23. November 2024

Sport Express

Express-Sport direkt aus der Arena

Das planen die Bundestagsparteien nach der Wahl zum E-Sport

Die scheidende Regierung konnte nicht alle ihre Ziele beim E-Sport erreichen. Doch die im Bundestag vertetenen Parteien haben Ideen für die Zukunft. Ein Überblick über E-Sport in den Wahlprogrammen.

Es ist vielleicht nicht der drängendste Programmpunkt dieser Bundestagswahl. Doch nachdem die scheidende Regierung nicht alle im Koalitionsvertrag festgesetzten Pläne zum E-Sport umsetzen konnte, bleibt das Thema auch nach dem 26. September auf dem Tisch.

«Nicht nur bei der Bundesregierung, sondern auch bei allen anderen Parteien gibt es jetzt eigentlich inzwischen Einigkeit: E-Sport ist ein sehr spannender Bereich», sagt Felix Falk, Geschäftsführer des Branchenverbands game, im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur.

Nicht alle Ziele beim E-Sport erreicht

Die Ziele aus dem Koalitionsvertrag zum E-Sport konnten Union und SPD nicht alle erreichen. Immerhin: Für Profis ist es zwar einfacher geworden, ein Visum zur Einreise zu erhalten.

Angestrebt wurde aber beispielsweise auch eine Gemeinnützigkeit des E-Sports für Vereine, umgesetzt wurde dieses Ziel jedoch nicht. «Das ist auf jeden Fall auch für die nächste Bundesregierung eine ganz wichtige Aufgabe, damit E-Sport die gesellschaftspolitische Anerkennung und Wertschätzung erhält, die er angesichts seiner Bedeutung verdient», sagt Falk.

Anerkennung des E-Sports als Sport

Auch eine Anerkennung des E-Sports als Sportart war geplant – doch daraus wurde ebenfalls nichts, hauptsächlich wegen der Blockadehaltung des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB).

Nicht jede bisher im Bundestag vertretene Partei hat E-Sport im Wahlprogramm – manche haben noch nicht einmal eine einheitliche Linie gefunden. Das ist der Stand wenige Tage vor der Bundestagswahl:

CDU/CSU wollen E-Sport anerkennen

Die Union führt in ihrem Wahlprogramm kurz aus, den E-Sport «stärker unterstützen» zu wollen. Auf Anfrage erklärt die CDU, an dem Ziel festhalten zu wollen, E-Sport als Sportart anzuerkennen. «Wir wollen Deutschland zum besten E-Sport-Standort machen», heißt es. Für das Scheitern in der vergangenen Legislaturperiode sieht die Partei vor allem den DOSB in der Verantwortung.

«Wir haben die Anerkennung des E-Sports in der Bevölkerung gesteigert und dadurch in den vergangenen vier Jahren viel bewirkt», sagt eine Parteisprecherin. Sie verweist auf eine Umfrage des Branchenverbands Bitkom, nach der die Hälfte der Bevölkerung hin und wieder Video- und Computerspiele spiele. «Vor diesem Hintergrund gibt es keine Zweifel, dass sich die Position, E-Sport als offizielle Sportart anzuerkennen, durchsetzt, denn Wasser findet immer seinen Weg.»

SPD setzt Fokus auf Gemeinnützigkeit

Die SPD will laut Wahlprogramm die Entwicklung des E-Sports in Deutschland weiter unterstützen und setzt ihren Fokus dabei auf die Anerkennung der Gemeinnützigkeit. Anders als die Union legt die Partei sich jedoch nicht darauf fest, dass es Anerkennung als Sportart geben muss.

«Diese Entscheidung sollte im engen Dialog mit den Verbänden, Spielerinnen und Spielern sowie Unternehmen getroffen werden, um eine breite gesellschaftliche Lösung zu etablieren», sagt eine Parteisprecherin. Dennoch wolle man in Gesprächen darauf hinführen, dieses Ziel zu erreichen: «Perspektivisch werden sich klassischer Sport und E-Sport hervorragend ergänzen und voneinander lernen und profitieren können.» Dazu möchte die SPD Deutschland als attraktives Ausrichterland für E-Sport-Turniere stärken.

AfD noch mit unklarer Linie zum E-Sport

Im Programm der AfD zur Bundestagswahl findet E-Sport keine Erwähnung. Joachim Paul, stellvertretender Vorsitzender der AfD-Fraktion im rheinland-pfälzischen Landtag, zeigt sich jedoch zuversichtlich, dass sich die Bundespartei in Zukunft auf eine gemeinsame Plattform dazu einigen könne.

«Wir haben einfach noch Diskussions- und Abstimmungsbedarf», sagt Paul im Gespräch mit dpa. Er verweist auf Anträge der AfD-Landtagsfraktionen in Rheinland-Pfalz und Hessen zur Anerkennung der Gemeinnützigkeit, denen sich die anderen Parteien nicht angeschlossen hatten. Allerdings: Im Bundestag hatte die AfD noch im Juni einen Antrag der FDP, E-Sport als gemeinnützig anzuerkennen, abgelehnt und sich für die Haltung des DOSB ausgesprochen.

FDP will Gemeinnützigkeit und Anerkennung

Die FDP widmet dem E-Sport in ihrem Wahlprogramm einen eigenen Abschnitt, und spricht sich für eine Gemeinnützigkeit sowie die Anerkennung als Sportart aus. Britta Dassler, sportpolitische Sprecherin der FDP im Bundestag, wirft dem DOSB vor, Angst vor Konkurrenz zu haben. «Die ganz normalen konservativen Sportarten, die alle unter dem Dach des DOSB verankert sind, hatten auch vor Corona schon ein Mitgliederproblem», sagt sie im Interview mit dpa.

Sie hofft auf ein Umdenken mit dem Ausscheiden des DOSB-Präsidenten Alfons Hörmann, der im Dezember nicht mehr zur Wiederwahl antritt. Auch die Möglichkeit, die Gemeinnützigkeit sonst über die Abgabenordnung zu erreichen, behält sie sich offen.

Grüne suchen engen Kontakt mit Spielenden

Auch die Grünen stellen in ihrem Wahlprogramm die Gemeinnützigkeit in den Mittelpunkt. Auf die Forderung, den E-Sport als gleichberechtigte Sportart anzuerkennen, verzichtet die Partei jedoch. «Für die Gemeinnützigkeit gibt es rechtlich nur einen engen Korridor, der überhaupt für die Vereine gangbar wäre», sagt Hans Jagnow, Sprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft Sportpolitik der Grünen.

Wichtig ist der Partei dazu auch eine enge Zusammenarbeit mit Spielerinnen und Spielern, Verbänden sowie der Wissenschaft. «So können wir übergreifende Bündnisse bilden und uns gemeinsam gegen Hate Speech, Diskriminierung und Sexismus im E-Sport stellen», sagt Nina Wellenreuther, ebenfalls Sprecherin der BAG. E-Sport-Events in Deutschland begrüßen die Grünen ebenfalls – erwarten aber, dass diese künftig klimaneutral und umweltfreundlich stattfinden.

Linke schließt sich DOSB-Position an

Im Wahlprogramm der Linken ist nur von einer stärkeren Regulierung von Glücksspielelementen im «E-Gaming-Bereich» die Rede. Auf Anfrage schließt sich die Partei dazu grundsätzlich der Position des DOSB an, in deren Prozesse André Hahn, sportpolitischer Sprecher der linken Bundestagsfraktion, nicht eingreifen möchte.

Auch die Beteiligung von Spielen mit Gewaltdarstellungen, wie zum Beispiel Counter-Strike, sieht er kritisch: «Ich halte das aus pädagogischen Gründen für nicht vertretbar.» Eine Gemeinnützigkeit nur für einzelne Spiele sei jedoch unrealistisch, die Tür zu einer Unterstützung der Linken wolle er daher nicht komplett schließen.

«Man darf sich nicht verwurzeln oder rückwärtsgewandt Entwicklungen ignorieren», sagt Hahn. «Es gibt auch in der Linken eine Diskussion. Einige befürworten das auch grundsätzlich.»

Von Niklas Graeber, dpa