Inmitten der Omikron-Welle und begleitet von Sorgen um bewaffnete Konflikte in Kamerun ringt der Afrika-Cup um seinen Stellenwert im Weltfußball.
Die Euphorie für das Kontentalturnier vom 9. Januar bis 6. Februar mit Weltstars wie Liverpools Mohamed Salah (Ägypten) und Manchester-City-Angreifer Riyad Mahrez (Algerien) wird von den europäischen Spitzenclubs nicht geteilt. «Der Afrika-Cup verdient mehr Respekt. Vom sportlichen Wert und von der Popularität in Afrika her ist das Turnier für mich ein Höhepunkt im internationalen Fußball», sagte der langjährige nigerianische Nationaltrainer Gernot Rohr der Deutschen Presse-Agentur.
Afrika-Cup vergleichbar mit EM
Das Problem ist bei jeder Ausgabe der mit der Europameisterschaft vergleichbaren Afrika-Endrunde dasselbe: Speziell die britschen Clubs stellen während der Saison viele Spieler ab, weil sie es müssen. «Gibt es ein anderes Turnier, das so wenig respektiert wird wie der Afrika-Cup?», fragte der englische Ex-Nationalspieler Ian Wright – und sprach von einer «rassistisch gefärbten» Diskussion.
In diesem Jahr sind die Sorgen wegen der Corona-Lage im zudem innenpolitisch instabilen Gastgeberland Kamerun noch größer – nach Ansicht vieler Spieler und Experten aber das falsche Signal.
Der Ex-Frankfurter Sébastien Haller, Stürmer der Elfenbeinküste und beim niederländischen Fußballclub Ajax Amsterdam, kritisierte in einem Interview «den Mangel an Respekt für Afrika», wenn Spieler gefragt werden, ob sie nicht lieber im Land ihres Vereins bleiben wollen. «Jeder europäische Verein, der einen afrikanischen Spieler verpflichtet, weiß um diese Problematik», sagte der nigerianische Sportjournalist Osasu Obayiuwana der ARD-«Sportschau».
Es sei «schlicht respektlos, wenn ständig und immer wieder über die Daseinsberechtigung des Afrika-Cups diskutiert wird. Die Vereine bewegen sich auf einem weltweit akzeptierten Markt. Und wenn sie einen Spieler verpflichten, müssen sie dessen Herkunft und Kultur respektieren», sagte Obayiuwana. Rohr äußerte: «Der Zeitpunkt des Afrika-Cups mitten in der Saison ist sicher ein Faktor, man sollte aber akzeptieren, dass es internationale Wettbewerbe gibt, die nicht unbedingt im Juni ausgetragen werden.»
Der FC Liverpool muss neben Salah auch auf Sadio Mané (Senegal) verzichten. Beide Spieler zählen mit ihren Nationen zu den Favoriten. Ägypten gilt mit sieben Titeln im Cup als erfolgreichstes afrikanisches Team. Senegal musste sich vor drei Jahren Titelverteidiger Algerien im Finale (0:1) geschlagen geben.
Corona-Sorgen in Kamerun
Eigentlich wird das Event alle zwei Jahre ausgetragen – 2021 wurde es wegen der Pandemie um ein Jahr verschoben. Kamerun, das vor dem Ersten Weltkrieg eine deutsche Kolonie war und später von Frankreich und Großbritannien untereinander aufgeteilt wurde, kämpft weiterhin gegen die Pandemie – und der hochansteckenden Omikron-Variante. Das zentralafrikanische Land hat laut der Gesundheitsorganisation Africa CDC seit Pandemiebeginn knapp 109.000 Infektionen registriert, von denen rund 1850 tödlich endeten.
In dem fußballbegeisterten Land mit seinen rund 28,5 Millionen Einwohnern dürfte die Dunkelziffer nach Schätzungen von Experten jedoch höher liegen. Zudem sind laut ARD-«Sportschau» in Kamerun nicht einmal drei Prozent der Bevölkerung geimpft.
Bereits vor dem Turnierauftakt hat das senegalesische Nationalteam seine Anreise verschoben. Die Spieler Pape Sarr, Nampalys Mendy und Mame Thiam wurden genauso wie sechs Personen aus dem Betreuerstab positiv getestet. Stadien sollen zu 80 Prozent bei Kamerun-Spielen und zu 60 Prozent bei allen anderen Partien ausgelastet werden – Zutritt nur für Geimpfte mit negativem Test.
Auch Sicherheitslage unklar
Neben den Debatten über Spielerabstellungen und Corona wird das Turnier weiter von der unklaren Sicherheitslage belastet. Kameruns Norden wird seit Jahren von Unruhen und Angriffen auf die Zivilbevölkerung erschüttert. Ende 2016 hatten die zwei größten englischsprachigen Regionen bekanntgegeben, dass sie sich abspalten und ein neues Land namens Ambazonia gründen wollen. Englischsprachige Einwohner Kameruns beklagen seit langem, dass sie wie Bürger zweiter Klasse behandelt würden und in dem hauptsächlich französischsprachigen Kamerun weniger staatliche Mittel erhielten.
Immer wieder kommt es zu Protest, gegen den die Sicherheitskräfte teils mit Gewalt vorgehen. Zudem verüben Separatisten immer wieder Angriffe. Ende vergangenen Jahres wurde bekannt, dass mindestens 30.000 Menschen vor gewaltsamen Auseinandersetzungen im Norden des Landes in den benachbarten Tschad geflüchtet sind. Die Sicherheit in den Austragungsorten wurde daher verstärkt. In den sozialen Medien machten bereits höhnische Bilder die Runde, die das Maskottchen Mola in schusssicherer Weste sowie in Begleitung schwer bewaffneter Soldaten beim Flanieren durch die Straßen zeigte.
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