Nach seinem Biathlon-Coup im Winter-Wunderland von Hochfilzen erinnerte sich Johannes Kühn an seine schweren Zeiten.
«Vor zwei Wochen noch im IBU-Cup und heute gewinnen, ist nicht so oft vorgekommen», sagte der 30-Jährige nach dem ersten Weltcup-Sieg seiner Karriere. Beim Saisonauftakt in Östersund war der Bayer nach Trainerentscheid zunächst nicht für das A-Team nominiert worden und erst in der zweiten Woche zum Team gestoßen. «Die Ergebnisse letzte Woche, nachdem der Start nicht so super war, das war fast noch mehr Genugtuung», sagte Kühn und meinte: «So gut wie letzte Woche war ich das ganze letzte Jahr nicht.»
Erster Saisonsieg für deutsche Männer
Auf Anhieb hatte Kühn in Schweden mit den Plätzen zwölf und 14 in Sprint und Verfolgung die Olympia-Norm geknackt. Und nun war er noch besser, der in Ruhpolding lebende Skijäger sorgte für eine faustdicke Überraschung. «Das ist verrückt. Es ist ein großartiges Gefühl», sagte er. Kühn gewann den Sprint-Wettkampf nach einer Strafrunde vor dem Schweden Martin Ponsiluoma (1 Fehler) und Anton Smolski (0) aus Belarus. Das gute deutsche Abschneiden vervollständigte Philipp Nawrath (2) als Achter.
Im Frauen-Sprint meldete sich Ex-Weltmeisterin Vanessa Hinz als Zehnte und beste Deutsche zurück. «Ich habe das Optimalste für mich herausgeholt und kann zufrieden ins Bett gehen», sagte sie in der ARD. Denise Herrmann und Franziska Preuß schafften es nach jeweils zwei Strafrunden dagegen nicht in die Top Ten beim ersten Weltcup-Sieg der am Schießstand fehlerfreien Hanna Sola aus Belarus. Bei den Frauen steht am Samstag (14.15 Uhr/ARD und Eurosport) das Staffelrennen an, bei den Männern geht es mit der Verfolgung (12.15 Uhr) weiter.
Unerwartet gejagt wird Johannes Kühn. Dass es nach den Rücktritten von Olympiasieger Arnd Peiffer und Ex-Weltmeister Simon Schempp ein deutscher Skijäger so schnell auf das Podest schafft und sogar ganz oben steht, war nicht unbedingt zu erwarten gewesen. «Eine ganze Nation jubelt heute mit Johannes Kühn», rief der Stadionsprecher im coronabedingt so gut wie menschenleeren Ski-Stadion in Tirol. «Hut ab», meinte Schempp.
Nach dem ersten Saisonsieg seiner Mannschaft im Olympia-Winter konnte auch die Schutzmaske das Strahlen von Chef-Bundestrainer Mark Kirchner vor der ARD-Kamera nicht verdecken. «Wenn man nicht immer an seine Jungs glauben würde», fragte Kirchner und beantwortete seine Frage gleich selbst: «Natürlich glaubt man an sie und wünscht es sich. Dass es natürlich für einen Sieg reicht, ist umso besser.«
Erfolg mit Signalwirkung?
Kühn hatte 2010 bei den Junioren-Weltmeisterschaften mit viermal Gold aufgetrumpft, nach seinem Weltcup-Debüt in der Saison 2012/13 die hohen Erwartungen aber nicht erfüllen können. Bis zu seinem Hochfilzen-Coup stand er gerade zweimal auf dem Weltcup-Podest. «Mir bedeutet der Sieg sehr viel», sagte Kühn, der mit Laufbestzeit ins Ziel gekommen war.
Der Erfolg könnte Signalwirkung haben. «Er hat das gemacht, was er kann», sagte Kirchner. Läuferisch ist und war Kühn einer der Stärksten im Biathlon-Zirkus, gescheitert ist er meist am Schießstand. Letztmals hatte er am 10. Januar 2015 im IBU-Cup, der zweiten Biathlon-Liga, einen Sprint gewonnen. Erst sieben Jahre später trumpfte er in der Eliteklasse auf. «Ich finde das mega gut, wenn einer von uns gewinnt», sagte sein Zimmerkollege Roman Rees. «Er war in der Nacht schon ein wenig nervös, vielleicht hat sich das angedeutet.»
Ex-Weltmeister Benedikt Doll schaffte nach vier Schießfehlern den Sprung ins Jagdrennen auf Platz 60 gerade so. Rees und Philipp Horn belegten nach je einer Strafrunde die Plätze 21 und 22, der ebenfalls einen Fehler schießende Erik Lesser kam auf Rang 34.
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