Der 3. Februar 2023 hat das Leben von Mike Glemser unwiderruflich verändert. Der damalige Eishockeyspieler stürzte im Oberligaspiel zwischen seinen Starbulls Rosenheim und dem SC Riessersee nach einem Foul von Gegenspieler Jan Niklas Pietsch mit dem Kopf voran in die Bande. Glemser brach sich dabei den vierten und fünften Halswirbel. Er lag zehn Tage im künstlichen Koma und kann seitdem Arme und Beine nicht mehr bewegen.
Der querschnittsgelähmte Glemser muss seither intensiv betreut werden. Im Sommer vergangenen Jahres reichte er beim Landgericht München II eine Klage gegen seinen Gegenspieler Pietsch auf Schmerzensgeld ein. Pietsch hatte für den Bandencheck eine fünfminütige Strafzeit erhalten.
822.000 Euro Streitwert
Glemser fordert, dass Pietsch «sämtlichen materiellen Schaden aus dem Unfall» zu bezahlen hat. Der Streitwert für das Verfahren wurde damals auf insgesamt 822.000 Euro beziffert, was sich aus Schmerzensgeld und einem Feststellungs-Antrag zusammensetzt.
In Garmisch-Partenkirchen kommt es heute (11.10 Uhr) zu einer Güteverhandlung. Für den Termin sind 10 bis 15 Minuten vorgesehen. Es wird keine endgültige Gerichtsentscheidung geben. Entweder kommt es zu einem Vergleich oder das Verfahren geht weiter. Aber im letzten Fall: mit welchen möglichen Konsequenzen?
Kann der Fall Grundsatzwirkung haben?
«Es gibt zahlreiche Urteile in verschiedenen gefahrträchtigen Sportarten, die bisher nicht dazu geführt haben, dass sich die Sportart verändert. Die Wirkung von Urteilen, die in Extremfällen Schadensersatz und Schmerzensgelder zusprechen, sollte nicht überschätzt werden», sagte Thomas Summerer, Präsident der Deutschen Vereinigung für Sportrecht, der Deutschen Presse-Agentur.
In dem vorliegenden Fall seien jedoch «sehr hohe Summen im Spiel, und es gibt eine breite mediale Berichterstattung über den Prozess. Daher ist nicht auszuschließen, dass ein stattgebendes Urteil den einen oder anderen Profisportler veranlasst, seinen Kampfgeist auf dem Spielfeld in Zukunft zu zügeln», erläuterte der Sportrechtler weiter.
Eishockey gehört wie auch Fußball zu Sportarten mit einem erheblichen Gefahrpotenzial. «Bei diesen gefährlichen Sportarten gilt der Grundsatz, dass jeder Teilnehmer diejenigen Verletzungen, selbst mit schwersten Folgen, in Kauf nimmt, die auch bei Ausübung nach den anerkannten Regeln der jeweiligen Sportart nicht zu vermeiden sind», erklärte Summerer.
Es gibt vergleichbare Fälle
Anders sei es jedoch «bei grob fahrlässiger Regelwidrigkeit. In solchen Fällen kommt eine Haftung des Schädigers in Betracht, wenn er die Grenze zwischen noch gerechtfertigter Härte und unfairem Regelverstoß überschritten hat. Die Beweislast liegt beim Geschädigten. Maßgeblich ist nicht die Entscheidung des Schiedsrichters, sondern die unabhängige Verschuldensprüfung durch das Gericht», erläuterte der Sportanwalt weiter.
Der Fall Glemser vs. Pietsch ist nicht beispiellos. Das Oberlandesgericht München habe schon in einem Urteil aus dem Jahr 1989 die Haftungsmaßstäbe konkretisiert und in dem damaligen Eishockey-Fall auf Schmerzensgeld erkannt, bemerkte Summerer. «Auch das Amtsgericht Düsseldorf hat in einem Fall aus dem Jahr 2007 nach einem unkorrekten Körperangriff und Check gegen die Bande eine Schadensersatzpflicht bejaht und Schmerzensgeld in Höhe von 2.500 Euro zugesprochen.»
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