Katharina Schmid konnte immerhin zusehen, wie die besten Skispringer der Welt an ihr vorbeiflogen. Mit einem Grinsen im Gesicht bewegte sich die Dreifach-Weltmeisterin über die riesige Anlage im slowenischen Planica.
Ihr eigenes Sprungwochenende war nach einem Wettbewerb von der Normalschanze bereits beendet. Schmid, früher Althaus, war bemüht, dem Abschluss des Winters etwas Positives abzugewinnen. Schließlich ging es eigentlich nur um einen Nachhol-Wettkampf für ein ausgefallenes Springen in Rumänien.
Andere Skispringerinnen waren da nicht so diplomatisch. Österreichs Eva Pinkelnig und die norwegische Rekordhalterin Silje Opseth äußerten offen, was sie davon halten, dass die Männer ein ganzes Wochenende auf der Fluganlage antreten und deutlich über 200 Meter fliegen durften – während die Frauen für einen einzelnen Wettbewerb nebenan auf die Normalschanze mussten, auf der es gerade einmal 100 Meter weit geht.
«Ein bisserl verarscht»
«Wir kriegen immer wieder gesagt, was wir alles nicht können und nicht dürfen. Es sind immer wieder Entscheidungen, die unglaublich schwer nachzuvollziehen sind. Nicht nur, was Skispringen anbelangt, sondern auch das Rundherum», sagte Pinkelnig dem ORF. Man fühle sich «auf gut Deutsch ein bisserl verarscht». Pinkelnig ist 35 und hat in den vergangenen zehn Jahren hautnah erlebt, welche Fortschritte das Frauen-Skispringen gemacht hat: Die Disziplin wurde olympisch, das WM-Programm wurde Stück für Stück erweitert, die mediale Aufmerksamkeit ist gestiegen.
Doch das genügt den Springerinnen nicht. Sie arbeiten auf Schanzengleichheit hin und fühlten sich in den vergangenen Wochen gleich mehrfach massiv zurückgeworfen. Weltrekordhalterin Silje Opseth, die in Vikersund an einem Tag 236,5 Meter (Sturz) und 230,5 Meter (Weltrekord) flog, war von den Plänen in Planica besonders getroffen.
«Wir werden tatsächlich mit Füßen getreten, haben keinen großen Wert. Die Jungs dürfen zum Skifliegen und machen das coolste Ding der Welt, und wir sind daneben auf der kleinsten Schanze. Ich muss echt sagen, das ist enttäuschend», sagte die frustrierte Norwegerin, die ihre Teilnahme für Planica absagte. Schon in Vikersund war ein windbedingt abgesagtes Springen nicht nachgeholt worden – im Gegensatz zu den Männern, die am darauffolgenden Tag einfach zwei Wettbewerbe durchführten.
Geld spielt eine Rolle
Der Grund: das Geld. Laut Fis und Renndirektorin Chika Yoshida müssen die nationalen Skiverbände den Wettbewerb finanzieren können und sind dafür oft auf eine Live-Übertragung im TV angewiesen. Diese war für die Frauen in Vikersund nicht möglich, weshalb die Springerinnen eines ihrer beiden Fliegen ersatzlos gestrichen bekamen.
Weltklasse-Skispringer Martin Schmitt sagte der Deutschen Presse-Agentur zu den Ereignissen der vergangenen Wochen: «Ich verstehe die Unzufriedenheit. Die Wirkung ist natürlich nicht gut.» Schmitt sieht aber auch die Seite der Veranstalter. Diesen fällt die Gleichberechtigung angesichts der Rentabilität oft schwerer als von den Frauen gewünscht. «Es ist eine Problematik, dass die Frauen eher kämpfen müssen. Es ist im Herren-Bereich sicherlich einfacher, ein Weltcup-Springen zu finanzieren. Das ist ein Entwicklungsprozess», sagte Schmitt.
Hannawald hält nichts von halber Tournee
Dabei geht es nicht nur um TV-Gelder, sondern auch um Zuschauerzahlen. In diesem Winter sprangen Schmid und Co. erstmals rund um den Jahreswechsel in Oberstdorf und Garmisch-Partenkirchen. Doch anders als bei den Männern waren die Stadien nicht lange im Voraus ausverkauft. Einmal 3500 und einmal 3000 Fans sahen bei den beiden Wettbewerben zu.
Die Einführung einer Vierschanzentournee für Frauen mit allen vier Stationen ist noch immer in der Schwebe. Stand jetzt sieht es nicht danach aus, dass sie im Winter 2024/25 Premiere feiert. Aktuell gibt es die «Two-Nights-Tour» mit den zwei Wettbewerben in Deutschland.
Die Springerinnen halten dies immerhin für einen ersten Schritt. Für Sven Hannawald, den letzten deutschen Gewinner des Events, ist es nicht mal das. «Wenn es eine Frauen-Tournee gibt, dann ist es die Originale. Die fängt in Oberstdorf an und hört in Bischofshofen auf. Ich halte gar nichts davon, eine Alibi-Tournee aufzustellen und dann kreuz und quer irgendwas zu machen», sagte Hannawald.
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