Die großen Turniere des internationalen Fußballs – seit Jahrzehnten geht es nicht nur um Emotionen, Tore, Sieg und Niederlage. Es geht auch ums Geld, ganz besonders auch für die Ausrüster.
Sportartikelhersteller wie Adidas, Nike oder Puma nutzen das Schaufenster, um neueste Sportmode und Innovationen einem Millionenpublikum vorzustellen. Adi Dasslers legendäre Schraubstollen trugen der Legende zufolge 1954 zum «Wunder von Bern» bei – und traten danach einen kommerziellen Siegeszug an.
Trikots spülen Geld in die Kassen
Heute ist es vor allem der Trikotverkauf, der den Sportartiklern Geld in die Kassen spült. In der finanziellen Gesamtbetrachtung ist der direkte Einfluss eines großen Turnieres wie der aktuellen Fußball-Europameisterschaft für die zu Großkonzernen emporgewachsenen Sportschuhschmieden zwar verhältnismäßig bescheiden. Dennoch ist das Spektakel nicht zuletzt dank seiner hohen Einschaltquoten und dem Rummel um einzelne Spieler eine wichtige Bühne, auf der sich vor allem Adidas und Nike seit Jahren einen scharfen Wettkampf liefern.
Diesmal lief es für den deutschen Branchenriesen nicht ganz so gut, doch bei Adidas gibt man sich gelassen. «Der kommerzielle Nutzen der Fußball-Europameisterschaft ist überschaubar, das war von Anfang an klar», sagt eine Sprecherin. Mit oder ohne EM sei 2021 ein gutes Jahr für Adidas. «Die Freude am Spiel war ein entscheidendes Argument dafür, das Turnier auszutragen. Die Menschen freuen sich, dass der Sport endlich wieder da ist», erklärt die Sprecherin. Außerdem habe der Sport eine enorm hohe Sichtbarkeit und Reichweite. «Auch deshalb ist Fußball für uns als Kategorie strategisch sehr wichtig.»
Starke Umsätze trotz Corona
Adidas-Vorstandschef Kasper Rorsted hatte den Umsatz, den sein Unternehmen mit Fußball-EM und Olympischen Spielen in diesem Jahr zusammen erwirtschaften wird, auf 50 bis 70 Millionen Euro beziffert. Insgesamt machte Adidas selbst im Krisenjahr 2020 einen Umsatz in Höhe von 19,8 Milliarden Euro. Der große Rivale Nike macht keine konkreten Angaben dazu, wie viel seiner Einnahmen in Verbindung mit Sport-Events entstehen. Insgesamt setzte Nike im Geschäftsjahr bis Ende Juni konzernweit 44,5 Milliarden Dollar (37,5 Mrd Euro) um – trotz Corona-Krise sogar 19 Prozent mehr als im Vorjahr.
Fest steht: Der Trikotverkauf lief für den weltweit zweitgrößten Sportartikelhersteller Adidas zuletzt nicht wie erwünscht. Die Trikots der deutschen Mannschaft, die sogar ihr Turnier-Quartier auf dem Adidas-Gelände aufgeschlagen hatte, avancierten nach dem Aus des Teams von Joachim Löw sogar zum Ladenhüter. Die Folge: Die Trikots in Weiß oder Schwarz sind inzwischen im Adidas-Online-Shop für 45 Euro zu haben. Vor wenigen Wochen mussten Fans noch mindestens 90 Euro, manchmal sogar 130 Euro berappen.
Dabei habe sich die Nachfrage zunächst noch sehr gut entwickelt, heißt es vom Unternehmen, das acht Teams bei der EM unter Vertrag hatte. Nach dem überzeugenden deutschen Sieg gegen Portugal sei sie sogar nach oben gesprungen – besonders das Trikot mit dem Namenszug von Robin Gosens auf dem Rücken sei begehrt gewesen, sagt die Adidas-Sprecherin. «Die Mannschaft spielt ja beispielsweise auch die kommenden WM-Qualifikationsspiele in den aktuellen Trikots, und wir glauben an den Erfolg der Mannschaft. Insofern werden die Trikots auch weiterhin im Verkauf erhältlich sein», betont sie.
Puma-Team kann Europameister werden
Wer im kleinen Herzogenaurach vom großen Adidas-Campus quer durch den Ort blickt, sieht beim Lokalrivalen Puma fröhlichere Gesichter. Der kleinere der beiden großen deutschen Sportartikel-Hersteller hatte bei der Europameisterschaft vier Mannschaften als Ausrüster unter Vertrag: Italien, Österreich, Schweiz und Tschechien – alle vier kamen in die K.o.-Runde. Und Italien steht sogar im Endspiel und hat gute Chancen, Europameister zu werden. «Im Allgemeinen freut es uns, dass nach so langer Pause die Fans wieder Sport erleben können und dass sich die Stimmung deutlich verbessert hat. Dies wirkt sich auch positiv auf die Nachfrage nach Trikots aus», sagt ein Firmensprecher.
Als großer Gewinner unter den Ausrüstern dürfte jedoch Nike aus dem Turnier hervorgehen. Der Adidas-Erzrivale hat sein Engagement bei Fußballtrikots auf Clubebene reduziert und stattet mittlerweile nur noch eine exklusive Auswahl von Spitzenteams wie den FC Barcelona, Paris Saint-Germain, FC Liverpool, Inter Mailand oder RB Leipzig aus. Bei der Europameisterschaft trumpft der US-Konzern jedoch groß auf. Mit England spielt eines der erfolgreichsten Teams in Nike-Trikots. Im Mutterland des Fußballs ist die Euphorie um den Finaleinzug riesig, was die Merchandising-Verkäufe ordentlich ankurbeln dürfte.
Auch sonst hat der weltgrößte Sportartikel-Hersteller die Nase als Ausrüster bei dem Turnier vorn – insgesamt trugen 9 der 24 Teilnehmer Nike-Jerseys, darunter Titelverteidiger Portugal mit Superstar Ronaldo und Weltmeister Frankreich. Die Amerikaner halten zudem noch einen weiteren Trikot-Trumpf in der Hinterhand: In Brasilien haben sie auch einen der Finalisten bei der Copa America unter Vertrag, dem zweiten großen Fußballevent dieses Sommers.
Auf Nachfrage machte Nike noch keine Angaben zu den bisherigen Einnahmen aus Trikot-Verkäufen und der Bedeutung großer Sportveranstaltungen wie Fußballturnieren oder den Olympischen Spielen als Umsatztreiber. Inwieweit das Unternehmen von diesem Rummel profitiert, dürfte erst der nächste Quartalsbericht im September zeigen. Doch Nike schürte bereits hohe Erwartungen, Finanzchef Matt Friend stellte im Juni ein im Jahresvergleich zweistelliges Wachstum der konzernweiten Erlöse in Aussicht.
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