Eine Umarmung ihrer Liebsten hätten sich in Peking viele Olympia-Starter gewünscht, doch für kaum jemanden wurde das aufgrund der strikten Corona-Regeln wahr.
Biathletin Vanessa Voigt kam bisher sogar fast täglich in den Genuss besonderer Unterstützung, weil auch ihr Zwillingsbruder Kevin in China ist. «Es ist einfach eine coole Geschichte, dass wir unterschiedliche Wege gehen, sich die Wege hier aber wieder verbinden und wir gemeinsam unseren Traum leben können», sagte die 24-jährige Thüringerin.
Nachdem sie mit der deutschen Frauenstaffel Bronze holte, nahm sie Kevin in die Arme. Der nur drei Minuten ältere Bruder ist bei den Winterspielen als freiberuflicher Fotograf dabei, verfolgt den Weg seiner Schwester schon seit Jahren aus nächster Nähe. «Es ist sau cool, dass er hier ist», sagte Voigt, die sich in dieser Saison fast wie aus dem Nichts etabliert hat und nun sogar ihre erste Medaille bei Olympia feiern konnte. Im Einzel war sie als Vierte noch knapp daran vorbei gelaufen, nur 1,3 Sekunden fehlten ihr zu Bronze. Kurz nach der Ziellinie fiel sie auch da schon dem großen Bruder in die Arme.
«Ich habe mich so geärgert und war einfach froh, dass er in dem Moment für mich da war», sagte Voigt, die die Szene auch auf ihrem eigenen Instagram-Kanal postete und dazu schrieb: «Zusammen im Bauch, zusammen bei Olympia.» Die deutsche Staffel-Startläuferin erklärte ihren Post Tage später etwas genauer: «Das sagt einfach alles darüber aus, wie sehr ich mich freue, ihn an meiner Seite zu haben.»
Bruder Kevin: Vom Langlauf zur Fotografie
Die Verbindung von Vanessa und Kevin Voigt ist eine besondere. Sie begannen einst gemeinsam mit dem Skilanglauf, aber nur Vanessa schaffte den Sprung auf das Oberhofer Sportgymnasium und wurde zur Biathletin. «Da habe ich mir etwas überlegt, um auch dabei zu sein», sagte Kevin Voigt.
Er begann mit dem Fotografieren, wurde immer besser, ist seit Ende 2019 bei allen Weltcups vor Ort und hält die Rennen fest. Die Liste seiner Kunden ist lang, vom norwegischen Verband über Sponsoren bis zu Athleten. Wer die Social-Media-Kanäle von Denise Herrmann, Johannes Thingnes Bö, Quentin Fillon Maillet oder Marte Olsbu Röiseland verfolgt, findet dort viele seiner Fotos.
«Selbst wenn meine Schwester nicht startet, bin ich voll dabei. Weil es der Sport ist, für den ich lebe», sagte Kevin Voigt. Aber mit der kleinen Schwester und ihren Erfolgen sei es noch schöner. Richtig stolz sei er auf das, was Vanessa schon geschafft hat und gerade noch in China bei ihren ersten Spielen leistet. Erst seit dieser Saison gehört die sichere Schützin fest zum Team, ist nach dem Gesamtsieg im zweitklassigen IBU-Cup in der Vorsaison derzeit als 17. im Weltcup noch vor Einzel-Olympiasiegerin Denise Herrmann die beste DSV-Frau.
Größter Wunsch: «Bei Olympia eine Medaille»
«Vor zwei Monaten hätte keiner gedacht, dass ich überhaupt hier dabei bin, und jetzt habe ich meine Medaille. Cooler könnte es nicht sein», sagte Voigt. Sie profitierte zwar am Saisonbeginn auch von fehlender Konkurrenz im deutschen Team, überzeugt aber längst mit Leistung. Mit Ausnahme der verpatzten Mixedstaffel zum Olympia-Auftakt, in der sie zwei Strafrunden absolvieren musste, unterliefen ihr zuletzt wenige Fehler. Eine Trefferquote von 90 Prozent im Liegend- und sogar 91 Prozent beim schwereren Stehendschießen sind international herausragend.
Am Freitag (8.00 Uhr MEZ) ist Voigt mit ihren Staffel-Kolleginnen Herrmann, Vanessa Hinz und Franziska Preuß noch im finalen Olympia-Massenstart in Zhangjiakou dabei. Das Rennen wurde aufgrund der erwarteten extremen Kälte um einen Tag vorverlegt und findet nur zwei Stunden vor dem Wettkampf der Männer, dem letzten in China, statt. Ihren Traum hat sich Vanessa Voigt schon vor dem Abschluss erfüllt. «Bei Olympia eine Medaille», hatte sie einst in einem Poesie-Album unter dem Punkt «Mein allergrößter Wunsch» geschrieben.
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