Im Sonnenschein von Hochfilzen war Uros Velepec zum Lachen zumute. Immer wieder scherzte der neue Biathlon-Bundestrainer beim Training mit seinen Skijägern, schaute dann am Schießstand aber auch ganz genau, als sie ihre Schüsse abfeuerten.
Die Stimmung am Tag vor dem Weltcup-Auftakt in Hochfilzen war blendend, nach dem besten Saisonstart ihrer Geschichte soll es im Sprint am Freitag (11.30 Uhr/ARD und Eurosport) für die Männer möglichst gut weitergehen. Dass in Philipp Nawrath sogar ein Deutscher als Gesamtweltcupführender antritt, ist auch der Arbeit des 56-jährigen Velepec zu verdanken.
«Ich habe mir mit ihm das nötige Selbstvertrauen erarbeitet», sagte Nawrath der Deutschen Presse-Agentur in Österreich. Der 30-Jährige gewann in der Vorwoche in Schweden erstmals ein Weltcuprennen und wurde einen Tag später Zweiter. Der Lohn: Das Gelbe Trikot des Spitzenreiters, das der Bayer gerne erfolgreich verteidigen möchte. Viele Probleme beim Stehendschießen verdarben Nawrath in der Vergangenheit bessere Resultate. Dass der Aufschwung nun allein Velepec zu verdanken ist, wäre als Erklärung zu einfach, aber trotzdem hat sich in diesem Sommer in der deutschen Mannschaft etwas verändert.
Velepec und die Psycho-Tricks
Nach 13 Jahren in der Verantwortung hatte der Thüringer Mark Kirchner im Frühjahr seinen Rückzug bekannt gegeben. Dessen bisheriger Assistent Velepec übernahm als neuer Chef und bekam in Ex-Langläufer Jens Filbrich einen neuen Co-Trainer zur Seite gestellt. Neue Trainingspläne und andere Methodik brachten neuen Schwung ins Team um Ex-Weltmeister Benedikt Doll. «Der Mark hat eine sehr ordentliche Truppe hinterlassen, die einfach in einer richtig guten Ausgangsposition war», sagte Nawrath: «Sie hat nur noch einen Feinschliff benötigt an der einen oder anderen Stelle. Uns ist einiges jetzt schon richtig gut gelungen.»
Velepec sei ein «offener Typ, die Kommunikation ist sehr gut», sagte Justus Strelow, der als Vierter in der Gesamtwertung ebenfalls stark startete und als Zweiter im Einzel in Östersund auch schon auf dem Podest stand. «Seine Ansprachen sind sehr motivierend. Er hat immer ein paar Psycho-Tricks auf Lager. Er macht das sehr gut», sagte der Sachse. Amtssprache im Training ist seit 2022 Englisch, allerdings spricht und versteht der aus Slowenien stammende Velepec auch gut Deutsch.
«Wir müssen mehr riskieren, schneller schießen und alles zu 100 Prozent machen, sonst haben wir keine Chance», sagte Velepec selbst vor seiner Premierensaison als Chef der Skijäger. Vor allem das Risiko-Schießen ließ er trainieren. Also: Einfach nicht nachdenken, schnell raus mit den Projektilen und auf die Erfahrung tausender Trainingsschüsse bauen. «Man braucht Mut, muss sich trauen. Das ist am Anfang gar nicht so einfach», sagte Strelow: «In den meisten Fällen lohnt sich das Risiko aber, man darf es nur nicht völlig übertreiben.»
Nötig ist die Veränderung weg vom alten Sicherheitsdenken vor allem, weil es andere Nationen vormachen. Die Schnellfeuereinlagen der Norweger um Johannes Thingnes Bö sind der Maßstab. Wollen Nawrath und Co. mithalten, müssen sie selbstbewusst auftreten. «Nur so können wir die anderen unter Druck setzen», sagte Strelow im tief verschneiten Pillerseetal.
Velepec, der Ultra-Triathlet
Vor dem Winter hatte dem Männerteam kaum jemand zugetraut so weit vorn zu sein, Siege gegen Bö und Co. galten als fast unmöglich. Aber auch Roman Rees trug nach seinem Auftakttriumph im Einzel schon das Gelbe Trikot, die Staffel schaffte es ebenfalls auf das Podest. Auch im Frauen-Sprint geht am Freitag (14.25 Uhr) in Franziska Preuß eine Deutsche im Gelben Trikot an den Start. «Es ist unsere Aufgabe, dass wir schauen, dass sie sehr gut laufen und schießen können», sagte Velepec und ergänzte: «Das ist eine lange Arbeit.»
Dabei hilft die Erfahrung des Mannes, der im Sommer 2022 zum Deutschen Skiverband kam. Vorher war er Trainer in seiner Heimat und dann lange in der Ukraine. In seiner aktiven Zeit traten Velepec und Kirchner im Weltcup gegeneinander an, der Deutsche war mit drei Olympiasiegen aber der wesentlich erfolgreichere. Velepec wurde später Triathlet und gewann den Ultraman auf Hawaii, einen Extrem-Wettkampf über zehn Kilometer Schwimmen, 421 Kilometer Radfahren und 84 Kilometer laufen. Mittlerweile gilt längst wieder alle Konzentration dem Biathlon. Und Velepec hat nur einen Wunsch: «Ich hoffe, dass es für uns so weitergeht.»
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