Zumindest die Fans halten dem FC Schalke 04 noch die Stange. Zum Start in die Trainingswoche auf das wichtigste Spiel seit Langem pilgerten am Dienstag mehrere hundert Anhänger des Revierclubs.
Doch auch bei ihnen war die Anspannung vor dem Spiel am Ostersonntag gegen den Karlsruher SC (13.30 Uhr/Sky) deutlich zu spüren. «Jeder weiß, wie wichtig das Spiel ist», sagte Sportchef Marc Wilmots unmissverständlich.
Die Nervosität bei den Verantwortlichen wächst von Tag zu Tag, die Angst im Umfeld ist riesig. Dem einstigen Europapokal-Dauergast, der noch vor sechs Jahren Vizemeister war, droht der zweite Abstieg in Serie. So bedeckt sich derzeit die Führung gibt, so redselig sind die besorgten Ex-Spieler des im Abstiegskampf der zweiten Liga steckenden Revier-Riesen.
«Dann bekommt man teilweise Panikattacken», berichtete der 1974er-Weltmeister Helmut Kremers im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur zu dem Auftreten Schalkes. «Ich hoffe, dass es uns nicht erwischt. Das wäre dramatisch», sagte sein Zwillingsbruder Erwin.
Weiterer Abstieg wäre «bestandsgefährdend»
Das ist nicht untertrieben. Für Schalke 04 geht es in den kommenden Wochen um die Existenz. Denn ob der Club einen Abstieg in die Drittklassigkeit überleben würde, ist fraglich. Im Geschäftsbericht wird der nicht unrealistische zweite Abstieg am Stück als «bestandsgefährdendes Risiko» für den Verein eingestuft. «Was die Drittliga-Planungen betrifft, rechnen wir damit, dass die vorläufige Erteilung der Lizenz nur unter Bedingungen erfolgen wird», sagte Finanzvorständin Christina Rühl-Hamers zuletzt. Wenn sie denn überhaupt erteilt würde.
Noch immer ist der frühere Bundesligist mit 168 Millionen Euro hoch verschuldet. Schon in der zweiten Liga ist es dem Club kaum mehr möglich, das sogenannte negative Eigenkapital von derzeit 103 Millionen signifikant zu verringern. Dabei fordert die Deutsche Fußball Liga (DFL) genau das, und zwar um fünf Prozent für das Kalenderjahr 2024. Gelingt das nicht, droht ein Punktabzug. Für das Geschäftsjahr 2023 wies der klamme Revierclub zumindest erstmals seit fünf Jahren wieder einen Gewinn in Höhe von 6,9 Millionen Euro aus.
Der wurde allerdings eingefahren, weil Schalke im ersten Halbjahr 2023 noch erstklassig war. Der Halbjahresgewinn lag damals gar bei neun Millionen Euro. Das zweite Halbjahr in der zweiten Liga war somit wieder verlustreich. Und in den unteren Ligen gibt es noch weniger Geld zu verdienen.
Acht Spieltage vor dem Saisonende ist nicht absehbar, in welcher Liga Schalke in der kommenden Saison spielt. Die traurige Wahrheit lautet: Von der zweiten bis zur vierten Liga ist alles möglich. Zwei Pünktchen beträgt der Vorsprung nach dem 2:5-Offenbarungseid zuletzt bei Hertha BSC auf den Abstiegsrelegationsrang und drei Zähler auf die direkten Abstiegsränge. Steigt Schalke sportlich ab und erhält keine Drittligalizenz, müssten die Königsblauen in der viertklassigen Regionalliga West antreten – gegen Teams wie die Reserve des SC Paderborn, den SV Rödinghausen oder den 1. FC Düren.
Baustellen überall: Finanziell, sportlich, strukturell
Zu den finanziellen Problemen kommen die sportlichen. Besonders auswärts präsentiert sich der in diesem Jahr auf fremden Plätzen noch punktlose Club nicht zweitligareif. Mit 54 Gegentoren hat der Bundesliga-Absteiger die schlechteste Abwehr der gesamten Liga. Trainer Karel Geraerts steht trotzdem zumindest nicht akut zur Disposition. «Es gibt keine Trainerdiskussion», sagte Wilmots in Bezug auf seinen belgischen Landsmann. Sollte Schalke allerdings auch daheim mal gegen den Karlsruher SC patzen und der Revierclub in der Tabelle weiter abstürzen, wird der bereits zweite Trainer in dieser Saison auf Schalke heftig wackeln. «Keiner hat eine Jobgarantie», bemerkte Wilmots denn auch.
Noch versuchen es die Königsblauen mit anderen Personalien, Reize zu setzen. Für Club-Idol Gerald Asamoah ist am Ende der Saison als Lizenzspieler-Chef Schluss. Der Posten wird eingespart. Der frühere Sportchef André Hechelmann musste nach der Wilmots-Verpflichtung bereits gehen. Coach Geraerts verbannte den erst im vergangenen Sommer geholten Transfer-Flop Timo Baumgartl in die zweite Mannschaft. «Hier war kein einziger Tag ruhig», klagte der Coach in einem Interview des Magazins «Humo» aus seiner belgischen Heimat. «Ständig kommen Geschichten ans Licht, die dem Verein schaden.»
Kein Wunder, dass der als Kaderplaner angebaggerte frühere Frankfurter Ben Manga vom FC Watford laut Medienberichten zweifeln soll, ob er wirklich ins Ruhrgebiet kommen soll.
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