23. November 2024

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Erst Vaterfreuden, jetzt EM: Referee Siebert im Hoch

Noch vor einem Jahr hätte Daniel Siebert die Fußball-EM sicher nur vor dem Fernseher verfolgt. Nach einer starken Saison ist er nun mitten drin. Am Samstag erlebt der Referee bereits seinen dritten Auftritt bei der Endrunde.

Daniel Siebert erlebt gerade aufregende Zeiten. Vor kurzem ist der deutsche FIFA-Schiedsrichter zum ersten Mal Vater geworden, nun steht für den 37-Jährigen bei seiner EM-Premiere mit dem Achtelfinale zwischen Wales und Dänemark das nächste sportliche Highlight an.

In der Partie an diesem Samstag (18.00 Uhr) in Amsterdam kommt Siebert zu seinem bereits dritten Auftritt bei der Fußball-Europameisterschaft.

Dass der Berliner bei dem Turnier neben Routinier Felix Brych, der am Sonntag im Achtelfinale zwischen Belgien und Portugal zum Einsatz kommt, die deutsche Schiedsrichtergilde vertritt, kam für viele überraschend. Auch für Siebert selbst. Immerhin gehört er (noch) nicht zum internationalen Elitezirkel der Pfeifenmänner. Entsprechend emotional war seine Reaktion auf die EM-Nominierung im April. «Das war Wahnsinn, das musste ich erst mal verarbeiten. Ich war perplex und sehr überrascht, weil ich dachte, eine Position in der zweithöchsten Kategorie schließt wohl eine EM-Teilnahme aus», berichtete Siebert unlängst in einem Gespräch des «Kicker».

Am Freitag verteilte UEFA-Schiedsrichterchef Roberto Rosetti ein Lob an seine beiden deutschen Unparteiischen. Die bisherigen Berufungen sprächen für sich, sagte der Italiener. «Sie machen es gut. Alle UEFA-Schiedsrichter machen es gut.»

Bei der Geburt dabei

Das größte Problem in der Vorbereitung war privater Art: Kurz vor der EM erwartete seine Frau das erste gemeinsame Kind. «Für mich war immer klar, bei der Geburt dabei sein zu wollen», sagte Siebert. Dafür bekam er von den Verantwortlichen der UEFA grünes Licht. Die Ablenkung in der EM-Vorbereitung hat ihn offenbar zusätzlich beflügelt. In der Vorrunde lieferte Siebert in den Partien Schottland gegen Tschechien und Schweden gegen Slowakei fehlerfreie Leistungen ab.

Noch vor einem Jahr hätte Siebert wohl keine Chance gehabt, bei der EM dabei zu sein. Erfahrene Referees wie Felix Zwayer oder Tobias Stieler wären dafür eher infrage gekommen. Doch in der abgelaufenen Saison setzte der Lehrer, der an einer Berliner Sportschule in Teilzeit Sport und Geografie unterrichtet, mit konstant guten Leistungen zum Überholmanöver an. Die Turnierverlegung wegen der Corona-Krise hat ihm in die Karten gespielt.

«Hat ein enormes Potenzial»

Die erstmalige EM-Teilnahme ist für Siebert der bisherige Höhepunkt seiner Laufbahn, die 2007 begann. Seither pfiff er 122 Bundesligaspiele. Schiedsrichter-Chef Lutz-Michael Fröhlich hält viel von dem Aufsteiger. «Er ist sehr selbstbewusst, dabei aber auch jederzeit entwicklungswillig. Er hat ein enormes Potenzial für einen absoluten Topschiedsrichter, bringt viel Fußballsachverstand in seine Spielleitungen ein und hat ein gutes Gespür dafür, wann er Spiele laufen lassen kann», lobte Fröhlich im «Kicker».

Nun will Siebert auch international den nächsten Schritt machen und sich für weitere Aufgaben empfehlen. Immerhin stehen erst vier Champions-League-Spiele und elf Länderspiele in seiner Vita als Referee. Auch wenn es bei der EM derzeit gut für ihn läuft, will Siebert aber die Bodenhaftung wahren. Denn auch er weiß: «Nach einer schlechten Spielleitung auf diesem Toplevel kann es schnell wieder in die andere Richtung gehen. Dann müsste ich mich wieder hinten anstellen.»

Von Eric Dobias, dpa