24. November 2024

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Biathlon extrem: Die eisige Olympia-Mission der Skijäger

Grimmige Kälte und viel Wind machen den Biathleten zu schaffen. Mit der Mixedstaffel wartet zum Auftakt die erste Medaillen-Chance bei Olympia in China. Zwei deutsche Debütanten gehören zum Quartett. Die Favoriten kommen aber aus anderen Nationen.

Denise Herrmann musste die Augen zukneifen, weil ihr der eisige Wind unerbittlich ins Gesicht pfiff. Die Biathletin war kaum zu erkennen, nachdem sie sich Stirn und Wangen abgeklebt und mit Mütze und mehreren Lagen Kleidung vor der schwer erträglichen Kälte geschützt hatte.

Beim Abschlusstraining vor dem Olympia-Auftakt war bei minus zwölf Grad zu erahnen, was die Skijäger bei den Winterspielen in der Höhe von Zhangjiakou erwartet: Biathlon extrem.

«Ich hoffe mal, dass es trotzdem fair bleibt», sagte Herrmann vor dem Abschlusstraining der Mixedstaffel. Gemeinsam mit Vanessa Voigt, Benedikt Doll und Philipp Nawrath greift die Sächsin am Samstag (10.00 Uhr MEZ/ARD und Eurosport) auf rund 1700 Metern in China nach dem ersten Edelmetall – doch davon will sie nichts wissen. «Jetzt über Medaillen nachzudenken, das wäre ein bisschen falsch», sagte die Ex-Weltmeisterin, forderte aber: «Es darf nichts schiefgehen.»

Mixedstaffel zum Auftakt

Zum ersten Mal ist der gemischte Teamwettbewerb bei Olympia auch das erste Rennen. «Wenn andere Nationen ein perfektes Rennen machen, haben wir es schwer», sagte Doll. Norwegen, Schweden und Frankreich gelten als Favoriten, Deutschland tritt hingegen mit zwei Debütanten an und will «mitmischen», wie Doll sagte. Die Thüringer Startläuferin Voigt (24) und der bayerische Schlussläufer Nawrath (28) gehen erstmals überhaupt bei Olympia in die Loipe. Für beide erfülle sich damit «ein Kindheitstraum», sagten sie am Rande des Trainings.

Rückblick: Kein Land hat mehr olympische Biathlon-Medaillen gewonnen als Deutschland. Auch 2018 in Pyeongchang waren die DSV-Skijäger die erfolgreichste Nation. Sieben Medaillen (dreimal Gold, einmal Silber, dreimal Bronze) holte das von der überragenden Doppel-Olympiasiegerin Laura Dahlmeier angeführte Team. Sie ist mittlerweile genauso zurückgetreten wie Arnd Peiffer, der im Sprint Gold sicherte, und Simon Schempp, der Silber im Massenstart erkämpfte. Einzig Doll, Bronze-Gewinner in der Verfolgung, ist vier Jahre später noch dabei.

Medaillen-Ziel schwer zu erreichen

Vier bis fünf Medaillen hatte sich das Team vor dem Olympia-Winter vorgenommen. Ein ohnehin schon ambitioniertes Ziel, das schwer zu erreichen sein dürfte. «Wir haben nicht mehr das außergewöhnliche Talent, das alles gewinnt», sagte Frauen-Bundestrainer Kristian Mehringer. Die goldenen Zeiten von Magdalena Neuner oder Dahlmeier seien vorbei. «Diese Zeit wird es leider nicht mehr geben, auch wenn das schön für Deutschland war», sagte Mehringer. Mittlerweile seien immer «20 bis 25 Athletinnen in der Lage, mit einer guten Leistung aufs Podium zu laufen», sagte er. Für die Männer gelte das schon länger.

In Peking sind die Gold-Kandidaten deswegen andere. Herrmann kämpft mit Problemen am Schießstand, der auf der neuen Anlage auch noch als sehr anspruchsvoll und windanfällig gilt. Bei Franziska Preuß bleiben Fragezeichen. Als Dritte im Gesamtweltcup hatte die Bayerin in der Vorsaison ihr bestes Jahr. Bis Dezember galt sie als Frau für die Medaillen. Ein Treppensturz und eine Corona-Infektion sorgten aber für eine wochenlange Trainingspause. Die 27-Jährige kämpft um Starts, ist wie erwartet im ersten Wettbewerb aber noch nicht dabei.

Männer träumen von Staffel-Gold

«Wenn alle fit sind, haben wir schon mit drei Medaillen gerechnet. Jetzt müssen wir das vielleicht ein bisschen relativieren», sagte Mehringer, der auf zumindest einmal Edelmetall für seine Frauen hofft. Die Männer träumen derweil von Staffel-Gold und sind insgesamt besser in Form. Der laufstarke Doll gewann das letzte Rennen vor den Winterspielen, Johannes Kühn feierte auch schon einen Sieg.

Nur zu gerne würde das gemischte Quartett gleich für einen starken Auftakt sorgen. Beim Olympiasieg von Frankreich vor vier Jahren in Pyeongchang hatte es trotz langer Führung nur zum vierten Platz gereicht. Schlussläufer Peiffer gab eine Medaille durch eine Strafrunde noch aus der Hand. Im Ziel fehlten 0,3 Sekunden zu Bronze. In dem erst 2014 bei Olympia eingeführten Wettbewerb ist Deutschland bislang ganz ohne Edelmetall. Vor acht Jahren war das Team nach dem Doping-Befund bei Evi Sachenbacher-Stehle disqualifiziert worden.

Von Thomas Wolfer, dpa