Arm in Arm sangen Deutschlands Basketball-Helden ausgelassen die Nationalhymne, Kapitän Dennis Schröder hatte Tränen in den Augen. Danach nahm der überragende NBA-Profi um 23.03 Uhr Ortszeit den WM-Pokal entgegen.
Der Rest war pure Freude im goldenen Konfettiregen! Angeführt vom wie entfesselt aufspielenden Schröder setzte sich das Team von Bundestrainer Gordon Herbert in Manila in einem mitreißenden Endspiel mit 83:77 (47:47) gegen Serbien durch und vollbrachte damit eine der größten Überraschungen der deutschen Sportgeschichte.
Es war die nicht vorstellbare Krönung eines unvergesslichen Basketball-Sommers, in dem sich der in der Vergangenheit gerade in Deutschland oft kritisierte Schröder endgültig zum deutschen Basketball-König krönte. «Ich bin jetzt seit zehn Jahren dabei. Im vergangenen Jahr Bronze bei der EM, jetzt der WM-Titel – ich will nichts mehr über meinen Namen hören», sagte Schröder nach dem bislang größten Triumph seiner Karriere mit dem Korbnetz um den Hals. «Ich will einfach Respekt. Das war ein Statement.»
Coach Herbert nach Abpfiff völlig ausgepumpt
Nachdem er das deutsche Team zum größten Erfolg der deutschen Basketball-Geschichte geführt hatte, herzte Schröder auf dem Parkett seine Frau Ellen und die Kinder. Bundestrainer Herbert saß dagegen in den Katakomben erst einmal völlig ausgepumpt auf dem Boden. Zur Siegerehrung war der kanadische Erfolgstrainer dann wieder bei Kräften und herzte jeden seiner Spieler. «Das Erste, was ich in meiner Amtszeit gemacht habe, war, nach Braunschweig zu fahren und Dennis zu treffen. Wir haben drei, vier Stunden geredet. Das war der Anfang», sagte Herbert.
«Weltmeister! Sensationell, historisch und so verdient. Herzlichen Glückwunsch», schrieb Bundeskanzler Olaf Scholz bei X, früher Twitter. «Weltmeister!!! Unfassbar! Was für ein Team!!!!!», schrieb Dirk Nowitzki wenige Sekunden nach dem Ende der Partie. Selbst die inzwischen abgetretene deutsche Basketball-Ikone schaffte so etwas in ihrer Karriere nicht.
Angriffslustiger Franz Wagner wird Man of the Match – Schröder MVP
Deutschlands Basketballer blieben damit im gesamten Turnier ungeschlagen und vollendeten mit dem historischen ersten WM-Titel perfekte Wochen in Asien. «Es klingt unglaublich. Wie wir es auch geschafft haben gegen die stärksten Teams der Welt. Weltmeister!», sagte Schröder. «Jetzt wird definitiv gefeiert.» Erst am Montagabend fliegen die Goldmedaillen-Gewinner via Abu Dhabi zurück nach Deutschland, wo es am Dienstagvormittag in Frankfurt am Main einen Empfang geben wird. «Es ist fast ein bisschen schade, dass das Turnier jetzt vorbei ist», sagte der im Finale bärenstarke Johannes Voigtmann.
Schröder glänzte mit 28 Punkten und übernahm in der Schlussphase komplett das Kommando. Der stets angriffslustige Jungstar Franz Wagner kam im hitzigen Duell mit Ex-Bundestrainer Svetislav Pesic auf 19 Punkte und wurde zum besten Spieler des Finales gekürt. Zum wertvollsten Profi des gesamten Turniers wurde Schröder gewählt – was für eine deutsche Basketball-Dominanz!
Der Gold-Coup von Manila ist der zweite internationale Titel nach der EM 1993. Die goldene Naismith-Trophy geht nach acht Siegen aus acht Spielen für die nächsten vier Jahre bis zur WM 2027 in Katar völlig verdient nach Deutschland. Dem 74 Jahre alten Pesic war ein zweiter WM-Titel als Chefcoach nach 2002 nicht vergönnt. «Besser Deutschland als alle anderen Mannschaften», sagte der Trainerveteran.
DBB-Team sorgt für Hype in Deutschland
Mit dem denkwürdigen 113:111 über Olympiasieger USA im Halbfinale hatte der Hype in den vergangenen Tagen immer krassere Züge angenommen. Während die US-Profis am Sonntag auch Bronze gegen Kanada (118:127 nach Verlängerung) verspielten, stieg in Deutschland das ZDF für das Endspiel mit einer Live-Übertragung ein. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz war spätestens seit Freitag über das Geschehen bei Schröder und Co. im Bilde.
«Ihr habt es Euch verdient!», schrieb Scholz schon vor Spielbeginn. Gut zwei Stunden später, die vor 12 022 Zuschauern in der ausverkauften Mall of Asia Arena zu einem großen Kampf gegen physische Serben wurden, war der geschichtsträchtige Erfolg perfekt. Der erste deutsche WM-Titel gelang genau acht Jahre nach dem letzten Länderspiel von Nowitzki. Und rund vier Jahre nach dem Debakel von China, das nach dem Vorrunden-Aus gegen die Dominikanische Republik mit einem verheerenden 18. Platz endete.
Serbien von Beginn an gut im Spiel
Die Stimmung in der modernen Arena auf den Philippinen war prickelnd. Und die serbischen Fans, die am Super-Sportsonntag auch das US-Open-Finale von Tennis-Superstar Novak Djokovic erwarteten, stimmten früh in deutscher Sprache «Auf Wiedersehen»-Rufe an. Ihr Team erwies sich auch ohne den pausierenden NBA-Star Nikola Jokic als der harte Gegner, den Deutschland erwartet hatte.
Im Gegensatz zu den nachlässigen US-Stars spielten die Serben knallharte Verteidigung. «Pesic-Defense», wie Herbert warnte. Im Angriff fielen zwei Dreipunktewürfe der Serben mit Brett, die Führung wechselte hin und her. Und Deutschland nahm die Herausforderung mit einem Strategiewechsel an. Statt Spielmacher Schröder ging der Ball zunächst immer wieder zum 22 Jahre jungen Wagner, der das Spiel auf der allergrößten Bühne direkt in der Anfangsphase an sich reißen wollte.
Deutschland überragt im dritten Viertel
Der Jungstar machte Tempo, zog energisch zum Korb und leistete sich wieder einige Wortgefechte mit den Schiedsrichtern. Nach einer ausgeglichenen ersten Halbzeit hatten die beiden deutschen Stars Schröder und Wagner jeweils 14 Punkte. Das Finale blieb umkämpft. Deutschland setzte sich im dritten Viertel erstmals etwas ab, doch Serbien kam wieder zurück. «Das ist Folter», sagte Moritz Wagner zu der spannenden Schlussphase, die er von der Bank aus verfolgte.
Anführer Schröder zog das Spiel immer mehr an sich. Mit seiner riesigen Geschwindigkeit und großer Entschlossenheit versuchte der Spielmacher, seine knapp neun Jahre dauernde Karriere im Nationaltrikot endgültig zu krönen. «Ich versuche, Basketball-Deutschland auf die Landkarte zu setzen», hatte Schröder gesagt. Das ist mit dem WM-Titel von Manila in herausragender Manier gelungen. Für Fußball-Star Toni Kroos ist jetzt schon klar: «Dennis Sportler des Jahres! Keine Diskussion nötig!»
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