Die Hochwasserkatastrophe in Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Bayern stürzt den gesamten Sport in eine nächste Notlage.
«Gerade jetzt, wo es dem Sport in der Corona-Krise wieder besser geht, ist das ein neuer Tiefschlag. Ein ganz herber Rückschlag», sagte Alfons Hörmann, der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), der Deutschen Presse-Agentur. Neben vielen Vereinen, Schulen und Betreibern von Hallen und Anlagen in den drei Bundesländern ist auch der Bob- und Rodelsport betroffen.
Ob die älteste Kunsteisbahn der Welt am Königssee jemals wieder aufgebaut wird – daran hat der dreimalige Olympiasieger Felix Loch seine Zweifel. «Ich habe die Befürchtung, dass es länger dauert. Ich glaube, wir reden hier von drei oder vier Jahren, bis wieder etwas funktioniert», sagte der 31-jährige Rodler. «Man kann nur hoffen, dass die Bahn wieder aufgebaut wird. Die Bahn steht dort schon sehr lange, da gab es immer Konflikte, auch im Hinblick auf Nachhaltigkeit.»
Hörmann: Schäden über 100 Millionen Euro
Die Bestandsaufnahme der Schäden an Sportstätten laufe parallel zu den Olympischen Spielen mit Hilfe der betroffenen Landessportbünde, sagte Hörmann kurz vor dem Abflug nach Tokio. «Ich bin davon überzeugt, dass die Politik es zu würdigen weiß, wie wichtig auch Hilfen für den Sport sind», sagte der 60-Jährige.
Der DOSB hatte bereits am Freitag eine Soforthilfe von 100.000 Euro als Basis für betroffene Vereine zur Verfügung gestellt. Hörmann geht von Schäden in Höhe von über 100 Millionen Euro aus – «da braucht man kein Prophet sein, wenn man die Bilder sieht.» Unzählige Fußballplätze oder Leichtathletikanlagen sind zerstört, Wassersportzentren auf unabsehbare Zeit nicht nutzbar. Viele Sportarten sind betroffen.
Am Königssee, wo im Winter Bobs, Rennrodel und Skeletons in rasender Geschwindigkeit unterwegs sind und es im Sommer eher ruhig zugeht, waren am Montag Bagger, Kipper und Räumfahrzeuge mit Schiebeschild unterwegs. Zahlreiche Helfer von Bundeswehr und Technischem Hilfswerk unterstützten die Bahnarbeiter bei den ersten Aufräumarbeiten nach dem schweren Unwetter am Wochenende, das die Bob- und Rodelbahn am Leistungszentrum Berchtesgaden/Königssee schwer in Mitleidenschaft gezogen hat.
«Unsere Aufräumarbeiten können warten. Wir haben der Gemeinde angeboten, dass die Leute, die hier aktiv sind, zuerst den betroffenen Menschen in unserer Region helfen. An der Bahn muss keiner wohnen», betonte Generaldirektor Thomas Schwab vom Bob- und Schlittenverband für Deutschland (BSD).
Harter Schlag für den Nachwuchs
Wie hoch die Schäden, die er in einer ersten Stellungnahme mit einem zweistelligen Millionenbetrag beziffert hatte, wirklich sind, kann Schwab noch nicht sagen. An den Aufbauplänen und der Wiedereröffnung im Oktober 2022 hält er fest.
Für die Wintersportler steht die Olympia-Saison mit den Spielen im Februar in Peking an. «Na klar müssen wir uns jetzt etwas anders aufstellen, Pläne umstellen. Aber wir haben drei weitere Bahnen in Deutschland, auf die wir ausweichen können. Und unser Olympia-Training machen wir ohnehin den ganzen Oktober in Peking», sagte Bob-Bundestrainer René Spies.
Auch die ehemalige Weltklasse-Rennrodlerin und -Bobpilotin Susi Erdmann war entsetzt. «Wie diese Naturgewalt diese stabile Betonwand weggespült hat, das war schon Wahnsinn», sagte sie bei Sport1. Der Wiederaufbau werde zu einer großen Herausforderung. «Man weiß nicht, wo die Gelder herkommen», meinte die mehrfache Weltmeisterin. «Das wird Auswirkungen ohne Ende haben», befürchtet Erdmann. Und: «Das zieht alles einen Rattenschwanz nach sich.»
Hart trifft es den Nachwuchs. «Für den ist es eine Katastrophe», sagte Natalie Geisenberger, die bei Olympia vier Goldmedaillen gewonnen hat. «Letzten Winter konnten die Kids wegen Corona nicht trainieren und jetzt das – einfach unfassbar.» Ihr Kollege Loch gab zu bedenken: «Wo sollen denn die jetzt die Motivation herholen weiterzumachen? Da bricht jetzt extrem viel weg.»
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