Die Euphorie beim Hamburger SV um die Verpflichtung von Steffen Baumgart als neuen Hoffnungsträger ist längst dahin. Die zweite Niederlage in Serie unter Baumgart im Zweitliga-Topspiel bei Fortuna Düsseldorf 0:2 (0:1) hat Spuren hinterlassen.
Am Wochenende wurde offensichtlich: Baumgart und der Tabellen-Dritte HSV haben ein Problem. Mal wieder ist der ersehnte Bundesliga-Aufstieg im Frühjahr in akuter Gefahr. «Wir sind weit weg von dem, wie ich mir das vorstelle», motzte Baumgart.
Auch unter dem Nachfolger des geschassten Tim Walter sind die Hamburger drauf und dran, zum sechsten Mal seit dem Abstieg 2018 trotz jährlich steigender Investitionen die Erstliga-Rückkehr zu verpassen. Das einstige Bundesliga-Dauermitglied droht zum Zweitliga-Inventar zu werden. Nach oben wuchs der Abstand auf den Stadtrivalen und Spitzenreiter FC St. Pauli auf satte zehn Punkte und auf den Zweiten Holstein Kiel auf fünf Zähler an und von unten drückt die Konkurrenz.
Fortuna nur ein Punkt hinter dem HSV
Immerhin verpasste es die SpVgg Greuther Fürth durch das üble 1:4 gegen Elversberg, mit dem HSV gleichzuziehen. Doch allein die zuletzt ebenfalls arg schwächelnde Fortuna, die gegen den HSV erst ihr zweites Spiel in diesem Jahr gewann, ist bis auf einen Zähler an die Hanseaten herangerückt.
Noch reagiert beim großen HSV der Trotz. «Sorgen mache ich mir überhaupt nicht», sagte Keeper Matheo Raab im Hinblick auf das Aufstiegsrennen. «Wenn wir in den letzten Spielen unser Herz auf dem Platz lassen, habe ich überhaupt keine Sorgen.» Diese Aussage verblüffte. Denn nicht nur in Düsseldorf gelang dies am Freitagabend überhaupt nicht. Nicht einen Schuss brachten die Hamburger im gesamten Spiel auf das Fortuna-Gehäuse. Erstmals seit 30 Pflichtspielen schoss der HSV kein eigenesr Tor. Das Spiel hätte locker 0:4 oder 0:5 ausgehen können. Schon in der Vorwoche hatten Baumgarts Hamburger daheim gegen den Tabellenletzten VfL Osnabrück (1:2) verloren. Überhaupt setzte es aus den vergangenen sieben Spielen satte fünf Niederlagen.
Konsequentes Pressing statt Ballbesitzfußball
«Es gibt eine ganze Menge, was wir verändern müssen», sagte Baumgart. Das klang deutlich realistischer. Denn der inhaltliche Fundamentalwechsel von Walter zu ihm droht die Profis zu überfordern. Nach zweieinhalb Jahren unter Walter, der strikten Ballbesitzfußball predigte, sollen die HSV-Profis nun das komplette Gegenteil zeigen. Konsequentes Pressing lautet der bekannte und beim 1. FC Köln bis ins Detail zelebrierte Baumgart-Ansatz. Ob der beim HSV funktioniert, ist allein angesichts der langen Walter-Prägung zweifelhaft.
«Natürlich ist es eine Veränderung von Tim zu Steffen», sagte Abwehrmann Sebastian Schonlau und offenbarte dann das ganze Dilemma: «Ich glaube, wir verändern gerade – besonders in unserem Offensiv-Spiel – gar nicht so viel.» Tatsächlich spielten die Hamburger in Düsseldorf das, was sie unter Walter eingeimpft bekamen – auch weil der frühere HSV- und jetzige Fortuna-Coach Daniel Thioune dem Gegner bewusst den Ball überließ. «Allerdings in Räumen, die für uns irrelevant waren», merkte Thioune an. Und dessen Kollege Baumgart zeigt sich bei seinem Ansatz wenig kompromissbereit.
«Einfach mal umsetzen, was vorher klar besprochen war», forderte Baumgart von seinem Team und kündigte in der Kommunikation einen klareren Ansatz an: «Ich muss deutlicher werden.» Ob das genügt, ist fraglich. «Wir müssen jetzt schnell wieder Stabilität ‚reinkriegen», befand Rückkehrer Laszlo Benes, der nach abgesessener Rot-Sperre auf ungewohnter Außenposition kein Faktor war. «Es weiß jeder, dass dies nicht meine Lieblingsposition ist», merkte der Slowake an, doch Baumgart blieb auch in dieser Frage stur: «Ich wüsste nicht, warum das nicht funktionieren sollte.» Neun Spiele bleiben dem HSV und Baumgart nun noch.
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