Erst fiel Erik Lesser nach seinem Sensationssieg von Oslo seinem langjährigen Freund und Zimmerkollegen Arnd Peiffer um den Hals, dann brachte er in einem lockeren Smalltalk Norwegens König Harald zum Lachen und machte noch ein Foto mit ihm.
«Sonst sehe ich den immer nur von der Ferne», flachste Lesser, nachdem er im vorletzten Rennen seiner Biathlon-Karriere am legendären Holmenkollen die Verfolgung gewonnen und Weltcup-Gesamtsieger Quentin Fillon Maillet aus Frankreich und den norwegischen Sprintsieger Sturla Holm Laegreid auf die Plätze verwiesen hatte.
Seit der Ankündigung seines Karriereendes liefert Lesser in einer Konstanz ab wie selten zuvor, der Lohn ist sein dritter Weltcupsieg und der erste seit über sechs Jahren. «Momentan kann ich das nicht so richtig verarbeiten», sagte Lesser im ZDF. Vor zwei Wochen erklärte der Ex-Weltmeister seinen Rücktritt, seitdem holte er nur noch Top-Platzierungen, darunter Rang zwei in der Verfolgung und Platz drei in der Mixed-Staffel mit Franziska Preuß in Kontiolahti. Und jetzt die Krönung an der Wiege des nordischen Skisports. «Erik ist echt ein Phänomen, ich freue mich für ihn», sagte der neuntplatzierte Benedikt Doll über seinen Teamkollegen.
Lesser als sicherer Schütze
Im Sprint tags zuvor hatte Lesser durch einen Fehler als Fünfter das Podest noch knapp verpasst und sich geärgert. Im Jagdrennen zeigte er dann keine Nerven. Vor den Augen seiner Lebensgefährtin Nadine und Töchterchen Anouk feuerte er vier schnelle und sichere Schießeinlagen ab und legte damit den Grundstein für seinen Erfolg. «Ich stell mich hin, steh sicher da und hab auch irgendwie die Eier dazu, das durchzuziehen und keine Ängste zu entwickeln», sagte Lesser nach seiner Glanzvorstellung.
Der Thüringer kam als Zweiter hinter dem klar führenden Laegreid zum finalen Schießen. Der Norweger schoss zwei Fehler und Lesser ging mit 13,1 Sekunden Vorsprung vor Maillet und 14,2 Sekunden vor Laegreid in die Schlussrunde, auf der er die Verfolger nicht mehr herankommen ließ. «Dass ich den Vorsprung halten kann, hätte ich nicht gedacht, in der dritten Runde habe ich schon leicht über Kreuz geguckt», sagte Lesser, der auf der Zielgeraden seiner Karriere auch läuferisch absolutes Topniveau abliefert, was ihm im Laufe seiner langen Karriere nicht immer gelang.
In seinem letzten Rennen am Sonntag (15.00 Uhr/ZDF und Eurosport), dem Massenstart, ist ihm in dieser Verfassung ein weiterer Coup zuzutrauen. «Ich werde einen besonderen Rennanzug tragen und dann versuche ich, auf den Ski entspannt zu bleiben und mich mit den anderen zu messen», sagte Lesser, der seinen tollen Erfolg in der Pressekonferenz relativ nüchtern analysierte. Auf die Frage von Maillet, ob er denn wirklich aufhören wolle, antwortete Lesser: «Auf jeden Fall. Ich werde meine Meinung nicht ändern.»
Eckhoff siegt, Herrmann Fünfte
Bei den Damen sicherte sich Tiril Eckhoff nach dem Sprint auch den Sieg im Jagdrennen. Sie verwies ihre ebenfalls mit zwei Fehlern belastete Teamkollegin Marte Olsbu Röiseland auf Rang zwei. Die dreimalige Peking-Olympiasiegerin Röiseland sicherte sich damit erstmals den Gesamtweltcup, auch die kleinen Kristallkugeln in der Verfolgung und im Sprint konnte sie gewinnen. Dritte wurde die Slowakin Paulina Fialkova.
Die Sprint-Siebte Denise Herrmann lief als beste Deutsche auf Rang fünf. «In der letzten Runde habe ich noch mal alles probiert, aber es hat nicht fürs Podium gereicht. Morgen gibts die letzte Hatz», sagte Herrmann. Franziska Hildebrand wurde Neunte.
Den größten Sprung machte Franziska Preuß. Nach ihrem enttäuschenden 45. Rang im Sprint blieb die 28-Jährige diesmal fehlerfrei, verbesserte sich um 35 Positionen und kam als Zehnte ins Ziel. «Cool, wenn es am Schießstand so hinhaut, ich hatte auch gute Ski und dann macht es auch Spaß», sagte Preuß.
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