23. November 2024

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Ungarns EM-Star: Alles schaut auf Szoboszlai

Mit 23 Jahren ist der Ex-Leipziger Dominik Szoboszlai der jüngste Kapitän bei der EM. Ungarn setzt auf seinen Topstar vom FC Liverpool - auch gegen die deutsche Mannschaft.

Als fest stand, dass Ungarn bei der Fußball-EM dabei ist, kippte Dominik Szoboszlai siegestrunken inmitten der feiernden Fans auf der Tribüne erst mal einen Schnaps. Nun versucht der 23-Jährige vom FC Liverpool als Star und Kapitän, den deutschen Vorrundengegner möglichst lange im Turnier zu halten. Trainer Marco Rossi setzt dabei große Hoffnungen in den Ex-Leipziger.

«Ich bin noch nicht nervös, aber ich frage mich auch, wie ich mich am Samstag fühlen werde, wenn der Bus ins Stadion fährt», sagte der offensive Mittelfeldspieler vor dem ersten Gruppenspiel gegen die Schweiz in Köln. «Auch wenn es jetzt etwas albern klingt, wollen wir so weit wie möglich kommen. Ich habe der Mannschaft auch gesagt, dass wir die Europameisterschaft mit dem Gedanken angehen sollen, dass wir nichts zu verlieren haben.»

Szoboszlai als Publikumsmagnet

Beim öffentlichen Training am Mittwochabend im bayrischen Weiler-Simmerberg schauten die 600 Fans vor allem auf Szoboszlai. Der schlenderte erst in Badeschlappen über den Rasen, ließ dann aber in Fußballschuhen keine Zweifel daran, dass er fit ist und gab einige Kostproben seiner knallharten, präzisen Schüsse.

Der Schreck war groß gewesen, als Szoboszlai im Testspiel gegen Israel mit Oberschenkelbeschwerden vom Platz musste. Er habe ein kleines körperliches Problem gehabt, das aber gegen die Schweiz am Samstag in Köln keine Rolle spielen werde, sagte er jetzt.

Ungarns Hoffnungsträger

Im eher defensiv angelegten Spiel Ungarns wird sehr viel auf Szoboszlai ankommen, auf seine Torgefahr, seine Energie, sein Durchsetzungsvermögen, seine genialen Momente. Ungarns internationale Erfolge sind ewig her: WM-Zweiter 1938 und – beim deutschen «Wunder von Bern» – 1954, EM-Dritter 1964 und dreimal Olympiasieger.

Die Gegenwart heißt vor allem – Szoboszlai. Der ist sich seiner Verantwortung durchaus bewusst: «Ich versuche, auf alles aufzupassen: Ich versuche, ein Vorbild zu sein und mit allem, was ein Spieler braucht, zu helfen. Aber wir sind alle füreinander da.»

«Ich denke, was ihn besonders auszeichnet, sind sein großes Selbstvertrauen und seine Zuversicht. Es geht um Selbstachtung und Selbstvertrauen, nicht um Arroganz», erklärte Rossi, dessen Team am kommenden Mittwoch in Stuttgart die deutsche Auswahl herausfordert. «Es ist etwas, das aus der Wahrnehmung seines eigenen Talents kommt, und vor allem aus dem Bewusstsein der Arbeit, die er in dieses Talent steckt.»

Verpasste EM 2021

Die EM 2021 hatte Szoboszlai wegen einer Schambeinverletzung verpasst. In der Qualifikation für Deutschland 2024 überzeugten die Ungarn mit fünf Siegen, drei Unentschieden und ohne Niederlage. Dabei erzielte Szoboszlai vier Tore und bereitet fünf vor. Beim 3:1 gegen Montenegro traf er zweimal und feierte dann die EM-Teilnahme mit dem besagten Schnaps inmitten der Anhänger – verzog dabei aber sichtbar das Gesicht.

Auch in Liverpool ist Szoboszlai längst ein Fan-Liebling. Für 70 Millionen Euro war er im vergangenen Jahr von Leipzig an die Anfield Road gewechselt. Dort trägt er das legendäre Trikot mit der Nummer acht – jenes von Clublegende Steven Gerrard.

«Das erste Jahr war hart. Ich bin nie ganz zufrieden mit mir selbst, weil man immer alles besser machen kann. Ich akzeptiere das in der ersten Saison, aber ich möchte, dass die nächste noch besser wird», sagte Szoboszlai.

Bei den Reds überzeugte der 1,87-Meter-Mann mit der bescheidenen Schuhgröße von 41 auch seinen Ex-Trainer Jürgen Klopp. Für den ist der ungarische Nationalspieler «wirklich ein ganz toller Typ. Es ist ihm sehr leicht gefallen, sich ins Team und die Kabine einzufügen. Er ist von Haus aus sehr selbstbewusst. Das hilft, aber er arbeitet auch extrem hart.»

Von Ulrike John und Kathrin Lauer, dpa