23. November 2024

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FIFA-Chef zum Kuss-Skandal: «Hätte niemals passieren dürfen»

Der FIFA-Chef äußert sich erstmals zum Kuss-Skandal nach dem WM-Finale. Dieser Vorfall habe die Feier der spanischen Fußballerinnen verdorben, sagt Gianni Infantino.

Rund anderthalb Wochen nach dem weltweit viel diskutierten Kuss-Skandal von Luis Rubiales hat auch der oberste Fußball-Boss den Vorfall klar verurteilt.

Während FIFA-Präsident Gianni Infantino via Instagram bedauerte, dass die «wohlverdienten Feierlichkeiten» der spanischen Fußballerinnen nach dem WM-Triumph verdorben worden seien, nutzte in Monaco Nationaltrainerin Sarina Wiegman von den im Endspiel geschlagenen Engländerinnen die Bühne für ein emotionales Statement im Kampf gegen sexuelle Übergriffe. «Das tut mir wirklich weh – als Trainerin, als Mutter von zwei Töchtern, als Ehefrau, als Mensch», sagte sie nach ihrer UEFA-Auszeichnung als beste Trainerin eines Frauenteams. 

«Hätte niemals passieren dürfen»

«Das hätte niemals passieren dürfen», schrieb Infantino weiter. Aber es sei passiert und die Disziplinarorgane der FIFA hätten sofort die notwendigen Maßnahmen ergriffen. «Die Disziplinarverfahren werden ihren rechtmäßigen Lauf nehmen», versicherte Infantino. Der 53 Jahre alte Schweizer war nach dem Finale bei der Pokal-Übergabe dabei gewesen.

Spaniens Verbandspräsident Rubiales hatte bei der Siegerehrung in Sydney am 20. August Spielerin Jennifer Hermoso auf den Mund geküsst. Er beteuert, der Kuss sei in beiderseitigem Einvernehmen erfolgt. Hermoso hatte nach dem Vorfall aber erklärt, sie habe sich «als Opfer einer impulsiven, sexistischen und unangebrachten Handlung gefühlt, der ich nicht zugestimmt habe». 

Von der FIFA wurde Rubiales für 90 Tage suspendiert, ein Disziplinarverfahren wurde eingeleitet. «Natürlich ist das, was er getan hat, unangemessen. Das wissen wir alle», hatte UEFA-Präsident Aleksander Čeferin in seiner ersten Äußerung zu den Geschehnissen in einem Interview der französischen Sportzeitung «L’Équipe» gesagt: «Ich hoffe, dass er weiß, dass es unangebracht war.» 

Rubiales-Rücktritt gefordert

Der spanische Sportgerichtshof Tad beschäftigt sich auf Antrag der Regierung in Madrid ebenfalls mit dem Fall. Die Regionalverbände forderten Rubiales auch zum Rücktritt auf. Und sogar die Vereinten Nationen kommentierten den Vorfall. Das UN-Menschenrechtsbüro zeigte sich solidarisch mit Hermoso und rief dazu auf, Verhaltensweisen wie die von Rubiales nicht zu dulden. 

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatte gesagt: «Man muss sich nur mal vorstellen, Angela Merkel hätte 2014 Philipp Lahm so geküsst. Da wäre die Hölle los gewesen bzw. das ist einfach unvorstellbar und sagt damit alles. Auch über diejenigen, die das jetzt als irgendwie normal hinstellen wollen.» Der 46 Jahre alte Rubiales selbst hatte bei einer Rede seinen Rücktritt ausgeschlossen.

Infantino schrieb unterdessen bei Instagram auf spanisch und englisch, dass die FIFA sich weiterhin darauf konzentrieren sollte, wie Frauen und der Frauenfußball in Zukunft weiter unterstützt werden könnten – sowohl auf als auch neben dem Spielfeld. «Wir sollten die wahren Werte hochhalten und die Spielerinnen als Personen sowie für ihre fantastischen Leistungen respektieren.» Infantino bezeichnete die WM als beste und größte Frauen-WM der Geschichte und gratulierte den Spanierinnen erneut zum Titel. 

Generelle Debatte ausgelöst

Der weltweit diskutierte Kuss-Skandal hat auch eine generelle Debatte über Macht-Missbrauch und Macho-Kultur in Verbänden ausgelöst. «Rubiales mag schon ein besonderes Exponat sein, doch der beliebteste Sport der Welt beherbergt und toleriert zu viele selbstgerechte Machos, vor allem an seiner Spitze. Auch deshalb muss die Debatte nun groß geführt werden – bis auch der letzte Teilzeit-Sexist verstanden hat, dass im Sport gesellschaftliche Mindeststandards gelten», schrieb die österreichische Zeitung «Der Standard». 

Es gehe nicht nur um diesen Kuss, sagte die ehemalige National-Torhüterin und Ex-Funktionärin des Hamburger SV, Katja Kraus, jüngst der Deutschen Presse-Agentur. «Das Thema, mit dem sich der Fußball beschäftigen muss, ist viel größer.» Rubiales verkörpere eine Haltung, «der das Recht inne wohnt, sich zu nehmen, was man haben möchte, weil man glaubt, dass es einem zusteht. Das ist einfach widerlich».