Thomas Müller beschlich an seinem 32. Geburtstag ein komisches Gefühl. Die Bayern um den am Montag gefeierten Nationalspieler wissen einfach nicht, was sie im Fußball-Tempel Camp Nou gegen einen FC Barcelona ohne den alles überstrahlenden Argentinier Lionel Messi erwartet.
«Es ist schwer greifbar», gestand Trainer Julian Nagelsmann. Und Kapitän Manuel Neuer sagte kurz vor dem Abflug nach Spanien: «Es ist natürlich ein ungewohntes Bild, wenn Messi nicht bei Barcelona auf dem Platz stehen wird.» Trotzdem mahnte der Nationaltorwart des FC Bayern München: «Der FC Barcelona wird nie schwach sein! Das ist ein Kracher zum Start!»
«Barcelona ohne Messi ungewohnt»
Und eins ist gewiss: Es wird am Dienstag (21.00 Uhr/Amazon Prime Video) ein Gegner um Deutschlands zweitbesten Torhüter Marc-André ter Stegen auf dem Rasen stehen, der exakt 13 Monate nach dem demütigenden und epischen 8:2 von Müller und Co. beim Finalturnier in Lissabon auch ohne den zu Paris Saint-Germain weitergezogenen Weltstar Messi auf Wiedergutmachung aus sein wird. «Wir sind mental darauf eingestellt, dass es diesmal anders sein muss und anders sein wird», sagte Sergio Busquets, der wie ter Stegen am 14. August 2020 auf dem Platz stand.
Manuel Neuer stocherte beim verbalen Warm-Up für das Topspiel in Gruppe E zumindest noch ein wenig in der Barça-Wunde: «So ein Spiel vergisst man nicht. Das hat natürlich geschmerzt in Barcelona.» Die 40.000 Zuschauer – Bayern-Fans sind nicht zugelassen – trachten nach Revanche. «Ich glaube an ein enges Spiel», sagte Neuer.
Müller vor 125. CL-Einsatz
«Es ist natürlich etwas Besonderes, am Geburtstag auf eine Champions-League-Tournee zu gehen», sagte Müller im feinen Reiseanzug des FC Bayern. Er habe jetzt wieder «ein Jahr mehr auf der Uhr». Vor seinem 125. Champions-League-Einsatz bedauerte er Messis Abwesenheit: «Für das Gesamterlebnis ist das natürlich schade», sagte Müller. Ehrlich gesagt, könne er den FC Barcelona «aktuell überhaupt nicht einschätzen. Ohne Messi ist das sicherlich eine andere Mannschaft.»
Das große Barça ächzt unter horrenden Schulden. Neben Messi musste auch ein Großverdiener wie Antoine Griezmann zurück an Atlético Madrid verliehen werden. Die größte Offensivgefahr für die Bayern stellt nun wohl der Niederländer Memphis Depay dar. Sportvorstand Hasan Salihamidzic warnte vor Fehleinschätzungen: «Barcelona hat schon eine sehr gute Mannschaft, auch wenn sie Messi und Griezmann verloren haben. Und im Camp Nou zu spielen, ist immer schwer.»
Auch für Nagelsmann ist ein Barcelona ohne «die Extravaganz von Messi» nicht zwingend schwächer, sondern vor allem «anders», wie er sagte: «Eine strahlende Figur ist weg vom Club. Messi ist ein Spieler gewesen, der sehr viel Bälle anzieht.» Nun würden andere Akteure mehr in die Verantwortung treten, auch junge wie die Mittelfeldtalente Frenkie de Jong (24) und der erst 18-jährige Pedri.
«Der FC Barcelona wird nie schwach sein», betonte Neuer, der sich wieder mal mit Nationalelf-Konkurrent ter Stegen misst. «Wir wollen ihn natürlich beschäftigen», kündigte Neuer an. Am liebsten so wie beim 8:2, auch wenn man dieses Jahrhundertresultat laut Neuer «nicht im Kopf» haben werde, wenn am Dienstagabend der Anpfiff ertönt.
Grünes Licht von Lewandowski
Gut für die Bayern ist, dass von Torjäger Robert Lewandowski nach leichten Adduktorenproblemen beim 4:1 in Leipzig grünes Licht beim Abschlusstraining kam. Auch Flügelstürmer Serge Gnabry reiste trotz Rückenschmerzen mit. Beginnen auf den Flügeln dürften aber Leroy Sané und der immer stärker werdende Youngster Jamal Musiala. Nagelsmann will auf Sieg spielen, um möglichst optimal in die Gruppe mit Dynamo Kiew und Benfica Lissabon als weiteren Gegnern zu starten.
Der 34-Jährige will in München schließlich seine ersten Titel als Trainer im Profibereich holen. Den «silbernen Henkelpott» würde er dabei, wie er am Montag sagte, auch gerne mal in Händen halten. «Die Spieler haben alle die Lust, den Titel wieder zu gewinnen. Das gilt auch für mich, nur bei mir steht einmal und kein wieder.» Den Grundstein will Nagelsmann mit dem dreimaligen Champion FC Bayern (2001, 2013, 2020) in einem «geschichtsträchtigen Stadion in einer wunderschönen Stadt» legen – und das gegen einen Gegner, der ohne den großen Argentinier Lionel Messi auf jeden Fall ein ganz anderer ist.
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