24. November 2024

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Der ungeliebte Trainer: Fodas schwerer Stand in Österreich

Erstes EM-Achtelfinale mit Österreich: Eigentlich müssten sie Franco Foda in der Alpenrepublik auf Händen tragen. Doch der Trainer wird immer noch kritisch beäugt.

So ausgelassen hat man Franco Foda noch nicht häufig gesehen. Völlig losgelöst und euphorisch feierte der Trainer der Österreicher den historischen Sieg von Bukarest, durch den das Team Austria erstmals überhaupt bei einer Fußball-EM das Achtelfinale erreicht hat.

Foda ballte die Faust, schrie seine Freude in die TV-Kameras und machte zusammen mit den Spielern die Welle vor den mitgereisten Fans. «Das sind die schönen Tage im Fußball. Wir wollten Geschichte schreiben, das haben wir geschafft», sagte Foda nach dem 1:0 gegen die Ukraine.

Seinen Platz in den Geschichtsbüchern des österreichischen Fußballs hat Foda damit sicher, den in den Herzen der Österreicher aber noch lange nicht. Seit Herbst 2017 ist der 55-Jährige für das Nationalteam Österreichs verantwortlich, und praktisch seit diesem Zeitpunkt steht er auch in der Kritik. Als «bieder, ernst und humorlos» bezeichnete ihn das Fußball-Magazin «Ballesterer» zuletzt. «Foda begreift Fußball als ein Spiel der Fehlervermeidung», lautete die Kritik.

Die Erwartungen sind hoch

Und das in einer Zeit, in der sie in Österreich davon überzeugt sind, eine Art Goldene Generation zu haben. Spieler wie David Alaba, Marcel Sabitzer, Konrad Laimer oder Stefan Lainer sammelten zuletzt mit den Clubs in der Champions League europäische Erfahrung, ein Marko Arnautovic hat auch einen Namen von internationalem Klang. Insgesamt 21 Spieler aus dem aktuellen EM-Kader stehen bei deutschen Clubs unter Vertrag. Die Erwartungen in der Alpenrepublik sind riesig. Auch und vor allem an Foda. «Es war extrem viel Druck auch für ihn», sagte Leipzigs Sabitzer am Mittwoch im Trainingscamp in Seefeld in einer Medienrunde.

Foda selbst versucht, die große Erwartungshaltung nicht an sich heran zu lassen. «Ich habe 14 Tage keine Zeitung gelesen», sagte er rund um den Showdown gegen die Ukraine. «Ich bin ein Mensch, der seine Entscheidungen alleine mit seinem Trainerteam treffen will. Ich wollte mich von nichts beeinflussen lassen.»

Gegen die Ukraine gelang ihm das sehr gut. Mit der Versetzung von Kapitän Alaba auf die linke Seite und der Hereinnahme von Florian Grillitsch lag er zwei Mal goldrichtig. «Das ist ein Tag, an dem die Arbeit des Teamchefs beurteilt wird», konstatierte Herbert Prohaska als Fußball-Chefkritiker der Nation im ORF. «Und heute sind wir zufrieden», sagte Österreichs Fußball-Legende. «Franco Foda hat einen sehr großen Anteil an diesen Leistungen bei der EM», lobte auch Sportdirektor Peter Schöttel den in Mainz geborenen, aber seit vielen Jahren in Österreich lebenden Coach, der vor den Spielen fleißig die Nationalhymne mitsingt.

Kommt jetzt der nächste Meilenstein?

Dabei stand der langjährige Bundesligaprofi von unter anderem Kaiserslautern, Leverkusen und Stuttgart im März noch kurz vor dem Aus. In der WM-Qualifikation gab es eine heftige 0:4-Heimniederlage gegen Dänemark, die Kritik richtete sich danach vor allem gegen den Trainer und seine in den Augen von Fans und Medien zu defensive Spielweise.

«Wir haben einen schweren Lehrgang im März hinter uns mit dem 0:4 gegen Dänemark. Danach haben wir viel geredet, viele Kleinigkeiten geändert, und diese Maßnahmen scheinen gefruchtet zu haben», sagte nun Schöttel über die schwierige Zeit wenige Monate vor der EM. Zwar lief es auch in der unmittelbaren EM-Vorbereitung nicht gut, doch nun kommen die Österreicher immer besser in Schwung.

Im Achtelfinale gegen Italien wollen Alaba und Co. für den nächsten Meilenstein in der österreichischen Fußball-Geschichte sorgen. Gelingt die Sensation von Wembley, schließen ja vielleicht auch die Fans ihren Frieden mit dem Trainer, der sich selbst schon als «halber Österreicher» bezeichnet. Dass sein Vater Italiener ist, macht das Spiel für Foda zusätzlich besonders. Er selbst sagte: «Wir freuen uns einfach auf diese Herausforderung gegen die bislang beste Mannschaft im Turnier.»

Von Lars Reinefeld, dpa