25. November 2024

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Darts-Märchen beendet: Weltmeister Humphries besiegt Littler

Es hätte Sportgeschichte wie einst bei Boris Becker in Wimbledon werden können: Doch Luke Littler verliert das Darts-Endspiel von London. Der Primus krönt seine dominante Saison.

Luke Humphries sank nach dem größten Triumph seiner Karriere überwältigt auf die Knie, dann umarmte er ganz lange seinen 16 Jahre alten Rivalen. Der neue Primus hat das Darts-Märchen von Luke Littler in London gestoppt und ist erstmals Weltmeister.

Humphries besiegte den jungen Herausforderer in einem packenden Finale mit 7:4 und darf sich über ein Preisgeld von 500.000 Pfund (knapp 600.000 Euro) freuen. 

«Ich kann es nicht in Worte fassen, wie großartig sich das anfühlt», sagte Humphries in einer ersten Reaktion, nachdem er direkt in seine Box geeilt und seine Liebsten geherzt hatte. Humphries kämpfte im Konfettiregen mit den Tränen. Littler stand etwas bedröppelt auf der größten Darts-Bühne der Welt. Die kleine Version der Trophäe für den Zweitplatzierten war in diesem Moment ein schwacher Trost. «Er wird Darts dominieren, er ist ein unglaubliches Talent», sagte der Weltmeister über Littler.

Erster Dämpfer für Littler

Humphries (28 Jahre) verhinderte den jüngsten Champion der Geschichte und darf sich neben dem satten Scheck und der Krönung auch über die 25 Kilogramm schwere Sid Waddell Trophy freuen. Littlers Geschichte erinnerte in den vergangenen Tage an die des jungen Boris Becker, der mit 17 sensationell das prestigeträchtige Tennis-Turnier in Wimbledon gewann. Die Krönung für Littler blieb aber aus. Vor allem, weil Humphries die Nerven behielt und deutlich mehr Aufnahmen mit 180 Punkten gelangen als seinem Widersacher.

Littler kam zwar als Junioren-Weltmeister in den Ally Pally, doch eine solche Erfolgsserie inklusive Finaleinzug erschien vorab völlig unrealistisch. Mit Siegen über die ehemaligen Weltmeister Raymond van Barneveld (4:1) und Rob Cross (6:2) befeuerte Littler den Hype. Die Niederlage im Endspiel ist nun zwar ein Dämpfer, doch Humphries war als deutlich bester Spieler des Jahres 2023 auch als Favorit in das bedeutende Turnier im Alexandra Palace gegangen.

Beckham schreibt Littler

Bei der bisherigen WM war Littler nie in Gefahr geraten. «Überall, wo Luke Littler auftritt, liefert er ab», sagte das Supertalent selbstbewusst über sich selbst. Bis zum Finale sei für ihn «nichts schwierig» gewesen. Das wurde gegen Humphries ganz anders. Der Hype um den Youngster nahm in den vergangenen Tagen gigantische Züge an und erinnerte an den Abschied von Rekord-Weltmeister Phil Taylor im Januar 2018.

Immer mehr Medien kamen nach London, die TV-Einschaltquoten in Großbritannien schossen in die Höhe. Experten verglichen ihn mit dem jungen Lionel Messi. Die Fans dichteten das sonst nach Legende Taylor besungene «Wonderland» auf Littler um. Und Fußball-Ikone David Beckham gratulierte per Nachricht höchstpersönlich, wie der Jugendliche vor dem Finale stolz bei Sport1 erzählte.

Humphries schmunzelt über abgezockten Youngster

Beim letzten WM-Finale des 66 Jahre alten Kult-Schiedsrichters Russ Bray zeigte «The Nuke», wie Littler genannt wird, tatsächlich Nerven – direkt in der Anfangsphase. Der erste Satz war schnell weg. Auf der Anzeige wurde prominent eingeblendet, wie sich der Mann aus der Nähe von Liverpool zwölf Aufnahmen ohne Triple leistete. 

Humphries dagegen startete makellos. Doch der Youngster wurde stärker und machte mit zwei starken Finishes (142 und 120) auf sich aufmerksam. In dem dynamischen Spiel, bei dem die Werbepausen ähnlich lange dauerten wie die Sätze, stand es 2:2.

Der Favorit musste ob der enormen Abgezocktheit seines jungen Widersachers immer wieder schmunzeln. Während Humphries nach Titeln beim World Grand Prix, Grand Slam of Darts sowie den Players Championship Finals als Titelanwärter nach London kam, galt Littler vorab maximal als Außenseiter. 

Das hielt ihn nicht davon ab, vor 3000 Zuschauern im größten Spiel seiner jungen Laufbahn eine starke Leistung zu zeigen. Befeuert vom euphorischen Publikum wurde die Partie eng und spannend, bei durchweg hohem Spieltempo. Reibeisenstimme Bray rief lautstark seine markante «Onehundredandeighty» aus. Und Humphries drehte nach 2:4 besonders auf und triumphierte.

Patrick Reichardt, dpa