Kreuzkröten und Sandeidechsen gehören für gewöhnlich nicht zum Geschäftsbereich eines Sebastian Vettel.
In Zandvoorts geschützter Dünenlandschaft aber kommt die Formel 1 bei ihrer Rückkehr nach 36 Jahren nicht an der Debatte um Umweltschutz und Klimawandel vorbei. Also sagt Vettel, der inzwischen so etwas wie das Gewissen der aktuellen Rennfahrer-Generation ist, mit angemessen besorgter Miene: «Was wir als Menschheit machen, ist vermutlich nicht genug. Und wenn wir so weitermachen, haben wir keine Zukunft.»
Fahrrad-Protest gegen Zandvoort-Gastspiel
Da würden wohl auch die Aktivisten von «Extinction Rebellion» zustimmen, die für Sonntag vor dem Großen Preis der Niederlande (15.00 Uhr/Sky) zu einem Fahrrad-Protest gegen das Gastspiel der Rennserie aufgerufen haben. Teilnehmer sollen sich als einheimisches Dünentier kostümieren, durch deren Lebensraum die 1948 erbaute Rennstrecke führt. Die Formel 1 sei der «Inbegriff unnötiger Emissionen, Naturzerstörung und Vetternwirtschaft, die unsere Zukunft bedrohen», wettern die Umweltschützer.
So weit wiederum geht Vettel in seiner Kritik nun nicht. Sicher, die Formel 1 habe bisher nur einen ersten Schritt in eine grüne Zukunft getan, sagt der 34-Jährige. Ein «sinnhafterer» Rennkalender mit weniger Reisen kreuz und quer durch die Welt, stärkere Müllvermeidung und die Erziehung des Publikums zu einem umweltbewussteren Verhalten müssten folgen, mahnt Vettel. Aber er sagt auch: «Ich glaube, dass es einen Platz für die Formel 1 gibt, vorausgesetzt, die Formel 1 geht die richtigen Dinge an und macht die richtigen Schritte.»
Bis 2030 klimaneutral?
Schon vor einiger Zeit haben die Chefs der Rennserie ihren Plan für eine nachhaltige Formel 1 vorgelegt. Bis 2030 will die Königsklasse des Motorsports klimaneutral sein, auch dank «ultraeffizienter Logistik» und der Nutzung erneuerbarer Energien. Kern ist ein unter dem Strich emissionsfreier Brennstoff zum Antrieb der Boliden. «Wir haben schon jetzt den effizientesten Hybridmotor der Welt. Wir haben nur einen sehr schlechten Job gemacht, das zu kommunizieren», sagt Formel-1-Sportdirektor Ross Brawn.
In der Tat gibt die Formel 1 weiter ein ziemlich leichtes Ziel für Umwelt- und Klimaschützer ab, obwohl die Rennserie schon zum Selbschutz früher als andere Sportveranstalter grüne Projekte angestoßen hat. Nur mithilfe der Gerichte darf der Grand Prix in Zandvoort am Wochenende gefahren werden, nachdem Klagen wegen der Eingriffe in die Natur und der erhöhten Schadstoff-Belastung abgewiesen wurden.
Ausnahmezustand in Zandvoort
Wenn 75.000 meist in orange gekleidete Fans des Lokalhelden Max Verstappen den 17.000-Einwohner-Ort an der Nordsee zur Partyzone machen und die Rennwagen mit 1000 Pferdestärken durch die Steilkurven jagen, liegt Kritik am ökologischen Fußabdruck des weltumspannenden Formel-1-Zirkus nahe. «Aber die Regierung macht ja dafür eine Ausnahme», schimpft «Extinction Rebellion». Während Festivals und Großveranstaltungen derzeit wegen der Corona-Folgen in den Niederlanden verboten sind, erhielt die Formel 1 für das Spektakel in Zandvoort Grünes Licht.
Weltmeister Lewis Hamilton kann die Rufe nach einem Wandel verstehen, meint aber: «Am Ende ist es nicht meine Aufgabe, eine Präsentation zu halten und zu erklären, was die Formel 1 tut. Die Formel 1 hat bereits die Maßnahmen dargelegt, die sie bis 2030 unternehmen will.»
Der WM-Spitzenreiter hat sich vor einigen Jahren von seinem Privatflieger getrennt und wirbt inzwischen selbst für Klima- und Tierschutz. Der Mercedes-Superstar bittet aber auch um etwas Geduld: «Natürlich ändern sich die Dinge nicht über Nacht. Und ich denke, es ist gut, dass die Formel 1 Verantwortung dafür übernimmt, dass sie sich verändern muss.»
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