21. November 2024

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Alle sprechen über Oberdorf – nur Oberdorf spricht nicht

Lena Oberdorf ist schon lange eine zentrale Figur bei den DFB-Fußballerinnen. Vor der Entscheidung in der Olympia-Qualifikation rückt die Wolfsburgerin in den Mittelpunkt.

Das ganze Drumherum, sagt Vater und Berater Frank Oberdorf, brauche seine Tochter nicht. Sie wolle eigentlich nur Fußball spielen. Deshalb hält sich Lena Oberdorf gerade auch mit Interviews zurück. Die Aufregung um ihren angekündigten Wechsel vom VfL Wolfsburg zum FC Bayern München kann die fürs deutsche Nationalteam so wichtige Mittelfeldspielerin jetzt wirklich nicht gebrauchen – so mitten in der Olympia-Qualifikation.

Auch Oberdorf will sich den Traum von den Sommerspielen erfüllen. Die Partie um den dritten Platz der Nations League gegen die Niederlande am Mittwoch (20.45 Uhr/ZDF) in Heerenveen ist die letzte Möglichkeit für die DFB-Frauen, das Ticket für die Olympischen Spiele in Paris (26. Juli bis 11. August) noch zu lösen.

Die 1:2-Niederlage gegen Frankreich war wieder mal ein Beispiel dafür, dass das Spiel oft mit Oberdorf steht – und manchmal auch fällt: Die 22-Jährige räumte am Freitagabend in Lyon viel im Mittelfeld ab, verursachte dann aber einen Elfmeter, der zum 0:2 führte. «Da muss sie nicht mit der Grätsche kommen», kritisierte Kapitänin Alexandra Popp später ihre Clubkollegin unverhohlen. «Da kann sie besser den Körper reinstellen und den Ball blocken.»

Gewohnt resolut im Zweikampf

Nach der verletzungsbedingten Auswechslung von Marina Hegering stellte Horst Hrubesch Oberdorf in die Innenverteidigung, wo sie dann gewohnt resolut dazwischenging und auch im Spielaufbau «spielerische Akzente» setzte, wie der Interims-Bundestrainer anmerkte.

Seit ihrem Nationalteam-Debüt 2019 mit nur 17 Jahren genießt Oberdorf in Fachkreisen höchste Anerkennung: Bei der EM 2022 wurde sie als beste junge Spielerin ausgezeichnet; die Trophäe nahm sie nach der Endspiel-Niederlage gegen England allerdings mit Tränen in den Augen in Empfang. Das WM-Debakel 2023 in Australien erlebte sie als Spätstarterin – sie war mit einer Oberschenkelverletzung ins Turnier gegangen.

Mit Oberdorfs Verpflichtung zur neuen Saison landete der FC Bayern einen Transfercoup, in Wolfsburg hatte Oberdorf eine Ausstiegsklausel in ihrem Vertrag gezogen. Über die Ablösesumme machten die beiden Clubs keine Angaben, der NDR berichtete von 400.000 Euro. Das wäre ein Rekord für einen Wechsel innerhalb der Bundesliga.

Nun nächster Karriere-Schritt

«Ich habe die Möglichkeit, in München nun den nächsten Schritt in meiner Karriere zu gehen und kann dabei trotzdem weiterhin in der Nähe meiner Familie und Freunde sein», sagte Oberdorf. «Die Vision für die nächsten Jahre hat mich überzeugt, in München zu unterschreiben. Ich freue mich auf die neuen Herausforderungen, an denen ich als Spielerin und Mensch wachsen kann.»

Grundsätzlich sieht auch Hrubesch noch weiteres Potenzial: «Obi ist noch lange nicht da, wo sie eigentlich hingehört.» Für Hegering ist Oberdorf jemand mit einem «herausragenden Talent, die im zentralen Bereich alles spielen kann. Die kann man auch vorn in die Spitze stellen, die kannst du auf der Zehn spielen lassen, auf der Acht, auf der Sechs und auf der IV (Innenverteidiger-Postion).»

Zu tausend Prozent könne man sich auf ihre Wolfsburger Teamkollegin verlassen, so Hegering – auch jetzt. Ob sie sich Sorgen mache, dass Oberdorf wegen der Schlagzeilen um ihren Wechsel ihre Leistung nicht voll bringe? «Nö», sagte Hegering ohne zu zögern.

Großer Ehrgeiz, hohe Ansprüche

Die Weltklasse-Spielerin selbst hatte nach ihrem steilen Aufstieg auch immer wieder mit ihrem Ehrgeiz und ihren Ansprüchen an sich selbst zu kämpfen. «Dass man einfach nicht zu viel von sich selbst erwartet», das musste sie seit der EM lernen, wie sie mal erklärte: «Und wenn’s mal kein gutes Spiel ist, dann ist es halt so.»

Grundsätzlich ist Oberdorf jemand, der so geradlinig spricht, wie sie spielt – wenn sie spricht. Nicht ohne Grund war der «Fußballspruch des Jahres 2022» an die inzwischen 45-fache Nationalspielerin gegangen: «Frauenfußball, Männerfußball. Es ist ein Fußball.»

Von Ulrike John, dpa