Mitten in der Kritik des Profisports an den Corona-Maßnahmen der Politik hat Bayern mit der Lockerung von Zuschauer-Beschränkungen einen Vorstoß gewagt.
Das Kabinett von CSU-Ministerpräsident Markus Söder beschloss in München bis auf Weiteres das Ende der Geisterspiele im Freistaat für überregionale Sportveranstaltungen.
Nun dürfen zu den Spielen des deutschen Fußball-Meisters Bayern München, des FC Augsburg und der SpVgg Greuther Fürth oder zu den Partien der Zweitliga-Clubs immerhin wieder bis zu 10.000 Fans kommen. Maximal 25 Prozent der Zuschauer-Kapazitäten dürfen genutzt werden. Die Regelung, die am Donnerstag in Kraft tritt, gilt auch für Profiligen im Handball, Basketball, Eishockey und Volleyball.
Regeln sollen vereinheitlicht werden
Einen Tag zuvor hatten die Bundesregierung und die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten entschieden, ihren Corona-Kurs wegen der steigenden Infektionszahlen durch die Omikron-Variante fortzusetzen. Das bedeutete nichts anderes, als dass Spiele in den Profiligen – abhängig vom Bundesland – weiterhin nur ohne oder mit wenigen Zuschauern stattfinden dürfen. Zumindest die unterschiedlichen Vorgaben in den Ländern sollen bis zum 9. Februar bundesweit vereinheitlicht werden.
«Es ist nicht ganz fair, dass wir in Hamburg in der Elbphilharmonie 2000 Leute haben, und woanders geht das nicht. Dass wir in einigen Fußballstadien 15.000 Leute haben, wir haben Geisterspiele. Also wenn, muss das schon vernünftig gleich sein», hatte CSU-Chef Söder schon am Montagabend in den «Tagesthemen» der ARD gesagt.
Für die Zulassung von Zuschauern gelten unterschiedliche Höchstgrenzen in den Ländern: Wie bislang in Bayern dürfen in Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen derzeit überhaupt keine Fans in die Arenen. Dagegen spielte der Drittliga-Tabellenführer 1. FC Magdeburg am Sonntag gegen den TSV Havelse vor 13.385 Zuschauern. Das ließ die Verordnung in Sachsen-Anhalt zu, nach der die Stadien bis zu 50 Prozent gefüllt werden dürfen. Beim Sieg des FC Bayern am Sonntag bei Hertha BSC durften 3000 Zuschauer ins Berliner Olympiastadion.
Bundesliga-Funktionäre üben Kritik
«Ich verstehe es schon lange nicht mehr. Beispiel: 13.700 waren in Magdeburg erlaubt. Theoretisch hätten 13.700 Eintracht Fans, die hier nicht ins Stadion dürfen, mit dem Zug nach Magdeburg fahren können, um dort das Stadion zu füllen. Das sagt alles», meinte Eintracht Frankfurts Trainer Oliver Glasner in einem Sky-Interview.
Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke ging einen Schritt weiter und schloss am Montagabend auch juristische Schritte gegen die Zuschauer-Regelung in Nordrhein-Westfalen nicht aus. «Wir werden uns die Beschlüsse des Landes NRW genau anschauen und prüfen, ob wir sie im Eilverfahren kontrollieren lassen», sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Watzkes Kollege Alexander Wehrle vom 1. FC Köln würde rechtliche Schritte begrüßen: «Da stehen wir Seite an Seite mit dem BVB.»
Es sei überhaupt nicht nachvollziehbar, wenn in der Elbphilharmonie in Hamburg von 2100 möglichen Zuschauern 2000 in einem geschlossenen Raum seien «und ein paar Kilometer weiter im Hamburger Stadion auch 2000, weil das eben die Grenze ist», kommentierte Wehrle. «Wer hat denn die 2000 in Hamburg festgelegt? Und wer die 750 in Köln? Und wer die 1000 in Mainz? Würfeln die eigentlich?»
Bundesligisten prüfen rechtliche Schritte
Auch RB Leipzigs Vorstandschef Oliver Mintzlaff schloss den juristischen Klageweg nichts mehr aus. «Ich finde den Vorstoß von Aki Watzke absolut richtig, und wir prüfen auch mit anderen Bundesligisten, wenn es hier nicht zu einer schnellen Lösung kommt, ob und wie wir da juristisch vorgehen», sagte er der «Bild»-Zeitung. Die Bundesregierung könne «sich nicht die Welt malen, wie sie ihr gefällt. Das endet dann in einem Zick-Zack-Kurs, den die Menschen nicht mehr mittragen.»
Viele Vertreter im Profisport äußern die Vermutung, dass die Politik den Sport bei ihren Corona-Maßnahmen benutzt. Man wolle gegenüber dem Sport eine gewisse Härte zeigen, die gar nicht berechtigt sei, sagte der Manager des deutschen Volleyball-Meisters Berlin Volleys, Kaweh Niroomand. «Bei uns in der Halle sind die Zuschauer geboostert und mit Maske sicherer, als wenn ich zum Einkaufen oder in die Apotheke gehe», sagte er der Deutschen Presse-Agentur.
«Fußball wird zum Opfer von Symbolpolitik», kommentierte BVB-Chef Watzke. Leipzigs Mintzlaff ergänzte: «Wir haben das Gefühl, dass die Politik in vielen Bereichen mehr in Problemen als in Lösungen denkt.»
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