Julian Nagelsmann bedankte sich auf dem Rasen bei all seinen Spielern für das erhoffte Sieg-Geschenk. Das Bundestrainer-Debüt begann verheißungsvoll, auch wenn im Regen von Hartford erst nach der Pause alles nach Wunsch lief.
Nagelsmann musste sich beim 3:1 (1:1) im zugigen Pratt & Whitney Stadium in einem intensiven Testspiel gegen Gastgeber USA zunächst über den Rückstand durch den früheren Dortmunder Christian Pulisic (28. Minute) ärgern.
Dann aber konnte der Nachfolger von Hansi Flick vor 37.743 Zuschauern die Treffer von Kapitän Ilkay Gündogan (39.), Torjäger Niclas Füllkrug (58.) und Jamal Musiala (61.) bejubeln. Nagelsmann coachte aktiv, immer wieder applaudierte und korrigierte der 36-Jährige am Spielfeldrand. Der Anfang ist geglückt, es war schon Nagelsmann-Fußball erkennbar.
«Wir haben uns nicht einen Sieg zusammengewürgt, sondern fußballerisch war es sehr gut. Wir haben sehr viele Chancen gehabt und verdient gewonnen», sagte Nagelsmann bei RTL und fügte hinzu: «Ich hatte das Gefühl in der ersten Halbzeit, dass wir zu früh das Spiel entscheiden wollten. In der zweiten Halbzeit hatten wir mehr Geduld.» Gündogan war ebenfalls zufrieden: «Mit dem Ergebnis und einer echt guten Leistung haben wir einen guten Start hingelegt. Ich hoffe, dass es von Spiel zu Spiel noch besser wird.»
Hummels über Comeback: «Absolut besonderer Moment»
Beim nächsten DFB-Aufbruch zur Heim-EM 2024 waren gerade offensiv bei der Nationalmannschaft viele gute Aktionen zu sehen – aber in der Defensive auch bekannte Defizite. Das lag aber nicht an Rückkehrer Mats Hummels, der bei seinem Länderspiel-Comeback nach mehr als zwei Jahren bis zur Auswechslung nach 62 Minuten im Abwehrzentrum Präsenz und Ruhe ausstrahlte. «Es war ein absolut besonderer Moment. Ich muss auch sagen, überraschend mit mehr Nervosität, als ich gerechnet habe. Es war eine gewisse Extra-Anspannung vorhanden. Es hat unheimlich viel Spaß gemacht. Vor dem Spiel die Hymne, aber auch im Spiel in dem Rahmen auf dem Platz zu stehen», sagte Hummels.
Nach dem Spiel geht es für den DFB-Tross gleich weiter nach Philadelphia, wo der umstrittene US-Trip am Mittwoch (2.00 Uhr) mit dem zweiten Testspiel gegen Mexiko abgeschlossen wird.
Bevor der Ball in Hartford rollte, gab es erst einmal eine Schweigeminute für die Opfer des verheerenden Terrorangriffs in Israel durch die Hamas. Der DFB und der US-Verband dokumentierten damit ihre Verbundenheit zu Israel.
DFB-Außenverteidiger mit Geschwindigkeitsnachteilen
Danach ging es auf dem Rasen ohne großes Abtasten gleich zur Sache. Die deutsche Mannschaft versuchte, mit hohem Pressing und viel Bewegung das US-Team unter Druck zu setzen. Allerdings hatte die DFB-Auswahl defensiv mal wieder große Probleme und zu viele Ballverluste, vor allem die beiden Außenverteidiger Robin Gosens und Jonathan Tah hatten deutliche Geschwindigkeitsnachteile, gerade wenn das Spiel der Gastgeber über den pfeilschnellen Timothy Weah lief. Nagelsmann, ausgestattet mit einer blau-weiß-karierten Jacke, versuchte an der Seitenlinie mit aktivem Coaching mitzuhelfen.
Bereits nach vier Minuten lag der Ball im deutschen Tor, allerdings kam der Ex-Dortmunder Pulisic aus dem Abseits. Auch in der Folgezeit brauchte sich Rückkehrer Hummels in der Innenverteidigung über mangelnde Arbeit nicht zu beklagen. Der Dortmunder, der sein letztes Länderspiel im Juni 2021 beim EM-Aus im Achtelfinale gegen England bestritten hatte, überzeugte durch seine Spieleröffnung und Kopfballstärke. Nach seiner Gelben Karte kurz vor der Pause nach einem rüden Einsteigen musste der 34-Jährige bis zu seiner Auswechslung vorsichtiger agieren.
Spielidee von Nagelsmann sichtbar
Die Spielidee von Nagelsmann, der mit einem Altersschnitt von 28,97 Jahren auf Erfahrung setzte, war trotz der wenigen Trainingseinheiten im 4-2-2-2-System mit der Doppel-Zehn Florian Wirtz und Jamal Musiala sichtbar. Für viel Wirbel sorgte dazu der auch bei den Bayern seit Wochen auftrumpfende Sané, der neben Füllkrug im Sturm agierte und bei seinen Tempo-Dribblings nur schwer in den Griff zu bekommen war.
Hinter der Offensivreihe sicherten Kapitän Gündogan und Pascal Groß mit großer Präsenz ab. Groß war für den an einem grippalen Infekt erkrankten Kimmich ins Team gerückt. Der Bayern-Profi begab sich noch am Samstag auf die Heimreise nach München. «Er hat über 38 Grad Fieber. Da macht es keinen Sinn, ihn die ganze Zeit im Hotelzimmer zu lassen», sagte Nagelsmann bei RTL.
ter Stegen bei Gegentor ohne Chance
Groß hatte auch die erste Top-Chance der deutschen Mannschaft, als er nach Vorarbeit von Wirtz von der Strafraumgrenze den Pfosten traf (11.). Dazu hatte im ersten Durchgang Füllkrug zwei gute Chancen, war aber bei seinen Schüssen zu unpräzise (22. und 27.). Bei Füllkrugs zweiten Schuss leitete US-Keeper Matt Turner mit einem Abwurf gleich das Gegentor durch Pulisic ein, der den Ball unhaltbar für Marc-André ter Stegen in den Winkel setzte. Kurz zuvor hatte Pulisic versucht, einen Elfmeter herauszuholen, der mexikanische Schiedsrichter fiel auf die Schwalbe aber nicht herein. Einen Video-Schiedsrichter gab es bei der Partie nicht.
Noch vor der Pause durfte Nagelsmann aber doch sein erstes Tor als Nationaltrainer bejubeln. Gündogan war nach einer tollen Co-Produktion mit Sané zur Stelle und markierte den keineswegs unverdienten Ausgleich. Da schaute auch Nagelsmann schon glücklicher drein.
Füllkrug mit achtem Tor im zehnten Länderspiel
Mit guten Chancen von Gündogan (46.) und Füllkrug (49.) begann die zweite Halbzeit. Der Wille, mit einem Sieg gegen den Weltranglisten-Elften in die Nagelsmann-Ära zu starten, war spürbar. Die deutsche Mannschaft war nun noch entschlossener und übernahm die Spielkontrolle. Verdienter Lohn war der Führungstreffer durch Füllkrug, der auf Vorlage des ansonsten eher schwach agierenden Gosens sein achtes Tor im zehnten Länderspiel markierte.
Kurz darauf bereitete Füllkrug auch das dritte Tor vor, als er den Ball quer auf Musiala legte. Es war die Vorentscheidung, danach brachte das DFB-Team den Sieg souverän ins Ziel.
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