Für sein markantestes Merkmal musste Russ Bray nach eigener Aussage nie arbeiten. «Meine Stimme ist, wie sie ist. Meine Stimme kostet mich nichts und bringt mir viel Geld. Das ist so, wie ich bin», sagte der 66 Jahre alte Darts-Schiedsrichter.
Seine Reibeisenstimme, mit der er seit Jahrzehnten den Ausruf «Onehundredandeighty» (180) in die Arenen dieser Welt brüllt, macht Bray zu einem unverwechselbaren Teil der Darts-Show. An diesem Mittwoch (21.00 Uhr/DAZN und Sport1) wird der Engländer im Alexandra Palace von London letztmals ein Finale leiten.
Mehr als ein brüllender Schiedsrichter
28 Weltmeisterschaften und hunderte WM-Partien mit Bray werden dann Geschichte sein. «Ich fühle mich sehr gut. Ich freue mich wirklich darauf, noch einmal dieses Finale zu callen», sagte Bray der Deutschen Presse-Agentur zu seinem letzten Einsatz auf der ganz großen Bühne. Seine Tätigkeit als Gerüstbauer konnte er in den 90er-Jahren hinter sich lassen, als er beim Weltverband PDC in die Riege der Schiedsrichter rutschte – und dort immer weiter aufstieg.
Für Darts-Experte Elmar Paulke hat sich Bray einen Lebenstraum verwirklicht. «Er muss nicht mehr draußen auf kalten Baustellen stehen. Die Caller lieben das so. Die sind jeden Tag gut gelaunt, da gibt es keinen Beef, die leben ihren Traum, sind sehr dankbar», sagte Paulke. «So habe ich Russ immer erlebt. Das mag ich sehr an ihm. Er wusste, dass er auf seiner Sonnenseite ist.» Wer Bray bei der WM in London erlebt, sieht ihn stets lachen – und nicht nur als brüllenden Schiedsrichter oben auf der Bühne.
Kreuzfahrt mit der Frau
Der Darts-Veteran, der seit 1996 dabei ist, gibt in den Katakomben Interview um Interview, in diesem Jahr natürlich noch mehr als sonst. Wenn er anderweitig nicht gebraucht wird, steht er in der riesigen Great Hall des Ally Pally für Fotos mit dem WM-Pokal bereit. Zehn Pfund pro Foto mit der gigantischen Sid Waddell Trophy und Pfeile-Ikone Bray? Die bunt gekleideten und bestens gelaunten Fans stehen dafür Schlange.
Bray wird nicht komplett aus der Darts-Szene verschwinden. Er soll Botschafter der PDC werden und bei den World-Series-Events, die zum Beispiel in Australien oder in den USA ausgetragen werden, zum Einsatz kommen. Auch für den asiatischen Markt bleibt Bray ein wichtiges Gesicht. Auf mehr Freizeit mit seiner Frau freut sich der Mann mit der rauchigen Stimme trotzdem. «Sie geht selbst in Rente im Januar. Wir werden mehr Zeit gemeinsam haben und unseren Ruhestand genießen», sagte Bray. Geplant ist etwa eine gemeinsame Kreuzfahrt.
Mit zehn Jahren schon geraucht
Die Spieler sind von Bray begeistert – und haben viele Erinnerungen an ihn. «Jeder verbindet Darts mit ihm. Auch ich als damaliger Zuschauer weiß noch ganz genau, dass er ein Aushängeschild war. Man hat sich immer schon auf seine Stimme gefreut», sagte der Deutsche Martin Schindler. PDC-Boss Matthew Porter dankte Bray für einen «unglaublichen Beitrag» über die vergangenen 30 Jahre. «Die Stimme von Russ ist ein Synonym für unseren Sport», fügte Porter an.
Bray ist ein echtes Original, nicht nur die Stimme ist unverwechselbar. «Ich habe schon mit 10 Jahren geraucht», erzählte Bray jüngst der «Sport Bild». Dies sei in den 60er-Jahren ganz normal gewesen und von Kindersendungen zusätzlich beeinflusst worden. Mit 53 hörte Bray dann auf zu rauchen. «Meine Stimme hat sich seitdem nicht geändert», sagte er. Die Darts-Fans können das bezeugen.
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