27. November 2024

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1:5-Klatsche setzt FC Bayern vor Weihnachten unter Druck

Im Fernduell mit Leverkusen bringt den FC Bayern ein eigener Patzer in Not. Die Spieler und Trainer Tuchel können sich den Totalausfall von Frankfurt kaum erklären.

Thomas Tuchel verteilte nach der denkwürdigen Klatsche von Frankfurt die schlechtestmögliche Note an sich und seinen FC Bayern. «Die gesamte Mannschaftsleistung war ungenügend und da zähle ich mich mit dazu», sagte Tuchel nach dem von krassen Aussetzern geprägten 1:5 bei der Eintracht.

Der Cheftrainer sprach nach der höchsten Niederlage in seiner Zeit in München zwar in ruhigem Ton und mit maximaler Sachlichkeit – der gewaltige Frust über den unerwarteten Patzer inmitten des Titelrennens in der Fußball-Bundesliga war Tuchel aber klar anzumerken.

Es ist eine Schlappe, die Bayern im Fernduell mit Bayer Leverkusen vor der Weihnachtspause zusätzlich unter Druck setzt. «Der Spielplan dominiert sowieso unsere Reaktion. Wir können unter keinen Umständen auf diesem Niveau weiter spielen», warnte Tuchel, dessen Team sich bei der ersten Liga-Niederlage der Saison am Samstag die mit Abstand schwächste und fehlerhafteste Leistung seit langer Zeit leistete.

«Normalerweise spielen wir alle drei Tage»

Die Suche nach Gründen gestaltete sich im Dauerregen von Frankfurt schwierig, denn die Bayern spielten bis dato einen starken Herbst. Als eine Erklärung wurde die lange Pause angeführt, nachdem die Münchner in der Bundesliga (witterungsbedingter Ausfall) und im DFB-Pokal (in Runde zwei ausgeschieden) zuletzt nicht spielten.

«Das ist mit Sicherheit eine, auch wenn das als Entschuldigung nicht gelten darf. Aber es ist für uns sehr ungewohnt zehn Tage nicht zu spielen. Normalerweise spielen wir alle drei Tage», sagte Nationalspieler Leon Goretzka im ZDF. Der Rhythmus des Teams um den diesmal blassen Topstürmer Harry Kane wirkte gebrochen. Dazu leisteten sich die Bayern um Torschütze Joshua Kimmich eine absurde Abfolge an individuellen Patzern.

«Es war viel zu wenig», monierte auch Sportdirektor Christoph Freund. Die Folge des laschen Auftritts waren die Gegentore durch Omar Marmoush, Doppeltorschütze Eric Junior Dina Ebimbe, Hugo Larsson sowie Ansgar Knauff.

Das Champions-League-Spiel bei Manchester United am Dienstag (21.00 Uhr/Prime Video) ist für die Münchner Gruppensieger sportlich eigentlich bedeutungslos. Es bietet nun aber eine schnelle Chance zur Rehabilitierung. «Wir wollen zeigen, dass das nur ein Ausrutscher war», sagte Goretzka.

Tuchel will nicht «draufhauen»

Bayern hatte zuvor erst dreimal in diesem Jahrtausend mit vier Toren Unterschied in der Bundesliga verloren. Zweimal – 2009 Jürgen Klinsmann und 2019 Niko Kovac – war der Trainer kurze Zeit später seinen Job an der Säbener Straße los. Das droht Tuchel diesmal nicht, doch mit dem Totalausfall von Frankfurt hat sich zumindest die Bedeutung des Jahresendspurts gegen den VfB Stuttgart und beim VfL Wolfsburg erhöht. Ein weiterer Patzer und die Bayern könnten im Duell mit Leverkusen bereits ins Hintertreffen geraten.

«Ich habe Vertrauen in meine Mannschaft, auch wenn das für uns ein herber Rückschlag ist. Es bringt jetzt nichts draufzuhauen und alles schlechtzureden. Wir sitzen alle im gleichen Boot. Wir brauchen exakt die Tugenden, die wir nur mangelhaft auf den Platz gebracht haben», sagte der 50 Jahre alte Tuchel. Joker Thomas Müller, der sich in den Frankfurter Katakomben als einziger Münchner Spieler den Fragen stellte, sprach vom «Wutmotor», der nun angehen müsse.

Keine große Lust auf Interviews

Für Tuchel war es nicht wichtig, ob seine Spieler in der Öffentlichkeit kluge Worte zur derben 1:5-Schlappe verlieren. «Man muss mal Verständnis haben, dass die Spieler nicht die allergrößte Lust haben, das heute zu erklären. Die Antworten, die wir auf dem Platz geben, sind wichtiger, als ob wir heute noch im Interview glänzen», sagte der Trainer, der sichtbar um die eigene Fassung rang und um nüchterne Aussagen bemüht war. Auf der Tribüne hatte Ehrenpräsident Uli Hoeneß als einer von 58.000 Zuschauern das einseitige Spektakel mit grimmiger Miene verfolgt.

Emotionale Aufbauarbeit musste Tuchel in der Kabine nicht leisten. «Wir spielen Profifußball, es muss niemand in den Arm genommen werden. Wir sind erstmal mehr sauer als traurig. Das ist der vorherrschende Gemütszustand», berichtete Tuchel. Auch Müller wollte nicht ins Detail gehen. Auf die Frage, ob Tuchel in der Kabine laut und sauer gewesen sei, antwortete der 34-Jährige: «Das bleibt intern. Sie haben so viele Adjektive eingebracht, irgendwas wird schon dabei gewesen sein, sonst könnt ihr ja gleich in der Kabine filmen.» Die Frage sei «natürlich okay».

Patrick Reichardt und Andreas Schirmer, dpa