22. November 2024

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«Unmenschlich»: Olympioniken klagen über Hotel-Quarantäne

Die Hotel-Quarantäne bei den Olympischen Spielen ist für viele der betroffenen Athleten schwer zu ertragen. «Unmenschlich» seien die Zustände. Der DOSB zeigt bei allem Mitgefühl aber auch Verständnis.

Kampf um Frischluft, Betteln um besseres Essen und Yogastunden per Videoschalte zum Zeitvertreib: Die olympische Isolierstation in Tokio wird für corona-infizierte Athleten zur schwer erträglichen Belastungsprobe.

«Das ist psychisch total anstrengend, ganz sicher mehr, als viele Menschen aushalten können», sagte die niederländische Skateboarderin Candy Jacobs in einer Video-Botschaft aus dem Quarantänehotel, nachdem sie sich nach eigenen Angaben nach sieben Tagen erstmals eine Viertelstunde an einem offenen Fenster erstritten hatte. «Unmenschlich» sei das.

Nur Reis mit Sojasoße

Auch Radsportler Simon Geschke, der als erster deutscher Olympionike positiv auf das Virus getestet worden war, kritisierte in mehreren Interviews die Bedingungen in der ihm zugewiesenen Unterkunft. Auch er dürfe kein Fenster öffnen, habe kaum Bewegung und an den ersten Tagen als Veganer fast nur Reis mit Sojasoße essen können, erzählte er. Dann erhielt er vom Deutschen Olympischen Sportbund ein Ernährungspaket sowie ein Rad samt Rolle für sein Zimmer. «Es ist ein wenig wie im Hamsterrad, aber es fühlt sich großartig an», twitterte Geschke am Mittwoch dankbar.

DOSB-Präsident Alfons Hörmann zeigte zwar Mitgefühl und versprach weitere Anstrengungen, um Geschke so bald wie möglich aus der Quarantäne zu befreien. Der Chef des Dachverbands sagte der Deutschen Presse-Agentur zu den grundsätzlichen Maßnahmen der japanischen Behörden aber auch: «Als Verantwortungsträger und Delegationsleiter sage ich: Es ist gut und richtig und wichtig, dass so konsequent agiert wird.» Das stringente Vorgehen der Organisatoren finde die «uneingeschränkte Zustimmung» des DOSB. «Auch wenn man als Mensch sagt: Verdammt, es ist sehr lästig», fügte Hörmann hinzu.

«Inakzeptabel»

Andere Töne schlugen indes die Niederländer an. «Inakzeptabel» seien die Umstände in der Hotel-Quarantäne für die Sportler, sagte der Technische Direktor der Oranje-Delegation, Maurits Hendriks. Neben dem eher auf japanische Bedürfnisse abgestimmten Essen beklagte der Spitzenfunktionär die geringe Größe der Zimmer, in denen kein Fenster geöffnet werden darf, und den Mangel an Tageslicht.

Auf diese Bedingungen seien die Verbände trotz umfassender Handbücher zu den Corona-Maßnahmen vorher nicht ausreichend vorbereitet worden, schimpfte Hendriks. Frühestens am achten Tag und nach zwei negativen PCR-Tests können die Athleten die Quarantäne verlassen. «Wir haben nie Informationen über Quarantäneprotokolle erhalten, die wir angefordert haben», sagte er. Hendriks kündigte eine Beschwerde beim Internationalen Olympischen Komitee an. Eine Stellungnahme des IOC und der japanischen Olympia-Macher gab es zunächst nicht.

Athleten schwer genervt

Schwer genervt hatte zuletzt auch der amerikanische Beachvolleyballer Taylor Crabb von seinem Quarantäneleben in der Olympiastadt berichtet. 23 Stunden pro Tag müsse er in seinem Zimmer verbringen, nur zum Essenholen dürfe er kurz ins Erdgeschoss. Schönste Ablenkungen seien für ihn die Yogastunden mit seiner Mutter bei Facetime-Video, erzählte der 29-Jährige aus Hawaii.

«Dieser Trip ist der wildeste, den ich je mitgemacht habe, und ich hoffe, ich muss so etwas nie wieder durchmachen», sagte die Holländerin Candy Jacobs. Ihre mit Sturheit erstreikten Minuten am geöffneten Fenster beschrieb sie mit den Worten: «Diese ersten Atemzüge frischer Luft waren der traurigste und schönste Moment meines Lebens.»

Von Christian Hollmann und Florian Lütticke, dpa