Die neue Bundestagspräsidentin Bärbel Bas erhofft sich von der Impf-Debatte um Joshua Kimmich auch positive Effekte.
Sie sei dem Nationalspieler des FC Bayern München «sogar dankbar, dass er die Debatte über Langzeitfolgen der Impfungen vor dem Winter noch einmal angestoßen hat», sagte die SPD-Politikerin der Düsseldorfer «Rheinischen Post». An diesem Beispiel sollten Politiker und Wissenschaftler stärker Gerüchte von Langzeitschäden aufklären.
«Vielleicht lassen sich dann noch mehr Menschen von einer Impfung überzeugen, bevor sie von der vierten Welle erwischt werden, die jetzt rollt. Insofern kommt die Äußerung von Joshua Kimmich aus meiner Sicht zum richtigen Zeitpunkt», sagte die bisherige Gesundheitspolitikerin Bas. In Deutschland setzt sich der seit gut zwei Wochen anhaltende Anstieg der Sieben-Tage-Inzidenz fort. Das Robert Koch-Institut (RKI) gab die Zahl der Corona-Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche am Sonntagmorgen mit 149,4 an. Am Vortag hatte der Wert bei 145,1 gelegen, vor einer Woche bei 106,3.
Die Gesundheitsämter in Deutschland meldeten dem RKI binnen eines Tages 16 887 Neuinfektionen. Das geht aus Zahlen hervor, die den Stand des RKI-Dashboards von 04.24 Uhr wiedergeben. Vor einer Woche hatte der Wert bei 13 732 Ansteckungen gelegen.
Kimmich hatte am 23. Oktober nach dem 4:0 der Bayern gegen Hoffenheim eingeräumt, nicht gegen das Coronavirus geimpft zu sein. Das hatte bei teilweisem Verständnis heftige Kritik zur Folge. Er habe «persönlich noch ein paar Bedenken, gerade, was fehlende Langzeitstudien angeht», hatte der 26 Jahre alte Nationalspieler erklärt. Sie treffe sich «gerne mit Joshua Kimmich auf einen Kaffee», sagte Bas und betonte: «Um es klar zu sagen: Trotz millionenfacher Impfungen gibt es keine Hinweise, die auf Langzeitschäden hindeuten.»
Breitner: «Null Verständnis» für Kimmich
Der ehemalige Nationalspieler Paul Breitner kritisierte Kimmichs Haltung scharf. «Ich brauche mit niemandem darüber zu diskutieren, ob er sich impfen lassen soll oder nicht. Für mich gibt es nur die Richtung, sich impfen zu lassen. Und da geht es nicht um eine Vorbildfunktion, sondern es geht um den Einzelnen. Wenn er sich dagegen entscheidet, dann habe ich null Verständnis dafür», sagte Breitner im «Sonntags-Stammtisch» des BR Fernsehen.
Die Debatte habe mit einer Vorbildfunktion «grundsätzlich überhaupt nichts zu tun, sondern es geht um ihn», betonte der 70 Jahre alte frühere Führungsspieler des FC Bayern München.
Breitner halte es im konkreten Fall mit einer Aussage von Jürgen Klopp. Der Trainer des FC Liverpool hatte Anfang Oktober in der damals im englischen Fußball scharfen Debatte um ungeimpfte Profis sinngemäß gesagt, dass die Verweigerung einer Corona-Impfung wie Alkohol am Steuer sei.
«Er meinte damit und hätte vielleicht auch sagen können: Sich nicht impfen zu lassen, ist potenzielle, vorsätzliche Körperverletzung», meinte Breitner, der in seiner Mannschaft ungeimpfte Spieler nicht einsetzen würde.
Hellmann zu Kimmich: «Aufpassen, was wir vorleben»
Für Eintracht Frankfurts Vorstandssprecher Axel Hellmann ist die Kimmichs Begründung nicht plausibel. «Aktuell ist es so, dass wir in Joshua Kimmich jemand haben, der an der Impfkampagne teilnimmt, aber selbst nicht geimpft ist», sagte der Funktionär des beim TV-Sender Bild. «Da müssen wir aufpassen, dass das, was wir vorleben wollen, nicht hinterher auf eine fehlende Glaubwürdigkeit zurückfällt.»
«Ich halte die Begründung für nicht gut und halte sie in der Öffentlichkeit so dargelegt nicht gut, weil die Befürchtung da ist, dass es sich viele zu eigen machen und sie reklamieren», sagte Hellmann. «Das wirft kein gutes Licht auf ihn und die Fußballbranche.» Er würde sich von jedem Bundesligaprofi wünschen, dass er sich impfen lässt: «Das ist eine besondere Vorbildgruppe.»
Für ihn ist es fast paradox, dass Zuschauer zum Teil nur mit einem 2G-Status (Geimpft oder genesen) ins Stadion gelassen werden, für die Fußballprofis aber 3G-Regel (Geimpft, genesen oder getestet) gelte. «Wir haben in Deutschland die Situation, dass es staatlicherseits keine Impflicht gibt. Berufstätige müssen nicht angeben, ob sie geimpft sind oder nicht», erklärte Hellmann.
Als Club könne man sich nicht über die gesetzlichen Vorgaben hinwegsetzen. «Man kann von den Fußballclubs nicht erwarten, wozu der Staat nicht in der Lage war: Entscheidungen zur Impfpflicht zu treffen», betonte er. «Es ist eine Situation, die unbefriedigend ist.»
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