) wiederholen, ist die Runde der letzten Acht ganz nah.
Doch der 44 Jahre alte Soutar ist gefährlich – und in höchstem Maße ungewöhnlich. Während die anderen Darts-Profis an den Feiertagen abschalteten und ihren Fokus allmählich auf die finale Phase der WM richteten, widmete sich Soutar seinem Hauptjob. «Für mich ist Weihnachten keine Zeit, in der ich mich zurücklehne. Ich muss in dieser Zeit arbeiten, und das ist gut so, mir macht das Spaß.» Daran, den Job aufzugeben und in Vollzeit Darts zu spielen, dachte er noch überhaupt nicht. «Ich habe meine Freunde bei der Feuerwehr. Es ist überhaupt kein Problem, dass alles unter einen Hut zu bringen.»
Diese Freunde dürften am Freitag genau zuschauen, denn neben Clemens ist auch für Soutar der größte Erfolg der Karriere möglich. Doch der schottische Außenseiter kann selbst vor diesem Match ganz entspannt bleiben. «Für mich läuft Darts nebenbei. Es beruhigt mich, Darts zu spielen. Ich habe überhaupt keinen Druck, Preisgeld zu gewinnen. Darts ist ein Hobby, Druck habe ich in anderen Situationen erlebt», sagte Soutar. Sieg oder Niederlage, Treffer oder Fehlwurf? Davon scheint für Soutar, der mit seiner Frau hobbymäßig Blindenhunde ausbildet, das Glück nicht abzuhängen.
WM für Darts-Deutschland ein Erfolg
Für den deutschen Darts-Sport hängt dagegen jede Menge an Soutars Tagesform in diesem Achtelfinale. Zwar ist die WM mit den starken Auftritten von Clemens, Schindler und Florian Hempel schon jetzt ein Erfolg. Der Sprung in die WM-Runde der letzten Acht wird seit Jahren sehnsüchtig erwartet – und die Chance war nie so groß wie jetzt. «Soutar ist als Außenseiter total hungrig. Ich denke, das wird gar nicht so einfach. Namenstechnisch ist das eine Top-Auslosung. Ein Name bedeutet nicht alles, das ist beim Darts immer so eine Sache», sagte der knapp ausgeschiedene Schindler über die Chancen seines Landsmanns.
Die bisherige Erfolgsstory von Clemens ist das eine, doch auch die Leistungen von Hempel (2:3 gegen den Ranglistenfünften Luke Humphries) und der verlorene Krimi von Schindler gegen «Bully Boy» Smith werden in Erinnerung bleiben. «Es ist schwierig zu beschreiben. Ich hatte ihn gleich auf der Pfanne. Irgendwie war der Sieg greifbar, aber irgendwie auch nicht», sagte der 26-Jährige nach der Partie, bei der ihm eine 3:1-Führung nicht zum ganz großen Überraschungscoup reichte.
Die WM-Bilanz von Schindler, der zuvor beim größten Turnier der Welt sieglos war, fiel trotz der Enttäuschung positiv aus. «Ich hatte tolle Momente. Meine Arbeit hat viele Früchte getragen. Es gibt viel mehr Positives als Negatives», sagte Schindler, der 2022 nach eigener Aussage «ein tolles Jahr» hinter sich hat. Er habe jetzt genau das Level, wo er hin möchte. Beim Darts-Krimi gegen den strauchelnden Weltklassespieler Smith war dies tatsächlich zu sehen. «Ich muss genau da weitermachen.»
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