22. November 2024

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Achterbahn ins Achtelfinale: Zverev beweist mentale Stärke

Der Tennisprofi wendet ein frühes Aus bei den French Open nervenstark ab. Negative Erlebnisse auf und neben dem Platz haben ihn geprägt und reifen lassen. Das soll nun auch gegen Holger Rune helfen.

Als Novak Djokovic um 3:06 Uhr nachts sein drohendes Aus bei den French Open in einem denkwürdigen Rekordmatch abwendete, dürfte Alexander Zverev im Hotelzimmer tief und fest geschlummert und sich von seinen eigenen Drittrunden-Strapazen erholt haben. Auch der deutsche Tennisstar hatte sich nervenstark gegen das frühe Ende seiner Titelmission in Paris gestemmt und war in einer wahren Achterbahnfahrt ins Achtelfinale eingezogen.

«Ich bin durch viel Scheiße gegangen in den letzten Jahren. Mit meinen Verletzungen, mit meinem Comeback, mit vielem Drum und Dran. Ich glaube trotzdem daran, dass das einen auch stärker machen kann», sagte der Hamburger nach seinem Happy End im Fünf-Satz-Krimi am Samstagabend durch ein 3:6, 6:4, 6:2, 4:6, 7:6 (10:3) gegen den Niederländer Tallon Griekspoor.

Auch im am Montagabend um 20.15 Uhr angesetzten Achtelfinale gegen den dänischen Tennisstar Holger Rune wird Zverev vor allem kämpfen müssen, denn sein dringlichster Wunsch dürfte unerfüllt bleiben: «23 Grad und Sonne.» Angesagt sind Wolken und Temperaturen um 17 Grad, der Wohlfühlfaktor hält sich beim Olympiasieger in Paris angesichts des nasskalten Wetters weiter in Grenzen. Für sein bestes Spiel braucht er mehr Wärme sowie schnellere und höher abspringende Bälle.

Rückschläge haben Zverev geprägt

Doch aufregen will er sich über die schwierigen Bedingungen nicht. Seine sportlichen und privaten Rückschläge der Vergangenheit scheinen ihn mental gestärkt zu haben. «Du kannst entweder komplett runtergehen, oder du kannst zurückkommen und sagen: Ich bin durch all das gegangen, bin jetzt wieder hier und habe mir selbst die Chance erarbeitet, nochmal um solche Titel mitzuspielen», sagte Zverev.

Die schwere Fußverletzung im French-Open-Halbfinale 2022 gegen Rafael Nadal, der auf dramatische Weise geplatzte Traum vom Grand-Slam-Titel und der Nummer 1 im Welttennis, der mühsame Kampf zurück in die Weltspitze – all das hat den Hamburger geprägt. Dazu gehört aber auch der Prozess gegen ihn wegen des Vorwurfs der Körperverletzung an seiner damaligen Freundin Brenda Patea, der am Montag fortgesetzt wird. Zverev weist den Vorwurf zurück und glaubt fest an einen Sieg vor Gericht.

Auch sein schlimmer Ausraster in Acapulco vor zweieinhalb Jahren, als er mit dem Schläger mehrfach gegen den Stuhl des Schiedsrichters drosch, ist eine Erfahrung, aus der er gelernt hat. «Ich zertrümmere keine Schläger mehr, ich bekomme kaum noch Verwarnungen», sagte Zverev über seine augenscheinliche Wandlung und erklärte: «Ich habe mir selbst gesagt: Ich möchte ein anderer Typ Spieler werden, eine Art Vorbild.» So wie es die großen Tennis-Ikonen Roger Federer und Rafael Nadal sind, die nicht nur wegen ihrer Erfolge verehrt werden.

Gegen Griekspoor hatte er zwar auch seine Diskussionen mit der Stuhl-Schiedsrichterin, doch alles blieb im Rahmen. Er fand einen anderen Weg aus der Krise. Das Serve-and-Volley-Spiel seines Gegners, das ihn «anderthalb Sätze gekillt» habe, stoppte Zverev durch eine offensivere Return-Position. So holte er im fünften Satz ein Doppel-Break auf und bewies im Match-Tiebreak seine gewachsene mentale Stärke.

Djokovic bricht Federer-Rekord und will eine Party

Eine Nachtschicht musste Djokovic einlegen, ehe nach 3 Uhr sein Drittrundensieg gegen den Italiener Lorenzo Musetti in fünf Sätzen (7:5, 6:7 (6:8), 2:6, 6:3, 6:0) feststand. Voll gepumpt mit Adrenalin sagte der Titelverteidiger lächelnd im Interview auf dem Court Philippe Chatrier: «Also, wenn es irgendwo eine Party gibt, ich gehe hin! Auf geht’s!» Es war das mit Abstand am spätesten beendete Match der French-Open-Geschichte und Djokovics 369. Sieg in einem Grand-Slam-Match, mit dem er den Rekord Federers einstellte.

Zverev ist der letzte verbliebene deutsche Tennisprofi im Turnier, nachdem Jan-Lennard Struff am Samstag sein von einer langen Regenunterbrechung begleitetes Drittrunden-Match gegen den Australier Alex De Minaur mit 6:4, 4:6, 3:6, 3:6 verlor.

Schon einen Schritt weiter als Zverev und Djokovic ist Spaniens Starspieler Carlos Alcaraz, der nach einem 6:3, 6:3, 6:1 am Sonntag gegen den Kanadier Felix Auger-Aliassime im Viertelfinale steht. Dort trifft er auf Stefanos Tsitsipas. Der Grieche besiegte den Italiener Matteo Arnaldi mit 3:6, 7:6 (7:4), 6:2, 6:2.

Jörg Soldwisch, dpa