23. November 2024

Sport Express

Express-Sport direkt aus der Arena

Berührende Worte von Hoeneß: «Franz, du fehlst mir sehr»

Trauerreden, Musik, Stille und Applaus - die große Gedenkfeier für Franz Beckenbauer bewegt Zehntausende in der Münchner Arena. Ein Weggefährte der Fußball-Lichtgestalt hat Besonderes zu erzählen.

Als Uli Hoeneß seine sehr persönlichen Abschiedsworte über den großen Fußballer und Menschen Franz Beckenbauer spricht, ist der emotionale Höhepunkt in der Arena erreicht.

Die mit Anekdoten gespickte Rede ist eine ganz eigene Würdigung des langjährigen Weggefährten – und sie endet mit dem berührenden Satz: «Jetzt bis du zwölf Tage tot, Franz. Um ehrlich zu sein, du fehlst mir sehr!»

Sein Meisterstück habe Beckenbauer gemacht, «als er die Weltmeisterschaft zu uns geholt hat. Er hat sich jahrelang den Hintern aufgerissen, um die Stimmen für Deutschland zu holen», erinnerte der Ehrenpräsident des FC Bayern, für den es als Spieler «das Allerhöchste war», mit dem Franz zusammenspielen. Die Stimmung der WM 2006 würde sich der 72-Jährige zurückwünschen in Deutschland – aber «die AfD will ich nicht dabei haben», sagte Hoeneß deutlich. Dafür gab es spontan Beifall im weiten Rund der Allianz Arena.

Trauerreden, Musik, Stille, Applaus und viele Bilder aus Beckenbauers ereignisreichem Leben auf den Videowänden sorgten bei der Würdigung des größten deutschen Fußballers vor rund 30.000 Besuchern für besondere Momente. Emotion pur – auch für Beckenbauers im Stadion anwesende Frau Heidi und seinen Bruder Walter.

Pünktlich zur Trauerfeier riss auch noch der Winterhimmel über München auf: Kaiser-Wetter am Tag des Abschieds vom Fußball-«Kaiser» – das passte ins Gesamtbild. Beckenbauer, der alles gewann im Fußball, durch ihn reich und berühmt wurde und Fans in aller Welt mit seiner Eleganz und Leichtigkeit bezauberte, war am 7. Januar im Alter von 78 Jahren gestorben. 

Gedenk-Kränze und bewegende Worte

Zahlreiche Persönlichkeiten aus der Politik um Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Kanzler Olaf Scholz und den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder sowie enge Fußball-Weggefährten waren in die Arena gekommen. Alle wollten «Danke Franz» sagen. Diese zwei Worte prägen seit Beckenbauers Tod die Münchner Trauertage. Am Mittelkreis auf dem Rasen lag ein Banner, das Beckenbauer im Trikot mit der Nummer 5 zeigte. Daneben waren Gedenk-Kränze aufgereiht, darunter auch von anderen Fußballvereinen wie dem FC Barcelona oder dem FC Liverpool. 

«Ich weiß nicht, ob die Engel im Himmel Sport treiben. Aber wenn, dann werden sie in den vergangenen Tagen schon sicher diese neue, etwas bayerisch klingende Stimme gehört haben: „Geht’s raus und spielt’s Fußball!“», sagte Steinmeier als Hauptredner. «Eine Stimme, die wir alle kennen, und die uns jetzt für immer fehlen wird. Die Stimme des Kaisers. Die Stimme Franz Beckenbauers», fuhr der Bundespräsident fort. 

«Er hat sich um Deutschland verdient gemacht»

Auf der ganzen Welt hätten die Menschen Franz Beckenbauer «bewundert, verehrt, geliebt». Für viele sei er ein Vorbild gewesen, «für uns alle war er ein Glücksfall». Im Namen aller Deutschen sagte Steinmeier: «Danke, Franz Beckenbauer, danke für alles!» Der 68-jährige Steinmeier hatte noch das Glück, den «Ausnahmespieler Beckenbauer» live spielen zu sehen. «Er hat sich um Deutschland verdient gemacht», verkündete das deutsche Staatsoberhaupt. «Franz Beckenbauer ist tot, was war das für ein Schock», sagte anschließend CSU-Chef Söder. Er bezeichnete Beckenbauer als «zeitlose Ikone», einen der größten Bayern. 

Eine Woche nach Beckenbauers Begräbnis im engsten Familienkreis in seinem Geburtsort München wurde das Lebenswerk eines Mannes gewürdigt, der bis zum viel zu frühen Tod seines Sohnes Stephan 2015 und den danach von Krankheit geprägten letzten Lebensjahren als Glückskind galt. Beckenbauer gelang vermeintlich alles, die Freiheit des Liberos auf dem Fußballfeld gönnte er sich auch im Leben. «Schaun mer mal», hieß Beckenbauers Leitmotiv. 

Weltmeister als Spieler und Trainer

Er prägte den deutschen Fußball wie kein zweiter: Weltmeister als Spieler (1974) und als Trainer (1990) – dazu OK-Chef des WM-Sommermärchens 2006, auf das Jahre später auch wegen dubioser Millionenzahlungen rund um die Turniervergabe ein Schatten fiel. «Ich finde, das Licht von Franz Beckenbauer strahlt hell über das Ganze hinaus», befand Söder.

Mit dem FC Bayern gewann Beckenbauer Titel um Titel. Er war maßgeblich beteiligt am steilen Aufstieg des Vereins, dessen Präsident er von 1994 bis 2009 war. «Franz war ein Freund für jeden. Ein Münchner Kindl, das zum Weltbürger wurde», sagte der heutige Präsident Herbert Hainer, der als Erster auf der Bühne mit drei riesigen Franz-Bildern ans Mikrofon trat und sprach: «Wir hatten noch das Glück, eine Kaiser-Zeit zu erleben.» 

Der in München geborene Star-Tenor und Bayern-Fan Jonas Kaufmann sang zu Beginn «Time to Say Goodbye» in der italienischen Version «Con te partiro». Dazu schritten elf deutsche Fußball-Größen, darunter Günter Netzer, Berti Vogts, «Katsche» Schwarzenbeck, Karl-Heinz Rummenigge und Lothar Matthäus, mit Blumen auf den Platz. Als der Tölzer Knabenchor im Vorprogramm Beckenbauers Schlager «Gute Freunde kann niemand trennen» von 1966 vortrug, sangen, klatschten und summten viele Besucher im weiten Rund mit. 

Ehrengäste und Weltmeister-Generationen

Im Ehrengastbereich tummelte sich die Prominenz, zuvorderst aus dem Fußball. FIFA-Präsident Gianni Infantino, UEFA-Chef Aleksander Čeferin, DFB-Präsident Bernd Neuendorf und Bundestrainer Julian Nagelsmann sowie dessen Vorgänger Joachim Löw und Hansi Flick waren da, ebenso DFL-Aufsichtsratschef Hans-Joachim Watzke – und auch Oliver Kahn.

Neben den Profis des FC Bayern um Manuel Neuer und Thomas Müller und dem Frauen-Team waren auch die deutschen Weltmeister-Generationen um Günter Netzer und Paul Breitner (1974), Lothar Matthäus und Rudi Völler (1990) sowie Philipp Lahm und Bastian Schweinsteiger (2014) im Stadion live dabei, ebenso Tennis-Legende Boris Becker. Sie alle bleiben auf Erden – der «Kaiser» aber ist nun im Fußball-Himmel. 

Von Klaus Bergmann, Martin Moravec und Jörg Soldwisch, dpa