23. November 2024

Sport Express

Express-Sport direkt aus der Arena

Biles spricht über mentale Probleme – Turn-Gold an Russland

Nach einem Gerät ist Schluss. US-Star Simone Biles bricht den Team-Wettbewerb in Tokio ab. Zunächst wird über den «medizinischen Grund» gerätselt - ehe Biles über mentale Probleme spricht.

Spät am Abend in Tokio konnte Simone Biles ihre Tränen nicht mehr zurückhalten. Die viermalige Olympiasiegerin wurde immer wieder von ihren Teamkolleginnen getröstet, als sie über die Gründe ihres Rückzugs vom Mannschaftsfinale der Turnerinnen sprach, der die Sportwelt überraschte.

«Ich muss mich auf meine psychische Gesundheit konzentrieren. Wir müssen Körper und Geist schützen», sagte sie. Zuvor hatte die Star-Turnerin nur noch zugeschaut, wie die US-Athletinnen Silber hinter den überglücklichen Russinnen geholt hatten.

«Es nervt einfach, wenn man mit seinem eigenen Kopf kämpft», sagte die 24 Jahre alte Biles und löste damit auch in den Sozialen Medien eine Welle der Anteilnahme aus. Die, die an Olympischen Spielen teilnehmen, sagte sie, seien «nicht nur Athletinnen und Athleten, am Ende des Tages sind wir Menschen».

Gold an russische Turnerinnen

Biles hatte bereits nach dem Sprung ihren Wettkampf abgebrochen und wurde von einer Ersatzturnerin vertreten. Für das US-Team war dann die russische Riege zu stark, die mit 169,528 Punkten Gold holte. Die USA (166,096) verpassten den dritten Olympiasieg nacheinander. Platz drei belegte Großbritannien mit 164,096 Zählern.

Russische Turnerinnen hatten zuletzt 1992 in Barcelona mit der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten Team-Gold gewonnen. Die deutschen Turnerinnen waren nur Zuschauerinnen im Finale, das Elisabeth Seitz, Kim Bui (beide Stuttgart), Sarah Voss (Köln) und Pauline Schäfer (Chemnitz) als Neunte in der Ausscheidung mit 161,162 Punkten verpasst hatten. Vor fünf Jahren in Rio de Janeiro hatte die deutsche Riege den sechsten Platz belegt.

Ciles kam für Biles

Im Fokus stand Biles. Für ihren Sprung hatte die 24-Jährige zuvor die für sie ungewohnt niedrige Wertung von 13,766 Punkten bekommen. Anschließend verließ sie mit dem Mannschaftsarzt der Amerikanerinnen die Halle, in die sie kurze Zeit später mit einer Bandage am rechten Bein zurückkehrte. In den Startlisten wurde sie fortan mit einen «R» für Reserve geführt, der Turn-Weltverband bestätigte kurz darauf das Aus im Team-Finale.

Am zweiten Gerät, dem Stufenbarren, wurde Biles von der als Ersatzfrau in der Startliste aufgeführten Jordan Chiles ersetzt. Die Ausnahmeturnerin sollte eigentlich an allen vier Geräten antreten. Später gab der US-Verband bekannt, dass Biles sich «aus einem medizinischen Grund» zurückgezogen habe. «Sie wird täglich untersucht, um die medizinische Freigabe für zukünftige Wettbewerbe zu bestimmen», hieß es.

Biles-Start im Mehrkampf-Finale offen

Während der Pressekonferenz, als sie wieder etwas gefasster wirkte, sagte Biles, sie sei nicht verletzt. Ihr Start im Mehrkampf-Finale am Donnerstag ist offen. «Morgen haben wir so etwas wie eine kleine Trainingspause, es ist schön, einen Tag Ruhe für den Kopf zu haben», sagte sie und sprach weiter über das schwierige Thema möglicher mentaler Probleme. Sie traue sich selbst nicht mehr so, wie sie es mal getan habe, sagte sie. Sie wisse nicht, ob es am Alter liege, aber sie werde nervöser, wenn sie turne: «Ich habe auch das Gefühl, dass ich nicht mehr so viel Freude habe.»

Schon in der Qualifikation am vergangenen Sonntag hatte Biles nicht die in sie gesetzten Erwartungen erfüllen können. Allerdings war sie trotz zahlreicher Schnitzer Beste des Vierkampfes aus Boden, Schwebebalken, Sprung und Stufenbarren gewesen.

Auf Instagram hatte sie sich am Montag über den enormen Druck beklagt. «Es war kein einfacher Tag oder mein Bestes, aber ich bin durchgekommen. Ich fühle mich wahrhaftig als hätte ich zur Zeit die Last der Welt auf meinen Schultern. Ich weiß, ich bürste es ab und lasse es so aussehen, als würde der Druck keinen Einfluss auf mich haben, aber verdammt, manchmal ist es hart hahaha. Olympia ist kein Witz», schrieb sie.

Von Martin Kloth, dpa