Nach dem hochemotionalen Abend im Parken Stadion wartete in der Kabine noch eine Nachricht auf die dänischen Spieler. Sie kam von Christian Eriksen selbst.
«Christian hat in unsere WhatsApp-Gruppe geschrieben. Er schrieb uns, dass wir unglaublich waren», erzählte der Stürmer Martin Braithwaite vom FC Barcelona. Die dänische Fußball-Nationalmannschaft hat das erste Spiel nach dem dramatischen Zusammenbruch ihres besten Spielers zwar trotz einer frühen Führung noch mit 1:2 (1:0) gegen den WM-Dritten Belgien verloren. Dennoch begannen die 25.000 Zuschauer in Kopenhagen gleich nach dem Schluss zu applaudieren und hörten damit auch minutenlang nicht auf.
Leidenschaftlicher Auftritt der Dänen
Der ganze Abend war eine einzige emotionale Botschaft an den 29-jährigen Eriksen, der seit einem Herzstillstand in der ersten Partie gegen Finnland (0:1) in einem Krankenhaus liegt und dessen Überleben und dessen Botschaften an seine Teamkollegen die Dänen trotz der Niederlage zu einem leidenschaftlichen Auftritt antrieben.
«Ich kann nicht beschreiben, welchen Stolz ich für diese Mannschaft empfinde», sagte Trainer Kasper Hjulmand. «Nachdem sie fast ihren besten Freund verloren hätten, sind sie heute auf den Platz gegangen und haben ein solches Spiel abgeliefert.»
Belgier De Bruyne zu stark
Das einzige, was die Dänen nicht hatten, war ein Mittel gegen den belgischen Topstar Kevin De Bruyne, dessen Einwechselung zu Beginn der zweiten Halbzeit dieses Spiel entschied. Zweieinhalb Wochen nach seinem Augenhöhlen- und Nasenbeinbruch im Champions-League-Finale bereitete der 29-Jährige von Manchester City zunächst den Ausgleich durch den Dortmunder Thorgan Hazard (55. Minute) vor. Den Siegtreffer zum 2:1 erzielte er dann in der 71. Minute selbst.
Ein Spieler machte in dieser Partie den Unterschied und der bedeutet: Favorit Belgien ist bereits für das Achtelfinale qualifiziert und die Dänen sind nach zwei Niederlagen nur noch Gruppenletzter. Ein Weiterkommen ist für den Co-Gastgeber dieses Turniers aber immer noch möglich – wenn er am Montag sein letztes Vorrunden-Spiel gegen die Russen mit zwei Toren Abstand gewinnt und Belgien zeitgleich die Finnen schlägt. «Wir werden weiter zusammenstehen und wir werden die Russen besiegen, um in diesem Wettbewerb zu bleiben», sagte Hjulmand.
Der Leipziger Yussuf Poulsen hatte die Dänen in der zweiten Minute früh in Führung gebracht und die Gänsehaut-Atmosphäre im Parken Stadion sogar noch gesteigert. Denn für die Dänen war es bei der Rückkehr an den Ort ihres Dramas der erwartet emotionale Abend. In dem Stadion, in dem der 29 Jahre alte Eriksen am vergangenen Samstag beim Auftaktspiel gegen Finnland (0:1) auf dem Spielfeld zusammengebrochen und wiederbelebt worden war, wurden seine Teamkollegen diesmal schon beim Aufwärmen bejubelt.
Unterbrechung nach zehn Minuten
An den Tribünen hingen Plakate wie «Hele Danmerk er med dig, Christian» (Ganz Dänemark ist mit dir, Christian). Nach zehn Spielminuten unterbrach Schiedsrichter Björn Kuipers aus den Niederlanden dann sogar die Partie, damit alle Zuschauer und Spieler noch einmal lautstark für Eriksen applaudieren konnten.
Dänemarks Trainer Kasper Hjulmand hatte am Vortag noch davor gewarnt, dass diese riesige Welle der Unterstützung seine Spieler auch überfordern könnte. Doch tatsächlich passierte dann das, was Kapitän Simon Kjaer schon am Nachmittag in seiner Grußbotschaft an die Fans vorweggenommen hatte: «Wir werden den Platz mit Christian in unseren Herzen betreten», schrieb der Abwehrchef vom AC Mailand. Dass es Eriksen wieder besser gehe, sei «die größte Motivation für uns alle».
Starker dänischer Start
Das setzte bei den Dänen so viele Kräfte frei, dass sie mit sportlichen Mitteln regelrecht über die Belgier herfielen und sich leidenschaftlich in jeden Ball und jeden Zweikampf warfen. Es waren gerade 99 Sekunden gespielt, da traf Poulsen mit einem präzisen Flachschuss ins Eck. Es war das zweitschnellste EM-Tor der Geschichte nach dem Russen Dmitri Kiritschenko, der 2004 gegen Griechenland schon nach 65 Sekunden getroffen hatte.
Die Dänen agierten wie aufgedreht und ließen die Belgier überhaupt nicht zur Entfaltung kommen. Joakim Maehle, Daniel Wass und Mikkel Damsgaard hätten die Führung vor der Pause ausbauen können. Die Belgier um ihren mit Eriksen befreundeten Stürmerstar Romelu Lukaku blieben in der ersten Halbzeit dagegen ohne Torchance.
Doch dann kam De Bruyne, der den EM-Auftakt gegen Russland (3:0) noch verpasst hatte. Der frühere Bundesliga-Profi des VfL Wolfsburg bereitete mit einem Querpass sofort den Ausgleich durch Thorgan Hazard vor. Wenig später gab auch Axel Witsel nach 159 Tagen sein Comeback. Der Mittelfeldspieler von Borussia Dortmund hatte sich Anfang Januar beim Spiel in Leipzig die Achillessehne gerissen.
Aus Respekt kein Jubel
Es war aber vor allem De Bruyne, der dem belgischen Spiel die zuvor vermissten Impulse gab. Der Blondschopf dirigierte nicht nur, sondern traf auch selbst mit einem Flachschuss ins kurze Eck zur Führung. Aus Respekt vor Eriksen bejubelte er seinen Treffer nicht.
«Meine Mannschaft hat einen unglaublichen Charakter und eine große Stärke gezeigt», sagte Belgiens Trainer Roberto Martinez. Und an die Adresse seines Matchwinners fügte er noch hinzu: «Kevin ist ein großartiger Spieler. Es ist nicht nur sein Talent. Es ist auch die Art, wie er arbeitet und wie er seinen Fähigkeiten vertraut.»
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