Mit Angelique Kerber ist auf den bedeutendsten Tennis-Schauplätzen wieder zu rechnen. Enttäuschende Monate mit teils indiskutablen Auftritten hat die 33-Jährige hinter sich gelassen.
Bei den US Open gibt sich die Kielerin selbstbewusst, sie scheint zu ihrer Topform zurückgefunden zu haben. Nach ihrem 5:7, 6:2, 6:3 im hochklassigen Duell zweier früherer Turniersiegerinnen mit Sloane Stephens wirkte sie in sich ruhend und konzentriert. Im Achtelfinale soll noch lange nicht Schluss sein.
«So gut spielen, wie ich kann»
«Ich will hier wirklich so gut spielen, wie ich kann. Das ist mein Ziel», sagte Kerber. Sie freue sich auf jedes Match, sie gehe Schritt für Schritt. «Lasst uns sehen, wie weit ich hier kommen kann.»
Es sind Sätze, die Kerber in ihrer Karriere mit zahlreichen Höhen und Tiefen so oder so ähnlich schon öfter gesagt hat. Und die auch auf dem Weg zu ihren Triumphen zu hören waren. Kerber mag es, wenn die Erwartungen an sie nicht die höchsten sind. Weil sie zuletzt im Halbfinale von Wimbledon und Cincinnati stand, gilt sie in New York für manche zwar als Mitfavoritin. Topfavoritinnen sind aber andere.
Die Ausgangslage für Kerbers Achtelfinale am Sonntag hat sich aber plötzlich gedreht. Erwartbar war ein Duell mit Titelverteidigerin Naomi Osaka gewesen. Natürlich war auch die Norddeutsche nach ihrem Drittrunden-Erfolg zu ihren Aussichten und Ansichten für die knifflige Aufgabe gegen die Weltranglisten-Dritte befragt worden.
Überraschendes Osaka-Aus
Wenige Stunden später war das Grand-Slam-Turnier für Osaka überraschend beendet. 7:5, 6:7 (2:7), 4:6 lautete das Ergebnis der zweimaligen US-Open-Siegerin gegen die erst 18 Jahre alte Kanadierin Leylah Fernandez, die Nummer 73 der Weltrangliste. Es war der nächste sportliche Rückschlag für Osaka. Die Japanerin, die vor drei Monaten öffentlich gemacht hatte, dass sie unter Depressionsphasen leide, erwägt, sich erneut für eine Weile von der Tour zurückzuziehen.
Kerber spielt jetzt gegen die unbekannte Fernandez um den Einzug ins Viertelfinale. Dass sie bereit dafür ist, bewies die US-Open-Siegerin von 2016 gegen Stephens, die Gewinnerin von 2017. Ihre außergewöhnlichen Kämpfer-Qualitäten sind zurück. Sie lässt sich von Rückständen nicht mehr verunsichern. Sie spielt wieder geduldig, aber auch aggressiv – anders als in den ersten Monaten des Jahres.
«Kunststück und Weltklasse-Tennis»
«Das war ein Kunststück und Weltklasse-Tennis», kommentierte die deutsche Damen-Chefin Barbara Rittner Kerbers Darbietung im TV-Sender Eurosport. Fünfmal nacheinander hatte die deutsche Nummer eins zuvor gegen die in der Weltrangliste allerdings momentan auf Platz 66 abgerutschte US-Amerikanerin verloren. Kerber freute sich anschließend über den freien Samstag. Sie werde leicht trainieren, sich behandeln lassen und gut essen, skizzierte die Wimbledonsiegerin von 2018 ihren Plan. Einfach mal «relaxen und nicht viel machen».
Ihre Auftritte in New York stimmen bisher mit der Prognose von Boris Becker überein, der ihr schon vor dem Auftakt sehr viel zugetraut hatte. In Runde eins befreite sich die Weltranglisten-17. vom Satzrückstand gegen die unangenehme Ukrainerin Dajana Jastremska und behauptete sich nervenstark im entscheidenden Tiebreak. In Runde zwei ließ sie sich nicht davon aus der Ruhe bringen, dass sie in der Nacht zuvor wegen des schweren Unwetters auf der Tennis-Anlage feststeckte und ein paar Stunden auf einer Physio-Liege verbrachte. Gegen die Ukrainerin Anhelina Kalinina hatte sie bei den French Open mit der Niederlage in Runde eins noch einen heftigen Rückschlag erlebt.
Becker: «Halte große auf Angie»
«Ich halte ganz große Stücke auf Angie. Ihr Umfeld ist wieder intakt, das Selbstbewusstsein ist da», hatte Becker gesagt. «Sie hat aus einem durchschnittlichen Jahr ein gutes bis sehr gutes gemacht und jetzt die Chance, vielleicht noch mal ein Grand-Slam-Finale zu spielen.» Ausgangspunkt des Wandels war Bad Homburg, als Kerber in der Doppelrolle als Turnierbotschafterin und Spielerin einen lange ersehnten Titel feierte. Anschließend verlor sie nur noch zweimal – gegen die Weltranglistenerste Ashleigh Barty. Auf die Australierin könnte Kerber bei den US Open erst im Endspiel treffen.
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