24. November 2024

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Ein Duell, das elektrisiert: Schalke und HSV unter Druck

Was für ein Spiel! Schalke gegen den HSV in der 2. Liga interessiert deutlich mehr als so mancher Erstliga-Kick. Doch beide Clubs haben Probleme. Die unterscheiden sich aktuell jedoch sehr.

Zusammen mehr als 280.000 Mitglieder, 13 deutsche Meisterschaften, acht Pokalsiege und drei Europapokal-Triumphe: Das Zweitliga-Traditionsduell FC Schalke 04 gegen den Hamburger SV am Samstagabend (20.30 Uhr/Sport1 und Sky) elektrisiert bundesweit deutlich mehr als so mancher Bundesliga-Kick.

Doch nur gut 62.000 Zuschauer können das Spiel live in der Gelsenkirchener Arena verfolgen. Der FC Schalke hätte weitaus mehr Karten absetzen können. 

«Allein die Tradition dieser Begegnung und die Tatsache, dass wir vor mehr als 60.000 Zuschauern spielen dürfen, wirken für sich. Wir haben richtig Bock, dort zu spielen und sind gut darauf eingestellt», sagte Trainer Tim Walter vom Tabellendritten HSV. Derlei Tradition sucht man im Oberhaus des deutschen Fußballs teilweise vergeblich. Am Nachmittag vor Duell der Zweitliga-Großclubs spielen in der ersten Liga etwa der 1. FC Heidenheim gegen den VfL Wolfsburg vor maximal 15.000 Zuschauern.

Geld in Hamburg vorhanden

Dass Schalke und der HSV nicht mehr ihrer Selbstwahrnehmung entsprechend um Europapokal-Teilnahmen spielen, hat natürlich Gründe. Nach jahrelanger Misswirtschaft und fragwürdigen Management-Entscheidungen müht sich der HSV nun schon im sechsten Jahr nach dem ersten Abstieg in die Zweitklassigkeit um den Wiederaufstieg.

Das Geld ist den Hamburgern in dieser Zeit noch nicht ausgegangen, im Gegenteil: Allein vor dieser Saison erhielt der Club von seinem Gönner Klaus-Michael Kühne noch einmal ein Wandel-Darlehen über 30 Millionen Euro bis 2028. 

In der Konsequenz hat der HSV trotz seines ständigen Scheiterns im Aufstiegsrennen erstligareife Spieler wie Robert Glatzel, Ludovit Reis und Bakery Jatta halten können. Und er hat in den vergangenen zwei Jahren fast nur Spieler geholt, die aus der ersten Liga kamen oder eigentlich in die erste Liga wollten.

Derlei Investitionen sind auf Schalke aktuell undenkbar. Den hoch verschuldeten Revierclub traf der sportliche Absturz nach der Vizemeisterschaft 2018 – als der HSV abstieg – mit seinem damaligen Kostenapparat auf Champions-League-Niveau hart. Die Pandemie überstand Schalke gerade so, der Club fährt einen knallharten Sparkurs, den auch die Fans spüren: In der Winterpause wurden die Bierpreise im Stadion um gut zehn Prozent erhöht.

Wie bei vielen anderen ehemaligen Bundesligisten außer dem HSV gilt nach dem Abstieg die Formel: Entweder gelingt binnen zwei bis maximal drei Jahren der Wiederaufstieg – oder es geht strukturell ans Eingemachte.

S04 vom Aufstieg weit entfernt

Vom Aufstieg ist Schalke zumindest in dieser Saison aber weit entfernt. Nach einer teilweise katastrophalen Hinserie mit der Beurlaubung von Trainer Thomas Reis liegt das Team von Nachfolger Karel Geraerts vor dem Rückrundenstart drei Zähler über der Abstiegszone. Trotz der sportlich prekären Situation konnten sich die Königsblauen bislang keine Verstärkungen leisten. «Ich bin da entspannt und habe Vertrauen in den aktuellen Kader», sagte Geraerts, der sein Team nach guten Eindrücken aus der Winterpause in der Lage sieht, dem HSV Paroli bieten zu können.

Anstatt auf Investitionen setzen sie auf Schalke eher auf Emotionen. Für Aufbruchstimmung hat die spektakuläre Rückkehr von Club-Ikone Marc Wilmots als neuer Sportchef gesorgt. Der ließ durchblicken, dass er sich mit Abstiegskampf der zweiten Liga nicht lange aufhalten will: «Wir werden alles dafür tun, aufzusteigen.» Wann, ließ er offen. 

Für den HSV zählt dagegen nichts anderes. Schon eine Niederlage in seinem 100. Spiel als HSV-Trainer könnte Walters Position wieder schwächen. Sportvorstand Jonas Boldt hielt trotz der instabilen Hinrunde zwar an ihm fest. Dennoch ist der Trainer eher angezählt als gestärkt. «Ich habe schon viele Dinge hier erlebt. Ich habe schon sehr häufig auch erzählt, dass Druck ein Privileg ist. Und darum bin ich froh, privilegiert zu sein», sagte Walter dazu. 

Von Carsten Lappe und Sebastian Stiekel, dpa