23. November 2024

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Andenken für den Kaminsims: McLarens wundersamer Aufschwung

McLaren war lange abgeschlagen. Das Traditionsteam hat in dieser Formel-1-Saison aber eine erstaunliche Wende vollbracht. In Japan gelingt Norris und Piastri sogar ein Doppelpodium. Wie geht das?

Grinsend ließen sich Lando Norris und Oscar Piastri für das Formel-1-Familienalbum von McLaren fotografieren. Das erste Doppelpodium des englisch-australischen Duos hinter Red-Bull-Dominator Max Verstappen in Suzuka war der vorläufige Höhepunkt einer außerordentlichen Kehrtwende.

McLaren war noch zu Saisonbeginn auf dem Niveau der Hinterbänkler Alfa Romeo oder Williams. Mittlerweile liegt der Branchenprimus immerhin in Sichtweite. «Wir sind an Max nicht nah dran, aber auch nicht meilenweit weg», konstatierte Norris nach dem Grand Prix von Japan.

Norris hatte in Suzuka 19,4 Sekunden Rückstand auf Verstappen, Piastri sogar 36,5 Sekunden – das sind in der Formel 1 Galaxien. Da der zweimalige Weltmeister aus den Niederlanden aber ohnehin auf seiner eigenen Umlaufbahn rast, verlieren die Zahlen an Bedrohlichkeit. Piastris erster Podestplatz war sogar ein Meilenstein für den erst 22-jährigen Australier. Das Foto mit der Trophäe sei eines für den Kaminsims, meinte er stolz.

McLaren ist eines der geschichtsträchtigsten Formel-1-Teams. James Hunt, Niki Lauda, Ayrton Senna oder letztmals 2008 Lewis Hamilton wurden für die Engländer Fahrerweltmeister. Der pedantische Ron Dennis prägte als Teamchef eine Ära. Doch der achtmalige Konstrukteurs-Weltmeister jagt den Erfolgen von früher nur noch hinterher.

Radikalumbau bei McLaren

Ende des vergangenen Jahres entschied sich der Deutsche Andreas Seidl, McLaren als Teamchef zu verlassen und Geschäftsführer der Sauber-Gruppe zu werden. Er leitet den Einstieg von Audi als Werksteam zur Saison 2026. Der Italiener Andrea Stella wurde sein Nachfolger und sorgte mit McLaren-Geschäftsführer Zak Brown für einen Radikalumbau. So musste etwa Technikdirektor James Key nach dem enttäuschenden Saisonstart gehen, seine Verantwortung wurde auf gleich mehrere Schultern verteilt.

Das war aber nicht alles. McLaren näherte sich mitten in der Saison der Design-Philosophie von Red Bull an. Die Neuerungen zielten in erster Linie darauf ab, die aerodynamische Effizienz zu verbessern. Und siehe da: Der MCL60 ist auf einmal so leistungsfähig, dass seit Anfang Juli mindestens einer der beiden McLaren-Fahrer immer in die Punkte gefahren ist.

«Man kann auch mitten in der Saison zurückkommen», lobte Mercedes-Teamchef Toto Wolff schon im Sommer die bemerkenswerte Wende des Rivalen. Die Silberpfeile suchen selbst immer noch einen Weg, um an Red Bull endlich heranzukommen.

Piastri verlängert Vertrag

«Die Fortschritte, die wir gemacht haben, sind schon ziemlich herausragend», meinte der 23-jährige Norris. Der Engländer ist noch bis Ende 2025 an McLaren gebunden, aber längst bei der Konkurrenz einer der begehrtesten Fahrer für die Zeit danach. «Ich bin sicher, dass noch einige harte Zeiten auf uns zukommen werden. Aber wir kommen Schritt für Schritt voran. Und unser erstes Doppelpodium mit Oscar ist ein guter Moment für uns.»

Piastri hat vor dem Grand Prix von Japan seinen Vertrag sogar bis Ende 2026 verlängert. Suzuka war der Beweis, dass er ihn verdient hat. «Es fühlt sich sehr speziell an. Ich werde mich definitiv sehr lange daran erinnern, deshalb kann ich dem Team nicht genug dafür danken, dass es mir diese Chance gegeben hat», sagte Piastri.

Erst nach einem Zoff mit Alpine, wo er Ersatzfahrer gewesen war, und der Anrufung der Schiedsstelle für Vertragsdispute war im vergangenen Jahr sein erster Vertrag mit McLaren für rechtens erklärt worden. Dass sich der Zoff gelohnt hat, beweist der vom früheren Formel-1-Piloten Mark Webber betreute Neuling mittlerweile regelmäßig.

«Wir haben einen wichtigen Meilenstein auf unserer Reise mit McLaren erreicht», sagte Teamchef Stella nach dem ersten Doppelpodium in dieser Saison. «Es wird schwer, dieses Resultat zu wiederholen, wir werden aber alles dafür tun.» Die Andenken für den heimischen Kaminsims sollen schließlich bei McLaren wieder zur Regel werden.

Von Martin Moravec, dpa