Marko Arnautovic hatte Redebedarf, und das Thema hätte kaum heikler sein können. «Ich bin kein Rassist und werde niemals einer sein», sagte der 32-Jährige in Seefeld, als es eigentlich um den historischen Sieg der Österreicher vom Vorabend in Bukarest gehen sollte.
Doch Arnautovic erschien unangekündigt zu einem Medientermin der ÖFB-Auswahl des deutschen Trainers Franco Foda – wohl auch, um zu versuchen, die Vorwürfe aus der Welt zu schaffen. Sein emotionaler Jubel nach seinem Tor zum 3:1 (1:1)-Endstand gegen Neuling Nordmazedonien hatte für harsche Kritik gesorgt, Arnautovic soll einen gegnerischen Spieler beleidigt und dabei auch rassistische Äußerungen getätigt haben.
Redebedarf von Arnautovic
«Es war ein Wortgefecht in den Emotionen, von der einen wie von der anderen Seite», sagte der für seine emotionalen, zuweilen extravaganten Auftritte bekannte Stürmer. Politik oder Rassismus hätten dabei aber definitiv keine Rolle gespielt. «Meine Freunde, die zu meiner Familie herangewachsen sind, sind von überall auf der Welt», sagte er.
Die Vorwürfe überlagerten zumindest zeitweise das, was die Österreicher keine 24 Stunden zuvor geschafft hatten. «Episch», ein «Sieg für die Geschichte», schrieb die «Kronen»-Zeitung nach dem Sieg gegen den EM-Debütanten. Im siebten Versuch war Österreich der erste Sieg bei einer Fußball-Europameisterschaft gelungen. Es soll nicht der letzte bleiben.
Auftaktziel erreicht
«Wir haben unser erstes Ziel erreicht», sagte der künftige Real-Madrid-Star David Alaba, der ungewohnt auch im Nationaltrikot wie mehrfach beim FC Bayern das Spiel als zentraler Innenverteidiger organisiert hatte. «Da wollen wir weitermachen.» Gemeint war der Einzug in die K.o.-Runde, und weil auch die vier besten Gruppendritten ins Achtelfinale einziehen, ist ein Sieg dafür schon einmal eine sehr gute Voraussetzung.
«Es ist extrem wichtig, dass du gut rein startest», sagte Leipzigs Marcel Sabitzer, der mit einem starken Pass das 1:0 des Gladbachers Stefan Lainer (18. Minute) vorbereitet hatte. In der kniffligen Gruppe C warten am Donnerstag (21.00 Uhr) in Amsterdam Mitfavorit Niederlande und am 21. Juni wieder in Bukarest die Ukraine. Ihr Teamquartier haben die Österreicher im heimischen Seefeld.
Für die mit viel Bundesliga-Erfahrung besetzten Österreicher scheint mehr möglich als bei den bitteren Vorrunden-Pleiten 2008 und 2016. Alaba, Sabitzer, auch Lainer und Leipzigs Konrad Laimer – Foda hat mehrere Spieler, die den Unterschied in engen Spielen ausmachen können. Und im Sturm zwei Joker, die in der Arena Națională ihre ganz persönlichen, und wie sich herausstellte, sehr unterschiedlichen Geschichten schrieben.
Spieler-Reaktionen
«Das bedeutet mir heute die Welt. Für mein Land bei einer Europameisterschaft getroffen zu haben, das ist unbeschreiblich», sagte Michael Gregoritsch, der zum 2:1 getroffen hatte (78.). Der 27-Jährige hat keine leichte Zeit hinter sich nach torlosen Monaten als Ergänzungsspieler in Augsburg und zuvor auf Schalke. «Ich hab‘ noch keine Kinder – aber ich stell mir das gleich schön vor wie Kinder kriegen», sagte der Stürmer über seinen perfekten EM-Start.
Bei China-Legionär Arnautovic wird sich nun zeigen müssen, wie er mit den heiklen Vorwürfen umgeht. Getroffen hatte er in der 89. Minute. Nicht nur von Foda gab es am Sonntagabend warme Worte für den enorm ehrgeizigen 32-Jährigen, der vor Jahren auch mal für Werder Bremen gespielt hatte und inzwischen in Shanghai sein Geld verdient. «Er ist nicht nur auf dem Platz wichtig, sondern auch außerhalb», sagte Alaba. «Wir wissen genau, was wir an Marko haben.» Dass sich Arnautovic über den Bankplatz womöglich sehr geärgert hat, sei auch verständlich. «Wir wollen immer spielen», sagte Alaba.
Lob von Rekordnationalspieler Matthäus
Der deutsche Rekordnationalspieler Lothar Matthäus lobte als Experte der «Kronen»-Zeitung derweil die Leistung der Österreicher und rät zu mehr Einsätzen von Alaba als Chef-Organisator in der Abwehrkette. «Ich hoffe, dass das irgendwann mal aufhört, den Alaba hin und her zu schieben auf verschiedene Positionen», sagte Matthäus. Die Rolle des 28-Jährigen als eine Art Libero passte gegen Nordmazedonien, das nach dem Sensationssieg in der WM-Qualifikation Ende März in Deutschland aber gar nicht so weit weg war von der nächsten Überraschung.
«Bitte macht mir einen Gefallen, vermeidet diese Fehler in Zukunft», sagte Matthäus über das zwischenzeitliche 1:1, das Nordmazedoniens Altstar Goran Pandev (28.) unter Mithilfe der da schwachen Abwehr der Österreicher erzielt hatte. «Weil die anderen Gegner werden doch ein bisschen mehr Qualität haben», sagte Matthäus.
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