Auf die Erfüllung seiner Neujahrs-Wünsche muss Thomas Tuchel noch warten.
Der Start des FC Bayern in eine ungewöhnliche Vorbereitung auf die zweite Saisonhälfte mit dem geplanten Angriff in der Champions League und der Jagd auf Primus Bayer Leverkusen in der Fußball-Bundesliga sollte für den Trainer noch ohne die fest eingeplante Abwehr-Verstärkung erfolgen.
In München wissen sie aus Erfahrung: Das Winter-Shopping ist kompliziert, kostspielig und birgt Risiken. «Der Wintertransfermarkt ist noch ein bisschen komplizierter als der im Sommer», sagte sogar Tuchel vor dem Auftakt auf dem Vereinsgelände am Dienstagnachmittag. Der 50-Jährige musste in den vergangenen Monaten gerade in der Abwehr und im defensiven Mittelfeld viel zu häufig improvisieren. «Es hat uns immer wieder auf den Positionen erwischt», klagte er. «Wir wissen, dass wir Bedarf haben. Wir waren personell ziemlich auf dem letzten Zacken», sagte Sportdirektor Christoph Freund.
Abwehr-Engpass gleich wieder akut
Der Defensiv-Engpass wird gleich zu Jahresbeginn wieder offenkundig. Innenverteidiger Minjae Kim, der am Dienstag zum Fußballer des Jahres in Südkorea gekürt wurde, ist längstens bis zum 10. Februar für sein Heimatland beim Asien-Cup in Katar aktiv. Bis zu sechs Ligaspiele verpasst Kim, darunter womöglich das Topspiel in Leverkusen. Und am 14. Februar steht das Achtelfinal-Hinspiel in der Champions League bei Lazio Rom an. Zudem wurde Außenverteidiger Noussair Mazraoui vom marokkanischen Nationaltrainer trotz Verletzung für den Afrika-Cup (13. Januar bis 11. Februar) berufen.
Kaufen oder leihen? Spezialisten oder Allrounder? Das sind die Fragen, auf die Antworten gefunden werden müssen. «Ist es ein Spezialist oder kann ein Spieler mehrere Positionen besetzen? Dann kann auch einer reichen», erklärte Tuchel. Eine Aufstockung des Kaders ist für ihn zwingend erforderlich – aber bitte mit Qualitätsspielern. Doch welcher Club in Europa lässt im Januar Topkräfte ziehen? «Es ist sehr schwer, mitten in der Saison Spieler zu bekommen, von denen wir hundertprozentig überzeugt sind», räumte selbst Tuchel ein.
Sommer, Cancelo, Blind und die Lehren aus 2023
Rückblick: Vor zwölf Monaten wurden die Bayern ebenfalls im Winter aktiv. Der Schweizer Nationaltorwart Yann Sommer wurde als Ersatz für den nach seinem Beinbruch ausfallenden Kapitän Manuel Neuer für acht Millionen Euro in Gladbach losgeeist. Außenverteidiger João Cancelo kam als Leihspieler von Manchester City. Dazu wurde der vereinslose Abwehr-Routinier Daley Blind zum Nulltarif verpflichtet. Alle drei sind längst wieder weg.
«Der Winter ist nicht so einfach», bemerkte Freund. Als Kandidaten werden etwa Arnau Martínez (20/FC Girona) oder Clément Lenglet (28), der vom FC Barcelona an Aston Villa ausgeliehen ist, gehandelt. Als Wunschkandidat galt Ronald Araújo (24). Der Uruguayer ist aber noch langfristig an den FC Barcelona gebunden und gilt nicht mehr als heiße Spur. Tuchels Wunsch nach einem vor allem defensiv denkenden Sechser im Mittelfeld ist auf der Prioritätenliste vorerst hinter eine Abwehrlösung gerutscht.
Was wird aus Sané, Kimmich und Davies?
Zum Kader-Upgrade im Winter kommt für Vorstandschef Jan-Christian Dreesen, Freund und Tuchel die Gestaltung des Bayern-Teams der Zukunft. Mit Kapitän Neuer, Thomas Müller und Ersatztorwart Sven Ulreich wurde schon bis 2025 verlängert. Dann enden wiederum die Verträge der Stammkräfte Joshua Kimmich (28), Alphonso Davies (23) und Leroy Sané (27), der auf das leistungsmäßig beste Halbjahr seiner Bayern-Zeit zurückblickt. In den kommenden Monaten stehen bei dem Trio Zukunftsentscheidungen an.
Dass Sané in der Offensive perfekt mit Königstransfer Harry Kane harmoniert, spielt dem Nationalspieler beim Vertragspoker in die Karten. Sané will auch 2024 Tore und Vorlagen liefern. «Ich will auch zur Stelle sein, wenn es spätestens Richtung Frühling in die entscheidende Phase in der Champions League und in der Meisterschaft geht», sagte er.
In Tuchel hat Sané den Trainer gefunden, der ihn fördert und fordert. «Leroy hat meine allerhöchste Wertschätzung für das, was er in der Hinrunde geleistet hat. Er hat die Messlatte sehr hochgelegt», sagte Tuchel nach dem letzten Sieg 2023 in Wolfsburg.
Ungewöhnliche Winter-Vorbereitung
Zwölf Tage Weihnachtsurlaub gab es danach. Im Gegensatz zu den vergangenen Jahren, als es Anfang Januar regelmäßig ins Trainingslager nach Katar ging, bereiten sich die Münchner diesmal daheim auf die zweite Saisonhälfte vor. Am 12. Januar geht es in der Bundesliga gegen die TSG Hoffenheim weiter. Davor gibt es am Samstag ein Testspiel beim FC Basel. Erst nach dem Hoffenheim-Spiel geht’s für ein paar Tage nach Portugal an die Algarve, wo Tuchel sein Star-Ensemble noch enger zusammenschweißen will – am liebsten mit ein, zwei Neuzugängen.
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