28. November 2024

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Kreise: DFB-Vertrag mit Lufthansa wird beendet

Der Deutsche Fußball-Bund und die Lufthansa beenden ihre Partnerschaft. Gespräche mit einem möglichen Nachfolger hat es bereits gegeben - und das sorgt für Kritik. Im Fokus steht wieder die Debatte um die Menschenrechtslage in Katar.

Die deutschen Nationalspieler standen Arm in Arm auf dem Rasen, auf ihren schwarzen Shirts prangte in großen weißen Buchstaben die Botschaft Richtung Katar. «Human rights» – Menschenrechte.

Gut dreieinhalb Monate nach der von der Mannschaft initiierten Aktion sorgen Berichte über Gespräche bezüglich einer möglichen Partnerschaft des Deutschen Fußball-Bundes mit der staatlichen Fluggesellschaft des international zuletzt wieder kritisierten WM-Gastgebers 2022 für Aufsehen. Passt der Kontakt nach Katar zur klaren Positionierung von Manuel Neuer, Leon Goretzka und Co.?

Konkrete Verhandlungen mit Qatar Airways wurden nach dpa-Informationen bislang nicht aufgenommen, die Fluglinie hatte den Kontakt zum DFB gesucht. Dass Qatar Airways im Gespräch ist, hatte zuerst die «Süddeutsche Zeitung» berichtet. Wie auch die «Bild am Sonntag» schrieb, hatte das DFB-Präsidium am vergangenen Donnerstag den Beschluss zum vorzeitigen Vertragsende mit dem bisherigen Partner Lufthansa zum 31. Dezember gefasst. Offiziell bestätigten dies weder der Verband noch die größte deutsche Fluggesellschaft, die eigentlich bis ins Jahr 2022 an Bord bleiben sollte.

Die Berichte über den Kontakt zu Qatar Airways sorgten in den vergangenen Tagen auch innerhalb des DFB für großen Wirbel. Zuständig ist der kleinere DFB-Präsidialausschuss, der das große Präsidium nach dpa-Informationen bislang nicht über die Gespräche informiert hatte. Der Fluglinien-Partner ist für den DFB von enormer Bedeutung – und bringt viel Geld. Im vergangenen Jahr musste die wegen der Corona-Pandemie höchst angeschlagene Lufthansa mit einem Milliarden-Paket der Bundesregierung gerettet werden. Die Auswahl für den DFB bei der Nachfolge-Suche dürfte nicht besonders groß sein.

Der SPD-Innenpolitiker und niedersächsische Sportminister Boris Pistorius nannte es «beschämend», dass «ein angeblich gemeinnütziger Verein wie der DFB, der die Nationalmannschaft für Human Rights Position beziehen lässt, mit derart fragwürdigen Sponsoren verhandelt». Der «Welt» sagte er zudem, dass der Verband «offensichtlich völlig den Kompass verloren» und «sich auf direktem Weg ins gesellschaftliche Abseits» manövriere. Ein Vertragsabschluss wäre «ein verheerendes Signal für den deutschen Fußball insgesamt».

Für den stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Thorsten Frei wäre eine Debatte «eine schwere Belastung für die Nationalmannschaft bei der kommenden Weltmeisterschaft». Von einem «völlig falschen Signal an die Herrschenden in Katar» sprach der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken, André Hahn.

«Der DFB muss sich der Außenwirkung solcher Verhandlungen deutlich bewusst werden», sagte Gyde Jensen (FDP), die Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, der «BamS» zu den Katar-Gesprächen. «Auf dem grünen Rasen für Menschenrechte zu demonstrieren und dann Sponsorenverträge mit der staatlichen Airline eines Landes anzustreben, in dem die Menschenrechtslage äußerst fragil ist, passt schwerlich zusammen.»

Qatar Airways ist im Sport und speziell im Fußball ein globaler Sponsor. Kritiker werfen dem Emirat sogenanntes «Sportswashing» vor – die Aufbesserung des eigenen Images mithilfe des Engagements im Sport. Unter anderem ist das Staatsunternehmen des reichen Emirats offizieller Partner des Weltverbands FIFA und auch des FC Bayern München.

Der deutsche Rekordmeister fliegt regelmäßig ins Winter-Trainingslager nach Katar. Die Verantwortlichen verweisen darauf, dass gerade dank der Partnerschaft für Verbesserungen in Katar gesorgt worden sei. «Bevor der FC Bayern mit Katar ins Geschäft kam, haben wir die Bundesregierung gefragt, ob es ein Problem ist, mit Katar Geschäfte zu machen», sagte Ehrenpräsident Uli Hoeneß im Sport1-«Doppelpass». «Da haben die gesagt: Auf keinen Fall, das ist ein guter Wirtschaftspartner für den FC Bayern.»

Neuerliche Berichte über die Menschenrechtslage sowie die Bedingungen für ausländische Arbeiter auf den vielen Baustellen im WM-Gastgeberland hatten die internationale Kritik zu Jahresbeginn wieder verstärkt. Der britische «Guardian» hatte gemeldet, seit der Vergabe der WM im Jahr 2010 seien mehr als 6500 ausländische Arbeiter in Katar gestorben. Die Regierung des Emirats hatte die Vorwürfe deutlich zurückgewiesen, Katars Regierungsmitglied Thamer Al Thani verwies im Gespräch der Deutschen Presse-Agentur zuletzt auf «bedeutende Fortschritte» in dem Land.

Bei den ersten WM-Qualifikationsspielen im März hatten mehrere Nationen die große Öffentlichkeit genutzt, um für die Einhaltung aller Menschenrechte zu demonstrieren. Die deutsche Nationalmannschaft stand vor der ersten Partie gegen Island im Duisburger Stadion Arm in Arm und nutzte auch die weiteren beiden Spiele, um auf das Thema aufmerksam zu machen.

«Wir haben natürlich die WM vor uns», hatte Goretzka gesagt. «Ich finde, dass man solche Momente nutzen kann. Norwegen hat es auch gemacht. Wir haben da eine große Reichweite», so der Nationalspieler. «Die können wir wunderbar nutzen, um ein Zeichen zu setzen für Werte, für die wir stehen wollen.» In Norwegen war während der EM auf einer Verbandssitzung über einen Boykott der Katar-WM diskutiert worden – ein entsprechender Antrag wurde abgelehnt.

Von Jan Mies, Florian Lütticke, Christian Kunz und Holger Schmidt, dpa