Mit einem zusammengeknüllten Schal des VfB Stuttgart in der Hand eilte der angezählte Clubpräsident Claus Vogt wortlos in Richtung Ausgang der Sinsheimer Arena. Der 54-Jährige hätte sich bohrenden Fragen zum eskalierten Streit in der Vereinsführung stellen müssen, statt über das euphorische 3:0 der Stuttgarter bei der TSG Hoffenheim sprechen zu dürfen. Vogt verweigerte einfach jedweden Kommentar – dabei könnte beim Fast-Absteiger der Vorsaison in diesen Tagen alles so schön sein. Die Qualifikation zur Champions League wird immer wahrscheinlicher.
In einer der vielen Stellungnahmen des Fußball-Bundesligisten zu den undurchsichtigen Querelen in der Führung sei alles gesagt worden, sagte der Vorstandsvorsitzende Alexander Wehrle reserviert im Vorbeigehen am Samstagabend. Im Kern beharken sich Vogt, der in der vergangenen Woche als Aufsichtsratsvorsitzender abgewählt worden war, das Präsidium des Stammvereins, der Vorstand der Fußball-AG und der Aufsichtsrat. Nur die Mannschaft lässt sich von der Unruhe abseits des Rasens nicht beeinflussen.
VfB-Mitglieder unzufrieden mit den Verantwortlichen
Sportdirektor Fabian Wohlgemuth hofft, dass die Woche für Woche dominanten Auftritte einen Teil dazu beitragen, «dass demnächst alle wieder an einem Strang ziehen». Der VfB sei «eben ein sehr großer Verein, der quicklebendig ist», sagte er. Und dazu gehört dann auch, «dass man verschiedene Strömungen und auch Ansichten hat. Aber auch dazu muss ich sagen und das ist auch Fakt: Nicht alles taugt zum Drama.»
Fakt ist aber auch: Ein Großteil der VfB-Mitglieder ist unzufrieden, dass ein 2017 gegebenes Versprechen gebrochen wurde. Damals erklärte Vogts Vorgänger Wolfgang Dietrich, dass ein VfB-Präsident niemals das Amt des Aufsichtsratsvorsitzenden abgeben werde. Nun wurde Vogt jedoch durch Tanja Gönner ersetzt. Auf einen Wechsel in diesem Gremium hatte der neue Investor Porsche gedrängt.
Ein Banner im Fanblock in Sinsheim sollte der Vereinsspitze angesichts des gesetzten Ultimatums als Warnung dienen. «Mitglieder verkauft & verraten. Ihr habt zwei Wochen Zeit, diesen Fehler zu korrigieren», hieß es darauf. In der Länderspielpause, die aufgrund der Nominierung eines VfB-Quartetts einen großen Grund zur Freude bieten sollte, stehen die Verantwortlichen unter Zeitdruck. Gelingt es nicht, die eigenen Fans zu besänftigen, droht am 31. März im Heimspiel gegen den 1. FC Heidenheim der nächste Protest – an dem Tag, an dem das auch für die Heim-EM umgebaute und runderneuerte Stadion feierlich eröffnet wird.
Stuttgart-Profis bei der Nationalmannschaft
Die Spieler scheinen vom Drumherum unbeeindruckt. Waldemar Anton, Chris Führich, Deniz Undav und Maximilian Mittelstädt dürfen sich im DFB-Kader bei Bundestrainer Julian Nagelsmann präsentieren. «Natürlich ist die Heim-EM ein riesengroßer Traum», sagte Stuttgarts Kapitän Anton. «Es ist wichtig, seine eigene Leistung auf den Platz zu bringen – im Training, in den Testspielen. Es ist wichtig, dass wir mit viel Selbstbewusstsein dorthin gehen.»
Daran dürfte es dem VfB-Quartett aktuell nicht fehlen. 56 Punkte und Platz drei sind eine äußerst vielversprechende Ausgangslage im Rennen um die Königsklasse, in der Stuttgart zuletzt in der Saison 2009/10 mitgespielt hatte. «Natürlich spielen wir mit dem Gedanken, der Saison-Endspurt kommt immer näher. Wir machen hier und da schon mal Witze darüber», sagte Undav.
Ob der Angreifer, der gegen Hoffenheim die Treffer von Enzo Millot (16.) und Serhou Guirassy (45. +1) auflegte, aber auch in der kommenden Saison am Neckar spielen wird, ist offen. Angesprochen auf seine Zukunft sagte die Leihgabe von Brighton & Hove Albion: «Das liegt nicht in meiner Hand, das müssen die oben entscheiden.» Vorher wird die Clubführung aber auch noch andere Entscheidungen treffen müssen, damit beim VfB auch abseits des Sportlichen wieder Ruhe einkehrt.
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