André Thieme riss nach dem gewonnenen Nervenspiel die linke Faust in die Höhe. Als letzter Starter ritt der Debütant bei der Heim-Europameisterschaft in den Parcours und blieb cool.
Der 46 Jahre alte Springreiter aus Plau am See sicherte sich am Sonntag den Titel im Sattel der Stute Chakaria, feierte seinen Triumph und winkte den 3250 Zuschauern in Riesenbeck zu. «Wir haben es zu Ende gebracht», sagte der nervenstarke EM-Neuling nach seinem Triumph noch auf dem Platz.
«Ein Traumergebnis»
«Ein Traumergebnis», ergänzte Bundestrainer Otto Becker im ZDF mit Verweis auf Team-Silber am Freitag. «Dass Andre hier noch den Sack zugemacht hat, das ist sensationell.» Vierter wurde Christian Kukuk aus Riesenbeck mit Mumbai hinter Martin Fuchs (Schweiz) mit Leone Jei und Peder Fredricson (Schweden) mit Catch me not.
«Wenn ich etwas gefühlt habe, dann dass die Leute hier hinter uns standen», sagte Thieme: «Schon die erste Runde war Wahnsinn.» Er hatte schon danach gesagt: «So locker war es heute nicht.» Er wollte eigentlich «ohne Druck» reiten. Doch «dann kam der Druck», berichtete er. Immerhin: «Das Adrenalin, was in mir drin steckt, überträgt sie in einer positiven Art», sagte er über seine elfjährigen Stute. «Sie fühlt sich unheimlich frisch an.»
Thieme hatte die Führung übernommen, weil Titelverteidiger Fuchs aus der Schweiz in der ersten Runde des Tages mit Leone Jei einen Abwurf hatte. Und dann patzte der Schweizer in der zweiten Runde ein zweites Mal, und auch der Schwede Fredricson machte mit Catch Me Not einen Fehler – so konnte sich Thieme sogar vier Strafpunkte leisten, um zu feiern.
Erst spät zum Spitzensport gekommen
Der 46-Jährige ist erst vergleichsweise spät in den internationalen Spitzensport gekommen. Bekannt wurde er 2007, als ihm der erste von drei Siegen im Deutschen Springderby in Hamburg gelungen war. Zu seinen spektakulären Erfolgen gehört der Rekord von vier Siegen in Eine-Million-Dollar-Springen in den USA, zuletzt im Frühjahr. Olympia und EM seien «aber noch mal eine ganz andere Nummer», sagte er. Dass er in Tokio dabei war und nun in Riesenbeck zum Nationalteam gehörte, hat er Chakaria zu verdanken. «Man braucht dafür ein außergewöhnliches Pferd», sagte Thieme: «Das hatte ich vorher nicht.»
Vierter wurde Christian Kukuk. In der ersten Runde verpasste er ein besseres Ergebnis, der Abwurf mit Mumbai ärgerte den 31-Jährigen aus Riesenbeck gehörig. «Das ist sehr enttäuschend», kommentierte der Reiter, während die Konkurrenz weitere Fehler machte und er selber trotz des Patzers sogar noch nach vorne rutschte. «Am Ende habe ich es nicht gut genug gemacht», sagte der bei EM-Organisator Ludger Beerbaum angestellte Reiter, bevor er als Siebter in die zweite Runde einritt und Vierter wurde. «Mit einem Nuller hätten wir uns weiter nach vorne geschoben», sagte Kukuk.
Will fällt vom Pferd
«Das hat heute richtig Spaß gemacht», kommentierte David Will nach seiner Auftaktrunde am Sonntag, eher er bei der Vorbereitung auf die zweite Runde auf dem Abreiteplatz vom Pferd fiel. «Ich habe es nur knallen gehört», sagte der Bundestrainer. Danach «war die Konzentration weg».
Nach dieser unangenehmen Überraschung kassierte der 33-Jährige aus dem hessischen Dagobertshausen mit seinem Wallach C Vier zwei Abwürfe und fiel vom sechsten auf den siebten Rang zurück. Will selber kommentierte: «Wir hatten ein kleines Missverständnis. Dadurch war ein bisschen Unruhe drin. Es fehlte die Sicherheit.» Erst seit einem knappen Jahr reitet Will C Vier, der «Saft ohne Ende hat».
Mit acht Strafpunkten und Rang 19 endete die EM für Marcus Ehning schon vor der letzten Runde. «Ich habe einen Tick überritten», kommentierte der 47-Jährige aus Borken den Auftritt mit Stargold. «Es fehlt ihm noch ein bisschen Erfahrung», sagte der Routinier über den zehnjährigen Hengst. Trotz des Scheiterns in der ersten Runde des Einzelfinales wirkte Ehning entspannt. «Wenn man mit einer Medaille nach Hause fährt, ist man immer zufrieden», sagte er angesichts des Team-Silbers vom Freitag.
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