An diesem Traumtag schwappte die Euphorie beim VfL Bochum förmlich über. Zu den Klängen von Herbert Grönemeyers Hymne über die Stadt «tief im Westen» feierten die Helden des Bundesliga-Aufsteigers mit ihren Fans das 2:0 (1:0) gegen den FSV Mainz 05 hüpfend und ausgelassen.
«Geil. Das ist es, wofür jeder Fußballer lebt. Jedes Kind, dass draußen Fußball schaut, möchte dieses Feeling eines Tages auch mal erleben», sagte der restlos begeisterte Torschütze Sebastian Polter.
Die Zahlen alleine dokumentieren die Dimension des Sieges für den Traditionsverein aus der Revierstadt, wo Stahlproduktion Geschichte und der Autobauer Opel mittlerweile abgezogen ist. Bis zum Samstag waren 4207 Tage seit dem letzten Heimsieg in der Bundesliga vergangen, ein 2:1 am 13. Februar 2010 gegen die TSG Hoffenheim. Am Ende jener Saison stieg der VfL ab, die Fans gingen auf die Barrikaden. Im Mai dann die triumphale Rückkehr, die Menschenmassen auf den Zufahrtsstraßen zum Stadion im Teillockdown sorgten bundesweit für Aufsehen.
Feiertagsstimmung in Bochum
Ein ähnliches Bild zeigte sich dann am Samstag. Tags zuvor hatten Bochumer Fans die Zufahrtsstraßen zum Stadion mit hunderten blau-weißer Dreiecksfähnchen beflaggt. Im Stadion herrschte unter den 12.548 Zuschauern Schützenfeststimmung. Es passte, dass das 1:0 von Gerrit Holtmann (21.) nach einem unwiderstehlichen Solo eines der Marke «Tor des Monats» war und das 2:0 Sebastian Polter (56.) erzielte, der erst vor einer Woche von Fortuna Sittard nach Bochum gekommen war.
Nach dem Schlusspfiff war der Jubel ohrenbetäubend. Die größte Anerkennung erhielt der Verein, der mit Recken wie dem neuen Hansi-Flick-Mitarbeiter Hermann Gerland, Ata Lameck, Lothar Woelk oder Jupp Tenhagen einst als unabsteigbar galt, vom Mainzer Trainer Bo Svensson. «Bochum wird eine sehr gute Rolle in der Bundesliga spielen. Das habe ich schon vorher gewusst», sagte Svensson, dessen Team vor Wochenfrist trotz größter Personalsorgen wegen der Quarantäne mehrerer Spieler RB Leipzig mit 1:0 bezwungen hatte und in Bochum nie an die Leistung anknüpfen konnte.
Trainer Reis als Baumeister
Baumeister dieses erfrischenden und scheinbar wettbewerbsfähigen Teams ist Thomas Reis. «Nach elf Jahren 2. Liga geht nicht alles von heute auf morgen. Wir wollen nicht nur ein Jahresabo haben, sondern länger in der Liga bleiben», sagte der VfL-Trainer. Nahezu alles hat der 47-Jährige beim VfL gemacht, Spieler unter anderem unter Trainer Klaus Toppmöller, Jugendtrainer, Scout oder auch Marketing-Mitarbeiter. Reis weiß daher, welche Wirkung sportlicher Erfolg haben kann – und, dass das auch schnell in die Hose gehen kann.
So nutzte der einstige Defensivspieler die Reise ins ZDF-Sportstudio nach Mainz am späten Samstagabend, um vor einem Millionen-Publikum ein wenig Dampf rauszunehmen. «Die Fans haben sehr lange darauf gewartet, die Stadt war geschmückt, das war grandios», sagte er. «Die Jungs dürfen auch mal feiern, aber irgendwann ist die Feier vorbei. Wir müssen immer seriös und realistisch bleiben.»
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