Die deutschen Nationalspieler sind nach dem Achtelfinal-K.o. schon im Urlaub. Doch mehr als ein ganzes Team aus der Bundesliga spielt bei der Fußball-EM weiter. Und die Chance, dass die deutsche Top-Liga bald mindestens einen aktuellen Europameister stellt, ist groß.
Denn in sechs von acht Viertelfinalisten spielt mindestens einer von noch 27 Bundesliga-Profis. Nur Italien und die Ukraine kommen ohne Verstärkung aus Deutschland aus.
BVB stellt sieben Spieler
Besonders präsent ist Borussia Dortmund, das quasi das erste Fernduell gegen Serienmeister FC Bayern gewann. Denn während die 14 Bayern-Profis – acht Deutsche, vier Franzosen, der Pole Robert Lewandowski und der (jetzt abgewanderte) Österreicher David Alaba – allesamt raus sind, stellt der BVB sieben Spieler in vier Teams. Den noch als Stuttgarter ins Turnier gegangenen Schweizer Gregor Kobel mitgerechnet, sind es sogar acht. In jedem der vier Viertelfinals ist mindestens ein Dortmunder vertreten.
Die Kehrseite der Medaille für den BVB: Während ihr neuer Trainer Marco Rose acht Spieler erst spät in der Vorbereitung begrüßen kann, kann der neue Bayern-Coach Julian Nagelsmann seine 13 EM-Rückkehrer schneller als gedacht einbauen. Im Falle eines Endspiels Deutschland gegen Frankreich hätten zwölf Bayern-Stars große Teile der Vorbereitung verpasst.
Die Dortmunder sehen die Sache aber positiv. «Ich werde die Mannschaft nur step by step kennenlernen können, weil ein paar Jungs zum Glück noch EM spielen dürfen», sagte Rose bei seiner Vorstellung am Donnerstag: «Aber wir drücken allen die Daumen, dass sie so weit wie möglich kommen und mit einem guten Gefühl zurückkehren.»
Dass die Bundesliga auch ohne die Bayern so breit vertreten ist, stärkt ihren Ruf. Der ohnehin gut ist, wie Lutz Pfannenstiel erklärt. «Die Bundesliga wird europaweit als Top-3-Liga betrachtet. Nicht nur in Ländern wie der Schweiz oder Österreich, sondern auch in großen Teilen Osteuropas wird sie als die Liga überhaupt gesehen, mindestens nach der englischen Premier League», sagt Pfannenstiel, der auf allen Kontinenten spielte, derzeit den Aufbau des MLS-Profiteams St. Louis City in den USA leitet und bei der EM als Experte unter anderem für die britische BBC und den Schweizer Sender SRF dabei ist.
Bundesliga wird geschätzt
«Dass die Bayern sowieso immer Meister werden, ist zwar schädlich für das Interesse», sagt Pfannenstiel der dpa: «Aber die Bundesliga wird geschätzt für ihre Stärke und Breite nach den Bayern. Vor allem genießt sie einen großartigen Ruf als Ausbildungsliga, in der junge Spieler sich schnell auf der großen Bühne beweisen können.»
In der Tat sind die verbliebenen Bundesliga-Profis selten die Top-Stars ihrer Teams. Sehr oft aber doch tragende Säulen. Die dpa schaut auf ihre Stellung in den Teams.
Schweiz (12 Bundesliga-Spieler): Bis auf Ersatzkeeper Kobel und den Mainzer Edimilson Fernandes wurden schon alle Bundesliga-Spieler eingesetzt. Fünf von ihnen waren in allen vier Partien dabei. Gladbachs Yann Sommer wurde während des Turniers zum Rekord-Torhüter der Eidgenossen und zum Helden im Elfmeterschießen gegen Frankreich. Der Frankfurter Steven Zuber rückte mit vier Tor-Vorlagen bei einem Turnier zu den EM-Rekordhaltern auf. Dortmunds Manuel Akanji und der Gladbacher Nico Elvedi sind in der Defensive gesetzt, Augsburgs Ruben Vargas überzeugte als Joker gegen Frankreich.
Belgien (4): Das BVB-Trio überzeugt bisher. Thomas Meunier zeigt nach schwacher erster Saison in Dortmund ein ganz anderes Gesicht, Axel Witsel findet nach seinem Achillessehnenriss zu alter Form, Thorgan Hazard stellt bisher seinen Bruder Eden in den Schatten und erzielte im Achtelfinale gegen Portugal das goldene Tor. Hertha-Abwehrspieler Dedryck Boyata durfte zweimal ran und verdiente sich ein Sonderlob von Trainer Roberto Martínez.
Dänemark (4): Der Dortmunder Thomas Delaney spielte in allen Partien gut, ist ein wichtiger Faktor. Das gilt auch für Leipzigs Stürmer Yussuf Poulsen, der im Achtelfinale gegen Wales (4:0) aber fehlte, aber wieder fit ist. Der Hoffenheimer Robert Skov und der Schalker Ersatztorhüter Frederik Rönnow kamen noch nicht zum Einsatz.
Tschechien (4): Der Leverkusener Patrik Schick sorgte nicht nur durch sein 50-Meter-Tor gegen Schottland für Furore. Als einziger noch im Turnier befindlicher Spieler mit vier Treffern hat er die Chance, dem ausgeschiedenen Megastar Cristiano Ronaldo (Portugal/5) noch den Titel des Torschützenkönigs zu entreißen. Der Herthaner Vladimir Darida spielte bisher dreimal, der Hoffenheimer Pavel Kaderabek einmal, der Augsburger Tomas Koubek ist Ersatztorhüter.
England (2): Jude Bellingham und Jadon Sancho waren bei den Briten bisher kein Faktor. Bellingham wurde beim Turnier-Start zwar zum jüngsten Spieler der EM-Geschichte, aber schon nach einer Woche vom Polen Kacper Kozlowski abgelöst. Er spielte erst 31 Minuten bei zwei Einwechslungen, Sancho gar erst acht bei einem Einsatz.
Spanien (1): Der Leipziger Dani Olmo stand in den ersten beiden Spielen in der Startelf, rutschte dann ausgerechnet beim 5:0 gegen die Slowakei aus dem Team. Sein starker Joker-Einsatz beim furiosen 5:3 nach Verlängerung gegen Kroatien hat seine Chancen wieder erhöht.
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