Den Wirbel um die Ausbootung von Torwart Manuel Riemann versuchte Bochums Kapitän Anthony Losilla, so gut es geht beiseitezuschieben. «Wir brauchen Ruhe, um vernünftig zu arbeiten», sagte der erfahrene Führungsspieler vor der Relegation gegen Fortuna Düsseldorf. «Es geht nicht nur um uns, sondern es geht um etwas ganz Großes – den ganzen Verein, viele Leute, die hier arbeiten. Dafür müssen wir kämpfen.»
Die Botschaft ist klar: Der Fokus in den wichtigsten Partien der jüngeren Vereinsgeschichte soll auf dem Fußball liegen, der Absturz irgendwie verhindert werden. Nicht nur sportlich, auch finanziell hätte ein Abstieg in die 2. Bundesliga riesige Konsequenzen. Für die zweite Liga müsste der VfL nach eigenen Angaben mit rund 40 Prozent weniger TV-Einnahmen kalkulieren als für die aktuelle Bundesliga-Saison. Für die Fortuna würde ein Aufstieg Mehreinnahmen in verschiedenen Bereichen von rund 30 Millionen Euro bedeuten.
Angst trifft auf Euphorie
Auf dem Papier ist Bochum als Erstligist zwar vor dem Hinspiel an diesem Donnerstag (20.30 Uhr/Sat.1 und Sky) leicht favorisiert. Vor allem die aktuelle Gefühls- und Stimmungslage spricht aber gegen den VfL. Der Riemann-Knall, schwache Bochumer und starke Düsseldorfer Auftritte zuletzt – emotional ist die Fortuna, die seit Anfang Februar in der 2. Bundesliga nicht verloren hat, klar im Vorteil.
Während rund um das Ruhrstadion die Angst vor dem Abstieg umgeht, herrscht bei den Düsseldorfern zwar auch Anspannung, aber vor allem Vorfreude auf die Aufstiegschance. «Wir haben uns diese zwei wunderbaren Spiele einfach verdient», sagte Trainer Daniel Thioune. «Jetzt gibt es nur ein Ziel: Wir wollen nächsten Montag die Liga verlassen.»
Während der Fortuna-Coach ein «komplettes Buffet» an Spielern zur Verfügung hat und seine Mannschaft in Ruhe vorbereiten kann, muss Bochum-Coach Heiko Butscher gleich mehrere Baustellen bearbeiten. Die jüngsten sportlichen Leistungen beim 1:4 in Bremen und beim 0:5 gegen Bayer Leverkusen fordern eigentlich schon genug Kapazitäten. Zusätzlich muss Butscher nun auch noch das Fehlen seines launigen Stammtorwarts auffangen, der mit seiner sehr aktiven Spielweise und weiten Abschlägen auch neben seiner Kernaufgabe zwischen den Pfosten wichtig ist.
Sportlicher Wert von Riemann «unbestritten»
Immerhin: Einen Teil der Moderation des Aufreger-Themas nahm ihm sein Sport-Geschäftsführer Patrick Fabian ab. «Der sportliche Wert von Manu ist unbestritten, natürlich hätten wir das alles am liebsten anders gehabt», sagte der 36-Jährige am Donnerstag. «Ich bin nicht erfreut darüber, jetzt diese Situation zu haben. Aber damit müssen wir umgehen, es geht jetzt nur um den VfL.» Es gebe in solchen Situationen «keinen Graubereich, sondern nur schwarz oder weiß».
Riemann war immer wieder mit Mitspielern aneinandergeraten. Seine mitunter seltsam anmutenden und in den Stadien gut sichtbaren Ausraster riefen schon im Laufe der Saison immer wieder Kopfschütteln hervor. «Unüberbrückbare unterschiedliche Auffassungen zu teaminhaltlichen Themen» sorgten nun laut Verein für die radikale Maßnahme zu einer denkbar ungünstigen Zeit.
Trotz aller Eigenheiten hat Riemann in der Mannschaft auch enge Bezugspersonen und Fürsprecher. Losilla gilt als jemand, der einen guten Draht zum Keeper hat. Und Riemann-Vertreter Andreas Luthe sagte: «Manu ist ein wichtiger Teil unserer Mannschaft. Ich glaube, wir sind uns einig, dass wir ihn lieber im Tor gesehen hätten.»
Auf Luthe wird es nun ankommen. Der 37-Jährige hat 2011 mit dem VfL schon einmal in der Relegation gespielt. Damals verpasste der Revierclub als Zweitligist gegen Borussia Mönchengladbach den Aufstieg. «Er hat unser volles Vertrauen», sagte Losilla.
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