7. Februar 2025

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Turn-Skandal weitet sich aus: Justiz ermittelt gegen ehemaligen Trainer

Turn-Skandal weitet sich aus: Justiz ermittelt gegen ehemaligen Trainer

Die Justiz hat Ermittlungen gegen einen ehemaligen Trainer des Stuttgarter Kunstturnforums aufgenommen, im Zuge von Missbrauchsvorwürfen von Turnerinnen.

Der Turn-Skandal hat nun auch rechtliche Konsequenzen. Das Landeskriminalamt Baden-Württemberg hat Ermittlungen gegen einen früheren Trainer des Stuttgarter Kunstturnforums aufgenommen, nachdem mehrere Turnerinnen Missbrauchsvorwürfe erhoben haben. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart bestätigte, dass ein Verfahren wegen des Verdachts der Nötigung in mehreren Fällen eingeleitet wurde.

Durchsuchungen und gesicherte Unterlagen

Am Donnerstagvormittag wurden in mehreren Objekten Durchsuchungsmaßnahmen durchgeführt, bei denen Unterlagen sichergestellt wurden, die nun ausgewertet werden. Laut Informationen der dpa wurden unter anderem die Geschäftsstelle des Schwäbischen Turnerbunds (STB) sowie das Kunstturnforum durchsucht. Auch am Sitz des Deutschen Turner-Bundes (DTB) in Frankfurt am Main fanden Durchsuchungen statt. Die beiden Verbände gaben an, dass sie als Dritte in den Ermittlungen betroffen sind und weder sie noch Verantwortliche des DTB oder STB Beschuldigte im laufenden Verfahren sind. Sie begrüßten die strafrechtliche Aufarbeitung.

Missbrauchsvorwürfe und Reaktionen

Der Missbrauchsskandal im deutschen Turnen hat in den letzten Wochen an Bedeutung gewonnen. Angefangen von den ehemaligen Auswahlathletinnen Tabea Alt und Michelle Timm, haben zahlreiche Turnerinnen seit kurz vor Weihnachten schwere Vorwürfe gegen die Bedingungen am Bundesstützpunkt in Stuttgart erhoben. Kritisiert wurden unter anderem systematischer körperlicher und mentaler Missbrauch sowie katastrophale Trainingsbedingungen.

Die öffentlichen Aussagen führten zu vielfältigen Reaktionen. Das Kultusministerium Baden-Württemberg forderte die Entwicklung konkreter Schutzmaßnahmen für die Zukunft. Der Deutsche Olympische Sportbund bezeichnete die Vorwürfe als besorgniserregend und erwartet eine umfassende Aufarbeitung.

Fokus auf Mannheim und die Rolle von Elisabeth Seitz

Auch der Stützpunkt in Mannheim geriet in den letzten Wochen in den Fokus der Ermittlungen. Hier wurden strenge und autoritäre Trainingsmethoden kritisiert. Die deutsche Rekordmeisterin Elisabeth Seitz erhob kürzlich ebenfalls öffentliche Vorwürfe über Missstände in Mannheim und gab an, dass sie diese bereits 2014 dem DTB gemeldet habe.

Seitz, die zuvor in Mannheim trainiert hat, fordert eine umfassende Aufklärung und betonte die Wichtigkeit, dass nur die „richtigen und guten Leute“ im DTB und im Turnen bleiben sollten. „Die, die nicht richtig sind in diesem Verband oder in diesem Sport, müssen gehen. Erst wenn das passiert, haben wir die Chance, wirklich etwas zu verändern“, sagte die frühere Europameisterin und WM-Dritte.

Aufklärung und Maßnahmen des DTB und STB

Der Deutsche Turner-Bund (DTB) und der Schwäbische Turnerbund (STB) arbeiten weiterhin an der Aufklärung der Vorwürfe. Mitte Januar wurde eine Kanzlei aus Frankfurt am Main engagiert und ein unabhängiger Expertenrat eingesetzt. Ein Trainer-Duo wurde vorübergehend von der Tätigkeit im Stuttgarter Kunstturnforum freigestellt.

Die ehemalige Bundestrainerin Ulla Koch hat ihr Amt als Vizepräsidentin des DTB vorübergehend niedergelegt, um einen optimalen Aufarbeitungsprozess zu ermöglichen. DTB-Präsident Alfons Hölzl betonte in einem Interview, dass es auch im Spitzensport ohne starken Drill geht, und forderte einen respektvollen Umgang im Training.