Dass Frankreich den «besten Spieler der Welt» in seinen Reihen habe, hörte man bei dieser EM schon häufig.
Doch erstaunlich oft bezog sich diese Bezeichnung nicht auf die Offensivstars Kylian Mbappé oder Antoine Griezmann. Sondern auf N’Golo Kanté. Den 1,69 Meter kleinen, unscheinbaren Sechser, der spätestens mit seinem überragenden Auftritt im Champions-League-Finale auch dem letzten Fußball-Fan aufgefallen ist.
Und so fiel auch die Antwort von Marco Rossi, mit Ungarn am Samstag (15.00 Uhr/ARD und Magenta TV) nächster Gegner der Franzosen, nicht mehr überraschend aus. «Es wäre zu einfach, Mbappé zu sagen», antwortete er auf die Frage nach seinem Lieblingsspieler der «L’Equipe» und nannte stattdessen Kanté. «Es ist unmöglich, ihn nicht zu bewundern oder sogar zu kritisieren», sagte Rossi. Auf die Frage, ob der 30-Jährige zum Weltfußballer tauge, antwortete er: «Wenn ich könnte, würde ich ihn wählen.»
«Du kannst ihn nicht hassen»
Starke Empfehlungen dafür gibt auch das deutsche Quartett beim FC Chelsea ab. «Du kannst ihn nicht hassen», sagte zum Beispiel Abwehrspieler Antonio Rüdiger: «Er lächelt immer. Ich habe ihn noch nie wütend gesehen. Wer ihn nicht mag, hat ernsthafte Probleme mit sich selbst.» Auch Trainer Thomas Tuchel findet seinen Mittelfeld-Strategen «unglaublich. Er ist wie anderthalb oder zwei Spieler. Und jeder, der ihn zum ersten Mal sieht, liebt ihn. Sogar meine Familie liebt ihn, wenn sie zu Hause vor dem Fernseher sitzt.»
Denn zu aller Sympathie kommt eben die fußballerische Klasse. Kai Havertz ist «als Offensiv-Spieler immer froh, wenn er mit ihm auf dem Platz steht. Man kann so viele Fehler machen, wie man will. Er holt gefühlt jeden Ball zurück. Auch wenn er relativ klein ist. Er ist schnell und wendig und kriegt immer irgendwie seinen Zeh rein.» Auch Chelsea-Stürmer Timo Werner wundert sich, wie viele Bälle Kanté erobert. «Er ist für mich der beste Sechser der Welt. Er ist eine Klette, lässt nie locker.» Und dann lobt auch Werner: «Er ist so bescheiden. Deshalb mag ihn jeder auf der Welt. Er geht einfach auf den Platz und spielt. Da ist nix drumherum, das ablenkt.»
Kein Mann der großen Gesten
Ein Mann für große Gesten oder gar ein Schauspieler oder Theatraliker ist Kanté wahrlich nicht. Im Gegenteil: Er ist schüchtern, bescheiden. Über ihn selbst weiß man gar nicht so viel. Nur, dass er mit seinen aus Mali geflüchteten Eltern in einem schwierigen Viertel mit acht Geschwistern aufwuchs und der Vater starb, als der nach König Ngolo Diarra benannte Sohn elf war. Und dass er wegen seiner Größe in der Jugend in vielen Jugend-Akademien abgelehnt wurde.
Mit 23 hatte es Kanté dann doch in die erste Liga geschafft. Und legte den Turbo ein. Mit 24 wechselte er zu Leicester City, wurde mit den Foxes Sensations-Meister und Fußballer des Jahres. Dabei hatte auch Trainer Claudio Ranieri zunächst Bedenken, ob das Leichtgewicht erstligareif ist. Nach wenigen Wochen entschuldigte der Italiener sich bei seinem Chefscout und gestand ein: «Ich habe keine Ahnung.» Ranieri war wohl der Letzte, der Kanté unterschätzte.
Die voraussichtlichen Aufstellungen:
UNGARN: 1 Gulacsi – 21 Botka, 6 Orban, 4 Attila Szalai – 7 Nego, 15 Kleinheisler, 8 Nagy, 13 Schäfer, 11 Holender – 20 Sallai, 9 Adam Szalai
FRANKREICH: 1 Lloris – 2 Pavard, 4 Varane, 3 Kimpembe, 21 Hernandez – 6 Pogba, 13 Kanté, 14 Rabiot – 7 Griezmann – 19 Benzema, 10 Mbappé
Schiedsrichter: Michael Oliver (England)
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