Nicht mal 24 Stunden nach der argentinischen Trauer am zweiten Todestag von Diego Maradona droht den stolzen Südamerikanern der kollektive WM-Leidensgipfel.
Jetzt muss Lionel Messi liefern, Maradonas Erbe. Eine weitere Niederlage und Argentinien ist nach nur zwei Spielen gescheitert, raus aus der Fußball-WM in Katar – so früh wie noch nie in der Ära Messi, die damit auch noch ihr unrühmlichstes Weltmeisterschaftsende nehmen würde.
«Tot» hätten sie sich in der Kabine nach dem blamabel-bitteren 1:2 gegen den Außenseiter Saudi-Arabien gefühlt, berichtete Messi. Für die Unsterblichkeit in den Herzen seiner Fußball-Landsleute wie bei Maradona wird das 167. Länderspiel des begnadeten Superstars zu einem der wichtigsten: «Es ist Zeit zu zeigen, wie stark wir wirklich sind», forderte er – sich eingeschlossen.
Und sie alle lassen nichts unversucht. In der Nacht auf Freitag veröffentlichte der Verband ein Lied, ein emotionaler Schwur von ganz Fußball-Argentinien: «Wohin du auch gehst, ich folge dir überall», heißt es darin. Wie Maradona den WM-Pokal 1986 küsst, darf im Video natürlich nicht fehlen. Dass die Verantwortlichen es schon vor dem zweiten Gruppenspiel an diesem Samstag (20.00 Uhr MEZ) im Lusail-Stadion gegen Mexiko veröffentlichen würden müssen, dürften sie auch nicht gedacht haben.
«Die schwierigen Wege führen zu wunderbaren Zielen», meinte Argentiniens Angreifer Alejandro Gomez. Der 34 Jahre alte WM-Debütant dürfte allerdings zu den Spielern gehören, die diesmal zunächst auf die Bank müssen. Mit bis zu fünf Veränderungen in der Startformation – sprich der halben Mannschaft ohne Torwart gerechnet – wird in Argentinien spekuliert, die Tageszeitung «La Nacion» rief bereits die «Operation Scaloni» aus.
Argentinien-Coach unter enormen Druck
Trainer Scaloni, der denselben Vornamen wie Messi hat, führte Argentinien vor erst knapp anderthalb Jahren zum größten Triumph seit fast drei Jahrzehnten, als er das Nationalteam erstmals seit 1993 zum Gewinn der Copa America führte. Dabei hatte der vorherige Co-Trainer Scaloni die Mannschaft im August 2018 zunächst nur interimsmäßig als günstige Notlösung übernommen. Nun will der Trainernovize den Weltmeister von 1978 und 1986 am 18. Dezember eigentlich auch ins Lusail-Stadion führen. Ins WM-Finale.
Dass bei Mexiko mit Gerardo Martino ein ehemaliger Nationaltrainer der Argentinier als Coach arbeitet – einer aus Rosario wie Messi, einer, unter dem Messi schon beim FC Barcelona spielte, und einer, unter dem Messi mal seinen Rücktritt aus der Albiceleste erklärte -, befeuert die Brisanz der Partie an diesem 26. November. Zwei Jahre und einen Tag nach dem Tod von Maradona.
Erste WM ohne Argentiniens Fußball-Ikone
Messis letzte WM ist auch seine erste ohne die Legende. Maradona, der mit dem Leben so seine Schwierigkeiten hatte, war nach einer turbulenten Karriere mit nur 60 Jahren am 25. November 2020 gestorben. «Es ist seltsam, ihn nicht auf der Tribüne zu sehen», sagte Messi schon vor der WM. «Er hat die Nationalmannschaft geliebt. Er war und er wird immer von irgendwo bei uns sein.» Eine Eingebung werden sie vielleicht brauchen können.
2010 hatte aber auch Maradona als Trainer den Spieler Messi in Südafrika nicht zum weltmeisterlichen Ruhm führen können. Wie 2006 schied Argentinien im Viertelfinale gegen Deutschland aus. 2014 folgte dann unter Alejandro Sabella die Niederlage im Finale und Martino übernahm.
«Wir spielen gegen einen der großen WM-Titelkandidaten. Das ist die Situation. Sie waren 36 Spiele ungeschlagen», erinnerte dieser Martino nun an die Serie bis zur Auftaktniederlage seiner Landsmänner gegen die Saudis. Zwei Jahre hatte der mittlerweile 60-Jährige die Auswahl seiner Heimat trainiert, den Posten nach dem verlorenen Finale der Copa América 2016 samt Fehlschuss von Messi im Elfmeterschießen wieder abgegeben. Messi erklärte nach der Niederlage sein Ende in der Nationalmannschaft. Eine besondere Bindung hatten die beiden nie aufbauen können. Dass beide aus Rosario stammen, half auch nicht.
Messi kam nach dem Rücktritt 2016 nach drei bitter verlorenen Endspielen zurück in die Nationalmannschaft Argentiniens, Martino übernahm Anfang 2019 die mexikanische Auswahl und startete mit einem 0:0 gegen Polen in die Katar-WM. Mit einem Sieg gegen den ruhmreicheren Rivalen aus Südamerika würde Mexiko die Chancen aufs Weiterkommen wahren, wenn nicht noch mehr. Das hängt vom Ausgang der Partie der Saudis gegen Polen vorher ab. «Wir müssen uns auf die Tatsache konzentrieren, dass dies der entscheidende Moment ist, und die Gelegenheit nutzen», sagte Mittelfeldspieler Luis Chavez. Der Moment zwischen Freud und Leid.
Die voraussichtlichen Aufstellungen:
Argentinien: 23 Damián Martínez – 26 Molina, 25 Lisandro Martínez, 19 Otamendi, 3. Nicolás Tagliafico – 7 De Paul, 5 Paredes, 24 Enzo Fernández – 10 Messi, 22 Lautaro Martínez, 11 Di María
Mexiko: 13 Ochoa – 19 Sanchez, 3 Montes, 15 Moreno, 6 Arteaga – 8 Rodriguez, 4 E. Alvarez, 18 Guardado – 22 Lozano, 11 Funes Mori, 10 Vega
Schiedsrichter: Daniele Orsato (Italien)
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