24. November 2024

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Beflügelt von Gelb: Van Aert feiert Etappensieg als Solist

Nach drei zweiten Plätzen hatte der Belgier Wout van Aert genug. Der Spitzenreiter der Tour de France attackierte an der letzten Steigung der vierten Etappe und gewann.

Nach einer spektakulären Attacke an den Kreidefelsen der Kanalküste raste Wout van Aert als Spitzenreiter der 109. Tour de France euphorisiert vom perfekt umgesetzten Plan in Calais ins Ziel und durchbrach seinen Fluch als ewiger Zweiter dieser Tour.

Im Ziel schwang der Belgier seine Arme wie ein Vogel. Dann fiel er nach dem ersehnten Etappensieg jedem seiner Teamkollegen um den Hals. «Ich hatte die Nase voll von Massensprints. Das Risiko wollte ich nicht mehr eingehen», scherzte van Aert nach zuvor drei zweiten Plätzen, zwei davon in Sprints.

Vollgas bis zur Kuppe und denn zehn Kilometer leiden

An der Cote du Cap Blanc-Nez veranstaltete sein Team Jumbo-Visma ein Mannschaftszeitfahren und zerlegte das gesamte Feld. «Über Funk hörte ich, dass wir Schaden angerichtet haben. Also war es Vollgas bis zur Kuppe. Danach waren es noch zehn Kilometer leiden», sagte der Belgier.

In der Gesamtwertung baute van Aert seinen Vorsprung vor seinem Landsmann Yves Lampaert auf 25 Sekunden aus. Die Favoriten der Gesamtwertung wie Titelverteidiger Tadej Pogacar und van Aerts Teamkollegen Primoz Roglic und Jonas Vingegaard erreichten geschlossen das Ziel, obwohl sie bei der Attacke an dem nur etwas über 900 Meter langen Hügel ordentlich leiden mussten.

Eine ähnliche Attacke fuhr das Team bereits im Frühjahr bei Paris-Nizza – und wiederholte das Kunststück nun bei der Tour. «Wir haben uns das schon vor ein paar Wochen angeschaut. Wir wussten, was wir zu tun haben», sagte van Aerts Teamkollege Christoph Laporte. Die Konkurrenz war verblüfft und beeindruckt. «Ich habe nicht damit gerechnet, dass hier jemand allein ankommt», sagte Maximilian Schachmann. Hinter van Aert gewann sein Landsmann Jasper Philipsen den Sprint des Feldes vor Laporte.

Mehr Spannung verspricht die folgende Etappe

Bis zur Attacke von van Aert und Co. verlief der erste Tag nach dem Dänemark-Gastspiel ereignislos. Deutlich mehr Spannung verspricht das Teilstück am Mittwoch von Lille nach Arenberg. Elf Kopfsteinpflastersektoren müssen bewältigt werden, der erste kommt nach rund 74 Kilometern. Insgesamt stehen 19,4 Kilometer des holprigen Untergrunds der nordfranzösischen Feldwege auf dem Programm. Im Vergleich zur bisher letzten Kopfsteinpflasteretappe der Tour 2018 wählten die Organisatoren längere Sektoren.

Damals feierte John Degenkolb einen der emotionalsten Siege seiner Karriere. Am Mittwoch geht es zudem zwischen Erre und Wandignies über Teile des Pavé-Sektors, der Degenkolbs Namen trägt. Das Pavé gehört mit vier Sternen zur zweitschwersten Kategorie und ist das einzige im Programm des Klassikers Paris-Roubaix, das nach einem noch aktiven Profi benannt ist. Degenkolb, der den Klassiker durch die Hölle des Nordens 2015 gewann, zählt zu den prominenten Förderern eines Vereins, der sich für den Erhalt der Kopfsteinpflasterpassagen einsetzt.

Fraglich ist, ob Degenkolb die Form hat, seinen Coup von vor vier Jahren zu wiederholen. Kurz vor der Tour warf ihn eine Coronainfektion zurück. Der Routinier weiß nicht so recht, wo er steht. «Die Werte bei den medizinischen Tests waren unauffällig und auch beim Training habe ich nichts gemerkt. Aber so richtig sehen wird man es erst im Rennen», sagte der Thüringer.

Als Top-Favorit gilt Mathieu van der Poel, der die Flandern-Rundfahrt bereits zweimal gewann. Aus deutscher Sicht könnte zudem Nils Politt Chancen haben. Der deutsche Meister ist in Top-Form, wurde 2019 Zweiter bei Paris-Roubaix. Womöglich muss der Kölner jedoch seinen Kapitän Alexander Wlassow beschützen und sicher über das Pflaster geleiten.

Von Tom Bachmann und Tom Mustroph, dpa