26. November 2024

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Märchen ohne Happy End: Ungarn untröstlich nach EM-Aus

Peter Gulacsi war fix und fertig. Marco Rossi spendete Trost. Aber ging das überhaupt? Ungarns Fußballer verpassen gegen Deutschland eine EM-Sensation - und sind bei der Endrunde raus. Was bleibt?

Nach dem brutalen Ende dieses so kurzen ungarischen EM-Märchens war Peter Gulacsi am Boden zerstört. Der versöhnlich lächelnde Nationaltrainer Marco Rossi nahm den bitter weinenden Andras Schäfer in den Arm und versuchte, ihn zu trösten.

Ungarns Fußballer haben nach dem Herzschlagfinale gegen Deutschland (2:2) die K.o.-Runde der Fußball-Europameisterschaft verpasst. In einer Hammergruppe mit Joachim Löws Mannschaft, Weltmeister Frankreich und Titelverteidiger Portugal erarbeiteten sich die Magyaren aber Respekt ohne Ende.

Das Weiterkommen «wäre nicht nur historisch, sondern ganz unglaublich, unvorstellbar gewesen», meinte der Italiener Rossi nach dem Kraftakt in München am Mittwochabend. «Aber auch die schönsten Märchen haben nicht unbedingt ein Happy End.» Erst Leon Goretzka (84. Minute) beendete Ungarns EM-Träume, nachdem der Mainzer Adam Szalai (11.) und der später untröstliche Schäfer (68.) die dicke Chance auf das Erreichen des Achtelfinales eröffnet hatten.

«Bin stolz auf die Mannschaft»

«Ich bin stolz auf die Mannschaft, ich bin stolz, sie zu trainieren. Ich habe den Jungs gratuliert und gesagt, dass wir den Kopf oben behalten müssen», sagte Rossi mit Blick auf die WM-Qualifikation in zwei Monaten. So weit hinaus schauten seine Spieler aber nicht.

Der Frust packte die Ungarn um Torwart Gulacsi, der beim ersten Ausgleich von Kai Havertz (66.) unglücklich agiert hatte. Bitter, denn in den beiden Partien gegen Portugal (0:3) und Frankreich (1:1) vor jeweils rund 55.000 frenetischen Fans in Budapest hatte der Keeper von RB Leipzig wie ein Titan gehalten. «Es ist schwer, Worte zu finden», sagte Gulacsi, der nach dem Kräftemessen an der Isar fix und fertig war. «Am Ende war es auch Pech.»

Fünf Jahre nach dem Einzug ins Achtelfinale steht das harte Aus in der Vorrunde. Rossi aber lobte den Mut seiner Mannschaft, die nicht zuletzt ohne den wegen Formrückstands aus dem Aufgebot gestrichenen Regisseur Dominik Szoboszlai (RB Leipzig) spielerisch zu wenig bot. Das aber mit Entschlossenheit und Hingabe wettzumachen versuchte.

«Ich will ehrlich sein: Ich selbst bevorzuge offensiven Fußball, aber wir müssen uns bewusst sein, gegen wen wir spielen», räumte Rossi mit Blick auf die Hochkaräter ein. «Mich beeindruckt, dass die Spieler alles getan haben, was ich von ihnen verlangt habe. Wir haben ohne Angst vor dem Gegner gespielt, dafür muss ich mich bedanken.»

Überschwängliches Echo

Das Echo in der Heimat war überschwänglich. «Die ungarische Auswahl zauberte in München, doch fürs Weiterkommen reichte es nicht», schrieb «Nemzeti Sport» am Donnerstag. «Die EM ist für die Unsrigen zu Ende. Der Zauber bleibt mit uns.»

«Nepszava» zollte ebenfalls Respekt: «Unter der Leitung des Maestros Marco Rossi erhob sich die Auswahl aus großen Tiefen auf ein lange nicht gesehenes Niveau. Ihre physische Leistung und ihr taktisches Können bewegten sich bei diesem EM-Turnier in ungewohnten Bahnen.» Am Ende seien jedoch die defensiven Patzer zu schwerwiegend gewesen.

Rossi, dessen Vertrag noch bis Dezember 2025 läuft, hatte vor der Endrunde einen Sieg und ein Unentschieden als maximales Ziel ausgegeben. Am Ende wurden es zwei Punkte, die sich aber nach deutlich mehr anfühlen durften.

«Wir haben gegen die Franzosen geführt, wir haben in München zweimal gegen Deutschland geführt, und wir haben zweimal unentschieden gespielt, das ist eine beispiellose Leistung in der jüngeren Geschichte», befand Rossi, ehe er mit seinen geschlagenen Spielern den Flieger in die Heimat betrat. «Die Jungs haben etwas geleistet, an das man sich noch in Jahren erinnern wird.»

Von Martin Moravec und Gregor Mayer, dpa