Luka Modric war der Hype um seine Person zu viel. Als der kroatische Fußball-Nationalheld unter lauten «Luka, Luka»-Rufen das Volksparkstadion in Neuruppin betrat, wich er den euphorischen Blicken der Fans regelrecht aus. Mehr als ein verlegenes Lächeln hatte der 38 Jahre alte Publikumsliebling nicht übrig für die Kinder, die beim Einlaufen auf den Trainingsplatz Spalier standen. Auch als ein Flitzer für Selfies über den Rasen rannte, blickte Modric erst einmal demonstrativ nach unten.
Der Weltfußballer von 2018 ist das Herz und er ist die Seele der Kroaten. Ein Mensch der großen Worte ist der quirlige Spielmacher nicht. Die Komfortzone des Mittelfeld-Regisseurs von Champions-League-Sieger Real Madrid ist der Platz – und genau dort soll er seine Kroaten erstmals bei einer Fußball-EM ins Halbfinale schießen. «Wir sind hier, um Großes zu erreichen. Wir haben es in den letzten Jahren mehrfach bewiesen, dass wir zu den Top-Teams des internationalen Fußballs gehören», befand Modric.
Zum Auftakt warten am Samstag (18.00 Uhr/ARD und MagentaTV) Modrics Amigos aus Spanien. Weitere Gegner in der oft titulierten Todesgruppe sind Italien und Albanien. «Das stört uns nicht, dass die anderen die Favoriten sind und wir nur der Geheimfavorit», berichtete Modric.
Legendenstatus und eine Briefmarke
Vize-Weltmeister 2018, Dritter vier Jahre später in Katar. Das kleine Land mit nur etwas mehr Einwohnern als Berlin hat sich den Status des Geheimfavoriten erspielt. Und die Menschen von der Adria legen all ihre Hoffnungen in Modric. «Er ist der größte kroatische Fußballspieler aller Zeiten. Er ist die Verkörperung eines wahren Athleten. Er ist jemand, zu dem jeder aufschauen muss und von dem jeder lernen kann. Wenn Luka in der Nähe ist, sind wir alle bessere Fußballspieler und bessere Menschen im Allgemeinen», adelte Nationaltrainer Zlatko Dalic und erhöhte damit die ohnehin schon schwere Last auf Modrics Schultern.
Als der Mittelfeld-Dirigent 2006 sein Debüt in der Nationalmannschaft gab, war das deutsche Sommermärchen noch nicht einmal geschrieben. Über 170 Länderspiele später hat Modric Legendenstatus in seinem Heimatland. Sogar eine eigene Briefmarke wurde ihm gewidmet. «Wenn mir damals jemand ein Blatt Papier gegeben hätte, um meine Karrierewünsche aufzuschreiben, dann hätte ich Angst gehabt, als das aufzuschreiben, was ich jetzt erreicht habe», sagte Modric, der oft mit Benjamin Button verglichen wird. «Der seltsame Fall des Benjamin Button» ist ein Film über einen Mann, der kurioserweise nicht altert, sondern immer jünger wird.
Angst verspürt die Konkurrenz nicht, doch der Respekt bei der Furia Roja ist riesig. «Ich hoffe, dass es am Samstag nicht sein Spiel wird. Er ist einer der Besten der Welt», rühmte Abwehrspieler Dani Carvajal in der «Marca» seinen Teamkollegen von Real Madrid. Auch RB Leipzigs Dani Olmo, der selbst einige Jahre in Zagreb spielte und in Kroatien hoch angesehen ist, stieg in die Lobhudelei mit ein und nannte Modric «ein Idol».
Privataudienz beim Papst
Über ein Karriereende in der Nationalmannschaft nach der EM wird seit Monaten spekuliert. Niemand kann sich vorstellen, dass Modric bei der WM 2026 als 40-Jähriger noch dabei sein wird. «Nach Luka wird es eine Wachablösung geben. Aber solange Luka hier ist, nennen wir es ‚die goldene Generation’», äußerte Dalic. Auch Teamkollege Domagoj Vida will sich eine Zeit ohne Modric nicht vorstellen. «Es fällt mir schwer, darüber zu sprechen, Luka wird selbst entscheiden, was das Beste für ihn ist», sagte der Abwehrspieler.
Ein großer Titel mit dem Nationalteam fehlt Modric noch, während er mit Real allein sechsmal die Champions League gewann. «Es ist ein letzter finaler Schritt, um das bestmögliche Ergebnis einzufahren», sagte Modric, der die Einheit im Team als Kroatiens größte Stärke ansieht, «ich werde nie müde, das zu wiederholen».
Nicht nur das ganze Land steht hinter Kroatien. Selbst Papst Franziskus segnete Spieler und Trainerstab. Vergangene Woche hatte die Mannschaft eine Privataudienz im Vatikan erhalten und dem Kirchenoberhaupt ein Trikot mit den Namen «Franjo» überreicht. Der Papst lobte das Wir-Gefühl bei den Kroaten. «Danke, dass Sie ein Beispiel dafür geben, wie man ein Team ist», schwärmte der Argentinier. Was soll jetzt noch schiefgehen?
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